Aufrufe
vor 6 Jahren

RA Digital - 03/2018

Die Ausbildungszeitschrift von Jura Intensiv.

134 Referendarteil:

134 Referendarteil: Zivilrecht RA 03/2018 Da hier die Einrede der Verjährung bereits vorprozessual erhoben wurde, ist sie im unstreitigen Tatbestand anzuführen. Der Zahlungsaufforderung kam der Beklagte nicht nach. Mit Vertrag vom 20.10./18.11.2014 trat die B. ihren Freistellungsanspruch gegen den Beklagten aus dem Treuhandvertrag in Höhe von 11.400 € an die Klägerin ab. Mit Schreiben vom 21.11.2014 forderte die Klägerin die B. zur Ausgleichszahlung auf und verlangte mit Schreiben vom gleichen Tage von dieser zugleich die „Wiedereinzahlung der Hafteinlage“. Mit Datum vom 01.12.2014 begehrte die Klägerin von dem Beklagten die Begleichung der abgetretenen Forderung von 11.400 € bis spätestens 09.12.2014. Der Beklagte verweigerte die Zahlung mit der Begründung, der geltend gemachte Anspruch sei verjährt. Die auf Rückzahlung gerichtete Klage ist am 22.12.2014 bei Gericht eingegangen. Ein Satz zur Rechtsansicht des Beklagten genügt, um kenntlich zu machen, worum die Parteien streiten. Der Freistellungsanspruch ergibt sich hier konkret aus dem Treuhandverhältnis. Zum Treuhandverhältnis und Freistellungsanspruch: BGH, Urteil vom 05.05.2010, III ZR 209/09 und v. 22.03.2011, II ZR 271/08 Haftungsgrundlage ist hier das Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung aufgrund einer Einlagenrückgewähr. Siehe zur Umwandlung des Anspruchs die beiden oben genannten BGH-Urteile sowie BGH, Urteil vom 11.03.2016, V ZR 102/15 Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 11.400 € zu zahlen. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Er ist der Ansicht, die Klageforderung sei verjährt. ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE Die zulässige Klage ist unbegründet, da die Forderung der Klägerin gegen den Beklagten verjährt ist. Der Beklagte ist als Treugeber gemäß § 257 S. 1 BGB verpflichtet, die B. als Treuhänderin von der persönlichen Haftung für Verbindlichkeiten freizustellen, die aus der für ihn gehaltenen und verwalteten Gesellschaftsbeteiligung entstanden sind. Dies ergibt sich aus den im Treuhandvertrag getroffenen Vereinbarungen zu den Aufgaben der Treuhänderin in Verbindung mit §§ 670, 675 I BGB. Demnach muss der Beklagte die B. von der Kommanditistenhaftung gegenüber der Klägerin freihalten, soweit diese Haftung den auf ihn entfallenden Kapitalanteil betrifft. Die Kommanditistenhaftung ist mit Leistung der Einlage zunächst entfallen (§ 171 I HGB), jedoch in Höhe der gewinnunabhängigen, aus Liquiditätsüberschüssen der N. geleisteten Ausschüttungen (hier: 11.400 €) gemäß § 172 IV HGB wieder aufgelebt. Unstreitig hat die Klägerin gegen die N. einen fälligen Anspruch auf Darlehensrückgewähr in einem Umfang, dass die Haftsumme zur Befriedigung der Klägerin benötigt wird. Jura Intensiv Den bestehenden Freistellungsanspruch (§ 257 S. 1 i.V.m. §§ 670, 675 I BGB i.V.m. § 171 I, § 172 IV HGB i.V.m. § 488 I S. 2 BGB) hat die B. gem. § 398 BGB wirksam an die Klägerin, als Gläubigerin der Forderung, von der die B. zu befreien ist, abgetreten. Daher hätte sich dieser zu diesem Zeitpunkt in einen Zahlungsanspruch umwandelt, wäre nicht diese Umwandlung - wie hier (s. nachfolgend) - schon vor der Abtretung geschehen. Der Anspruch ist jedoch verjährt, die Einrede wurde erhoben und der Beklagte kann sich gem. §§ 404, 214 I BGB auch gegenüber der Zessionarin auf die Verjährung berufen. Die Verjährungsfrist hat spätestens im Dezember 2010 begonnen und ist mithin am Ende des 31.12.2013, also vor Einreichung des Klageantrags im Dezember 2014, abgelaufen (§§ 195, 199 I BGB). Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 03/2018 Referendarteil: Zivilrecht 135 „II.3. a) Der Befreiungsanspruch nach § 257 S. 1 BGB wird nach einhelliger Auffassung sofort mit der Eingehung der Verbindlichkeit, von der freizustellen ist, fällig, unabhängig davon, ob diese ihrerseits bereits fällig ist (arg. § 257 S. 2 BGB). Nach allgemeinen verjährungsrechtlichen Grundsätzen wäre der Zeitpunkt, zu dem ein Befreiungsanspruch entsteht und fällig wird, auch maßgeblich dafür, zu welchem Zeitpunkt die Verjährungsfrist dieses Anspruchs beginnt (§ 199 I Nr. 1 BGB) mit der Folge, dass es hierfür auf den Eintritt der Fälligkeit der Drittforderung, von der Freistellung begehrt wird, nicht ankäme. II.3. b) Dies würde allerdings bei unbesehener und strikter Anwendung, insbesondere auf langfristig angelegte Verbindlichkeiten, Unzuträglichkeiten nach sich ziehen, die den Interessen beider Parteien eines Treuhandvertrags der hier vorliegenden Art und dem Zweck des § 257 S. 1 BGB zuwiderliefen. Wäre für den Lauf der Verjährungsfrist allein auf die Fälligkeit des Freistellungsanspruchs abzustellen, könnte die Treuhandkommanditistin (als Befreiungsgläubiger) zur Vermeidung der Verjährung bereits zu einem Zeitpunkt zur Geltendmachung ihres Freistellungsanspruchs gegenüber dem Treugeber (als Befreiungsschuldner) gezwungen sein, in dem weder die Fälligkeit der Drittforderung absehbar ist noch feststeht, ob für deren Erfüllung überhaupt auf Mittel des Treugebers zurückgegriffen werden muss; eine solche Geltendmachung ohne jede wirtschaftliche Notwendigkeit wäre indes verfrüht und weder sach- noch interessengerecht. Um diese nicht sinnvollen und unbefriedigenden Folgen zu vermeiden, beginnt nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Verjährungsfrist für den Befreiungsanspruch eines Treuhänders nach § 257 S. 1 BGB frühestens mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem die Forderung fällig wird, von der zu befreien ist. II.3. c) Anders jedoch liegt es, wenn sich der Befreiungsanspruch vor Fälligkeit der Drittforderung, von der zu befreien ist, in einen Zahlungsanspruch umwandelt, weil die Inanspruchnahme des Befreiungsgläubigers durch den Drittgläubiger mit Sicherheit zu erwarten ist und feststeht, dass für die Erfüllung der Drittforderung auf die Mittel des Befreiungsschuldners zurückgegriffen werden muss. In diesem Falle ist der Schluss des Jahres, in welchem der Zahlungsanspruch durch Umwandlung des Befreiungsanspruchs entsteht, für den Verjährungsbeginn maßgebend (§ 199 I BGB). Jura Intensiv Der Befreiungsanspruch wird sofort mit der Eingehung der Drittverbindlichkeit fällig. Siehe hierzu auch BGH, Urteil vom 12.11.2009, III ZR 113/09 Verjährungsbeginn unabhängig von Fälligkeit der Drittforderung Die strikte Anwendung der allgemeinen Regel wäre hier erkennbar nicht interessengerecht, weshalb der BGH hier eine Ausnahme von der Regel macht. Treuhandkommanditistin wäre sonst gezwungen, ihren Freistellungsanspruch vorsorglich geltend zu machen Beginn der Verjährungsfrist daher geknüpft an die Fälligkeit der Drittforderung Neuere Rechtsprechung des BGH Weitere Besonderheit: Der Befreiungsanspruch, auf dessen Verjährung es ankommt, hat sich in einen Zahlungsanspruch umgewandelt. Rein tatsächlich wirkt sich dies aber nicht aus, da in beiden Fällen der Verjährungsbeginn im selben Jahr liegt. Die Passage ist eher ein obiter dictum des BGH. II.3.c) aa) Befindet sich der Befreiungsgläubiger in einer Lage, die seine Inanspruchnahme durch den Drittgläubiger mit Sicherheit erwarten lässt und steht fest, dass für die Erfüllung der Drittforderung auf die Mittel des Befreiungsschuldners zurückgegriffen werden muss, so wandelt sich der Befreiungsanspruch in einen Zahlungsanspruch um; der Befreiungsgläubiger kann dann Zahlung an sich selbst verlangen. Bei dieser Fallgestaltung bedürfen sowohl der Befreiungsgläubiger als auch der Befreiungsschuldner keines Schutzes vor einem unzuträglichen Zwang zu einer „verfrühten“ Anspruchsgeltendmachung, da die Inanspruchnahme des Befreiungsgläubigers durch den Drittgläubiger bereits ebenso sicher feststeht wie die daraus resultierende Inanspruchnahme des Befreiungsschuldners durch den Befreiungsgläubiger. Dieser kann Zur Umwandlung des Befreiungsanspruchs in einen Zahlungsanspruch BGH, Urteil vom 16.09.1993, IX ZR 255/92 sowie Münch.Komm/Krüger, BGB, § 257 BGB, Rn 5 mwN. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

RA - Digital

Rspr. des Monats