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RA Digital - 03/2019

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152 Referendarteil:

152 Referendarteil: Öffentliches Recht RA 03/2019 verkaufen werde, zumal sich der Kläger stets uneinsichtig gezeigt und bestritten habe, einer Erlaubnis zu bedürfen. [...] Die Ausführungen des Klägers zur Hundezucht und zur Wurfzahl seien gegenstandslos, da durch den angefochtenen Verwaltungsakt nicht die Wirbeltierzucht untersagt worden sei. Ebenso sei nicht das Verbringen von Hunden in das Inland nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 TierSchG untersagt worden. Der Erlaubnisvorbehalt für den Handel mit Wirbeltieren habe sich durch die Novellierung des Tierschutzgesetzes nicht geändert. Der Kläger habe gewerbsmäßig gehandelt. [...] Dem Kläger stehe es frei, jederzeit einen Erlaubnisantrag zu stellen. Zwischenzeitlich seien weitere Vorfälle bekannt geworden. Der Kläger habe gegenüber dem Landkreis Görlitz eingeräumt, dass er in Litauen gewerblicher Hundezüchter sei und mit der Zucht seinen Lebensunterhalt verdiene. [...] Die Darstellung von Ereignissen, die sich nach Klageerhebung ereignen, wird in der Praxis unterschiedlich gehandhabt. Z.T. werden Ereignisse, die – wie hier – keinen unmittelbaren Einfluss auf den Prozess haben, als Teil der Geschichtserzählung angesehen und daher im Indikativ Imperfekt wiedergegeben. Andere Gerichte geben sämtliche Geschehnisse nach Klageerhebung im Indikativ Perfekt wieder. Am 26.06.2017 kontrollierten Beamte der Bundespolizei im sächsischen Grenzgebiet ein litauisches Fahrzeug. Im Gepäckraum des Transportfahrzeuges befanden sich zwei Tiertransportboxen, in denen sich eine Hündin und fünf ungekennzeichnete und ungeimpfte Welpen befanden. Der Kläger gab sich als gewerblicher Hundezüchter in Litauen und Halter der Tiere zu erkennen. Er trug vor, die Hunde seien auf dem Weg zu seinen Eltern nach ... gewesen. Seine Eltern sollten die Hunde zwei bis drei Wochen während seiner Urlaubsreise betreuen, da in Litauen pro Betreuungspersonal nur zehn Würfe betreut werden dürften. Der Transport sei daher zu privaten Zwecken erfolgt. Er sei Hundezüchter und beabsichtige die Jungtiere zu veräußern. [...]“ ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE In der Klausur sollte ein Ergebnissatz vorangestellt werden, z.B.: „Die Klage hat keinen Erfolg. ... .“ Ermächtigungsgrundlage Formelle Rechtmäßigkeit In der Praxis finden sich oftmals überhaupt keine Ausführungen zur formellen Rechtmäßigkeit, wenn diese unproblematisch ist. In der Klausur empfiehlt es sich hingegen, zumindest – wie hier – einige kurze Ausführungen zur Zuständigkeit und Anhörung zu machen. Materielle Rechtmäßigkeit Inhalt der Ermächtigungsgrundlage „Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die Untersagungsverfügung des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 16.05.2014 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 19.05.2016 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Rechtsgrundlage für die Untersagungsverfügung ist § 11 Abs. 5 Satz 1 und 6, Abs. 1 Nr. 8 b) TierSchG in der seit dem 13.07.2013 geltenden Fassung. An der formellen Rechtmäßigkeit der Verfügung bestehen keine Bedenken. Das Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis ist für die Untersagungsverfügung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 TierSchG, § 1 Nr. 1 Tierschutzzuständigkeitsverordnung sachlich und nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG örtlich zuständig. Der Kläger übt einen wesentlichen Teil der vom Landratsamt als erlaubnispflichtig eingestuften und ihm nunmehr untersagten Tätigkeit im Neckar-Odenwald-Kreis aus. Der Kläger wurde überdies vor Erlass der Untersagungsverfügung gemäß § 28 Abs. 1 LVwVfG angehört. Die Untersagungsverfügung ist auch materiell rechtmäßig. