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RA Digital - 03/2017

Die Ausbildungszeitschrift von Jura Intensiv.

Editorial

Editorial RA 03/2017 Die letzte große BGH-Entscheidung zu diesem Thema (Urteil vom 16.06.2009, XI ZR 539/07) löste damals eine Welle von Examensklausuren aus. Auch wenn sich Geschichte nicht wiederholt: Wegen der schwierigen Abgrenzungsfragen ist die jüngste Entscheidung des BGH hierzu, Seite 125 in diesem Heft, ein klarer Examenstipp. Wer die Abgrenzungsfragen kennt und mit richtiger Argumentation schlüssig beantworten kann, ist in der Klausur klar im Vorteil. Als Mensch, der mit seiner Eselsgeduld zusammen mit Abermillionen Fleißiger ein Stück mitverantwortlich ist für den Wohlstand, den Sozialstaat und all die anderen Dinge, die Deutschland zum erstrebenswerten Ziel so Vieler werden lässt, fragt man sich, wann sich die ersten Berufsdemonstranten auf Art. 12 GG berufen werden. Bisher versuchen sie es nur mit Art. 8 GG und dem Versammlungsgesetz. Wenn Sie diese Zeilen nach einem intensiven Tag voller getakteter Lerneinheiten lesen, wenn Sie den Vor- und Nachmittag bei Gericht oder in der Kanzlei beschäftigt waren und abends nach dem Rep auf dem Heimweg sind, werden Sie sich genauso wie ich fragen, woher Gleichaltrige die Zeit nehmen, Zeltstädte zu bauen, diese als Basislager zu betreiben, um Polizisten gewalttätig anzugreifen. Unser Rechtsstaat hält auch das aus, wie die bemerkenswerte Entscheidung des OVG Münster auf Seite 146 in dieser Ausgabe der RA aufzeigt. Rechtsanwalt Oliver Soltner Franchisenehmer von Jura Intensiv Frankfurt, Gießen, Heidelberg, Mainz, Mannheim, Marburg und Saarbrücken IMPRESSUM Herausgeberin: Chefredaktion: Redakteure: Chef vom Dienst: Bezugspreis: Werbung: Jura Intensiv Verlags UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG, Rathausplatz 22, 46562 Voerde, Tel.: 02855/96171-80; Fax: 02855/96171-82 Internet: http://www.verlag.jura-intensiv.de - E-Mail: verlag@jura-intensiv.de Rechtsanwalt Oliver Soltner (V.i.S.d.P.) Theresa Bauerdick & Richterin am Amtsgericht Dr. Katharina Henzler (Zivilrecht) Assessor Dr. Dirk Schweinberger (Nebengebiete) Rechtsanwalt Dr. Dirk Kues (Öffentliches Recht) Rechtsanwalt Uwe Schumacher (Strafrecht) Ines Hickl Jura Intensiv Printausgabe: 6,50 Euro/Heft. 12 Hefte pro Jahr. Ermäßigungen für Abonnenten. Digitalausgabe: 5,99 Euro/Heft. Die RA steht externer Werbung offen. Mediadaten sind unter verlag@jura-intensiv.de erhältlich. Inhaltsverzeichnis

RA 03/2017 ZIVILRECHT Zivilrecht 113 Problem: Eigenbedarfskündigung durch GbR Einordnung: Mietrecht BGH, Urteil vom 14.12.2016 VIII ZR 232/15 EINLEITUNG Braucht ein Vermieter seine Wohnung selbst, kann er seinem Mieter unter den Voraussetzungen der §§ 573 II Nr. 2, 573c BGB wegen Eigenbedarfs kündigen. Dies gilt nicht, wenn die Vermieterin eine juristische Person ist. Umstritten ist, ob einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als Vermieterin der Eigenbedarf der Gesellschafter sowie deren Angehöriger so „zugerechnet“ werden kann, dass ihr der Kündigungsgrund nach § 573 II Nr. 2 BGB zusteht. SACHVERHALT Die K-GbR besteht aus vier Mitgliedern. Am 24.02.1985 schließt die Gesellschaft mit dem Beklagten (B) einen Mietvertrag über eine 166 m² große Fünfzimmerwohnung in einem Mehrfamilienhaus in München. Die Miete beläuft sich auf monatlich 1.374 €. Zweck der Gesellschaft ist nach § 2 des Gesellschaftsvertrags die Instandsetzung und Modernisierung des Anwesens sowie seine Vermietung. Im Jahr 1994 beginnt die K-GbR mit der Sanierung des Gebäudes. Die Wohnung des B ist als einzige noch nicht saniert. Mit Schreiben vom 30.09.2013 kündigt die K-GbR das Mietverhältnis mit B zum 01.07.2014 mit der Begründung, die Tochter eines ihrer Gesellschafter benötige die Wohnung für sich und ihre Familie. Sofort widerspricht B der Kündigung. Es ist davon auszugehen, dass die Beendigung des Mietverhältnisses für B keine besondere Härte darstellt. Die K-GbR verlangt nun Räumung und Herausgabe der Fünfzimmerwohnung. B entgegnet, die Kündigung sei rechtsmissbräuchlich erfolgt, da es die K-GbR unterlassen habe, ihm die Anmietung einer im Erdgeschoss des Anwesens gelegenen und seit April 2014 leerstehenden Zweizimmerwohnung mit einer Fläche von 76 m2 anzubieten. Zu Recht? LÖSUNG Jura Intensiv LEITSÄTZE 1. Eine teilrechtsfähige (Außen-) Gesellschaft des bürgerlichen Rechts kann sich in entsprechender Anwendung des § 573 II Nr. 2 BGB auf den Eigenbedarf eines ihrer Gesellschafter oder dessen Angehörigen berufen. 2a. Der wegen Eigenbedarfs kündigende Vermieter hat im Rahmen seiner vertraglichen Rücksichtnahmepflicht dem Mieter eine andere, ihm während der Kündigungsfrist zur Verfügung stehende vergleichbare Wohnung zur Anmietung anzubieten, sofern sich diese im selben Haus oder in derselben Wohnanlage befindet. 2b. Die Verletzung dieser Anbietpflicht hat jedoch nicht zur Folge, dass die berechtigt ausgesprochene Eigenbedarfskündigung nachträglich rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam wird. Sie zieht lediglich einen Anspruch auf Schadensersatz in Geld nach sich (insoweit Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung; zuletzt Urteil vom 21.12.2011, VIII ZR 166/11, NJW-RR 2012, 341). A. Anspruch der K gegen B gem. § 546 I BGB Die K-GbR könnte gegen B einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung gem. §§ 546 I, 549 BGB haben. I. Vorliegen eines Mietverhältnisses Die K-GbR, vertreten durch ihre Gesellschafter gem. §§ 164 I, 714, 709 BGB, schloss am 24.02.1985 mit B einen Mietvertrag über eine 166 m² große Fünfzimmerwohnung in einem Mehrfamilienhaus in München zu einem monatlichen Mietzins i.H.v. 1.374 €. Ein Mietverhältnis i.S.d. § 535 BGB liegt damit vor. II. Beendigung des Mietverhältnisses Dieses Mietverhältnis müsste wirksam beendet worden sein. Da vorliegend keine Mietzeit bestimmt ist, kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis gem. § 542 I BGB nach den gesetzlichen Vorschriften kündigen. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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