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 b) TierSchG bedarf – außer in den Fällen der Nr. 1, deren Voraussetzungen hier aber nicht vorliegen – der Erlaubnis der zuständigen Behörde, wer gewerbsmäßig mit Wirbeltieren handeln will. Mit der Ausübung dieser Tätigkeit darf erst nach Erteilung der Erlaubnis begonnen Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 03/2019 Referendarteil: Öffentliches Recht 153 werden (§ 11 Abs. 5 Satz 1 TierSchG). Die zuständige Behörde soll demjenigen die Ausübung der Tätigkeit untersagen, der die Erlaubnis nicht hat (§ 11 Abs. 5 Satz 6 TierSchG). Die Untersagung setzt tatbestandlich damit allein das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis voraus. Der zusätzlichen Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis nicht erfüllt sind, bedarf es nicht. Die beispielsweise im öffentlichen Baurecht übliche Trennung zwischen formeller und materieller Illegalität gilt hier nicht. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Untersagung liegen im hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor. Anders als der Kläger ersichtlich meint, wird ihm mit der angegriffenen Verfügung ausweislich des eindeutigen Verfügungstenors ausschließlich der gewerbsmäßige Handel mit Hunden in Deutschland im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 b) TierSchG untersagt. Seine Ausführungen einerseits dazu, dass er für seine Hundezucht keine Erlaubnis benötige, weil seine Hündinnen nicht mehr als zwei Würfe pro Jahr hätten, und andererseits dazu, dass § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 TierSchG erst mit Wirkung ab dem 01.08.2014 eingeführt worden sei und ihm daher noch nicht vorgehalten werden könne, gehen somit ins Leere. Nach Überzeugung der Kammer steht hinreichend sicher fest, dass der Kläger in Deutschland im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 b) TierSchG gewerbsmäßig mit Hunden handelt bzw. handeln will. Der Begriff des Handels ist geprägt durch die entgeltliche, gewinnbringende Weiterveräußerung des Tiers, nicht auf seine Nutzung. Der Kläger hat zwar einerseits stets behauptet, es lägen keine Beweise hierfür vor. Letztlich hat er jedoch nicht in Abrede gestellt, regelmäßig in Deutschland Welpen zu verkaufen. Hierbei kommt es nicht darauf an, dass dem Kläger datumsgenau eine bestimmte Menge an Verkäufen von Welpen an konkret benannte Personen nachgewiesen werden kann. Vielmehr handelt es sich bei einer Untersagung nach § 11 Abs. 5 Satz 6 TierSchG um eine gefahrenabwehrrechtliche Maßnahme. Der mit der Untersagung umgesetzte Erlaubnisvorbehalt dient präventiv dem Tierschutz und dem Schutz der Allgemeinheit vor unsachgemäßem Umgang mit den Tieren. Insoweit genügen für eine Untersagung konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Betreffende den Handel mit Wirbeltieren ohne Erlaubnis betreibt bzw. betreiben will. Hierfür spricht bereits der Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 b) TierSchG, wonach derjenige der Erlaubnis bedarf, der gewerbsmäßig mit Wirbeltieren handeln will. Mit der Ausübung der Tätigkeit darf im Übrigen erst nach Erteilung der Erlaubnis begonnen werden (vgl. § 11 Abs. 5 Satz 1 TierSchG). Hat der Betreffende mit der Tätigkeit begonnen oder steht dies unmittelbar bevor, ohne dass eine Erlaubnis vorliegt, soll die zuständige Behörde nach dem Willen des Gesetzgebers die Ausübung der Tätigkeit untersagen. Dies ist hier ohne Weiteres anzunehmen. Alleinige Tatbestandsvoraussetzung: Fehlen einer Erlaubnis, d. h. formelle Illegalität BVerwG, Urteil vom 9.12.2004, 3 C 7.04, juris; OVG Münster, Beschluss vom 23.3.2007, 20 B 376/07, juris – jeweils zum wortgleichen § 11 Abs. 3 Satz 2 TierSchG a.F. Prüfungsgegenstand ist allein der konkrete Verfügungstenor • Vorbringen des Klägers geht teilweise an der Sache vorbei Typischer Einleitungssatz für eine Würdigung des tatsächlichen Vorbringens der Beteiligten bzw. für eine Beweiswürdigung Prüfung des Tatbestandsmerkmals „handeln“ Unterschied zwischen Straf- und Gefahrenabwehrrecht Zum einen hat das Amtsgericht ... in seinem Urteil vom 09.10.2013 mehrere konkret nachgewiesene Verkaufsfälle aufgeführt und im Übrigen aus den weiteren Umständen auf einen gewerbsmäßigen Handel mit Welpen in Deutschland geschlossen. Dies bestätigt sich für die Kammer auch © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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