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RA Digital - 03/2021

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128 Zivilrecht

128 Zivilrecht RA 03/2021 voraus, dass diese Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen. Fehlt es hieran, ist bereits der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt. Dabei trägt die Darlegungs- und Beweislast für diese Voraussetzung nach allgemeinen Grundsätzen der Kläger als Anspruchsteller (…). Bisher fehlen Anhaltspunkte, welche die Verwerflichkeit des Verhaltens, die PKW mit diesem Motor auszustatten und in Verkehr zu bringen, begründen. Folglich fehlt es an einem sittenwidrigen Verhalten des B. Siehe zu § 823 II BGB die ausführlichen Begründungen in den Urteilen des BGH vom 25.05.2020, VI ZR 252/19, RA 2020, 337 sowie die Urteile vom 30.07.2020, VI ZR 5/20, RA 2020, 521 und VI ZR 354/19, RA 2020, 513. B. Anspruch aus §§ 823 II BGB, Art. 5 II VO 715/2007/EG oder § 6 I, § 27 EG-FGV K könnte gegen B einen Anspruch aus §§ 823 II BGB, Art. 5 II VO 715/2007/EG oder § 6 I, § 27 EG-FGV haben. Jedoch haben weder Art. 5 II VO 715/2007/EG noch § 6 I § 27 EG-FGV Individualschutzcharakter und sind mithin keine Schutzgesetze i. S. d. § 823 II BGB. Damit scheidet ein solcher Anspruch aus. C. Anspruch aus §§ 823 II BGB, 263 StGB K könnte gegen B einen Anspruch aus §§ 823 II BGB, 263 StGB haben. Jedoch fehlen schon Anhaltspunkte für eine Täuschung der Kunden und einen Täuschungsvorsatz. Somit scheidet ein solcher Anspruch aus. ERGEBNIS K hat gegen B keinen Anspruch auf Zahlung von 22.208,71 € Schadensersatz Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs. FAZIT Bisher bleibt die Täuschung des VW-Konzerns einzigartig. Der Einbau eines Thermofensters mag den Vorgaben der entsprechenden EU-VO widersprechen, eine Manipulation auf dem Prüfstand nimmt es nicht vor. Es bleibt abzuwarten, ob sich durch die erneute Tatsachenfeststellung des OLG eine neue Faktenlage ergibt, welche eine Bewertung als sittenwidrig rechtfertigt. Wegen der Vielzahl der Prozesse rund um das Thermofenster ist es gerade wegen der vorzunehmenden Abgrenzung zum VW-Abgasskandal examensrelevant. Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 03/2021 Referendarteil: Zivilrecht 129 Speziell für Referendare Problem: Käuferseitige Wissenszurechnung beim arglistigen Verkäufer Einordnung: BGB AT, Schuldrecht BT, ZPO I OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.02.2021 3 U 22/19 EINLEITUNG Bereits in der vorherigen Ausgabe der RA (02/21 Seite 61) haben wir einen Fall behandelt, welcher die Urheberschaft von Kunstwerken betraf. Es galt zu erkennen, dass die Urheberschaft Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 434 I 1 BGB sein kann. Der vorliegende Fall betrifft diesbezüglich unter anderem die Einordnung von Nachgüssen, die ohne Autorisation erzeugt wurden sowie die Auswirkungen von sowohl auf Verkäuferals auch auf Käuferseite bestehender Wissensmomente. Die Entscheidung wird als erstinstanzliches Urteil dargestellt. TATBESTAND Die Kläger (K) sind die Kinder und zugleich Erben des 2012 verstorbenen B. A. Die Beklagte (B), eine Kunsthistorikerin, ist die Ex-Ehefrau des E. E war als Kunstberater tätig und vorrangig mit dem Aufbau und der Weiterentwicklung von Kunstsammlungen befasst. Unter anderem betreute er die private Kunstsammlung des B. A. 2015 verurteilte das Landgericht (…) den E wegen der Schädigung des B. A. zur Zahlung von mehr als 19.000.000 € als Schadensersatz. Vom Landgericht (…) wurde E im selben Jahr wegen Betruges zu Lasten des B. A. in 18 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe (…) verurteilt. Bei den Streithelfern handelt es sich um die Ehefrau und die beiden Kinder des spanischen, Ende August 2001 verstorbenen, Künstlers J. M., die dessen Nachlass in der Form des „JM Estate“, der auch ein offizielles Werkverzeichnis führt, kuratieren. J. M. schuf eine Serie von Bronzeskulpturen zu 22 Einzelexemplaren mit dem Titel „Conversation Piece, 2001“. Diese Originalgüsse wurden unter Vermittlung des E an die S. E. veräußert. Die S. E. reklamierte bereits 2001 Verfärbungen wegen zu hohen Bleianteils. Daraufhin ließ der J. M. bei der Gießerei einen Neuguss mit geringerem Bleianteil anfertigen, der im Austausch an die S. E. ging und sich dort noch befindet. Die in die Gießerei verbrachten Originalgüsse wurden nach Weisung des J. M. vor seinem Tod bearbeitet und in fünf Gruppen eingeteilt: Eine 4er-Gruppe (I), zwei 6er-Gruppen (II und III) und zwei 3er-Gruppen (IV und V). Gruppe I wurde über eine Gesellschaft des E veräußert an das Unternehmen (…), eine 6er-Gruppe an das Unternehmen (…). Nach dem Tode von J. M. kam es zwischen den Streithelfern und dem E zu Streitigkeiten über die Verwendung von Skulpturen der „Conversation Pieces“. Im Mai 2004 wurde dann eine Vereinbarung getroffen, unter anderem mit dem Inhalt, dass von den 22 umgearbeiteten Skulpturen des Originalgusses durch die Gießerei jeweils ein weiteres Exemplar als autorisierter Nachguss, versehen mit Künstlerstempel und Kennzeichnung, erstellt wird und anschließend die Formen zerstört werden sollten. Jura Intensiv LEITSÄTZE 1. Nicht autorisierte Nachgüsse von Kunstskulpturen weisen entweder nicht die vereinbarte Beschaffenheit i.S.d. § 434 I 1 BGB auf oder sind jedenfalls nicht frei von einem bereits bei Vertragsschluss vorliegenden Sachmangel i.S.d. § 434 I 2 Nr. 2 BGB. 2. Der sachkundige Verkäufer, der Angaben „ins Blaue hinein“ tätigt, handelt arglistig, wenn er gegenüber dem Käufer das Fehlen einer zuverlässigen Beurteilungsgrundlage nicht offenlegt. 3. § 442 I 1 BGB ist nicht aufgrund einer Wissenszurechnung eines Wissensvertreters einschlägig, wenn es diesem – bspw. aufgrund Offenlegung eigenen strafbaren Verhaltens oder Regressansprüchen gegen sich selbst – unzumutbar ist, den Käufer entsprechend in Kenntnis zu setzen. Betrifft der Sachverhalt parteiübergreifende Beziehungen, kann es sich – zum Zweck der Verständlichkeit – anbieten, vorab die relevanten Personen und ihre Beziehungen zu erläutern. Die Verurteilung ist keine Prozessgeschichte, sondern Tatsachenvortrag, da dieses Geschehnis sich auf den aktuellen Rechtsstreit verfahrensrechtlich nicht auswirkt. In der Originalentscheidung war E als 2. Beklagter erstinstanzlich mitverurteilt. Die Berufung allerdings legte nur B ein. Das Unstreitige wird im Indikativ Imperfekt dargestellt. Ausnahmen – insbesondere hier – sind Umstände, die sich auf die Gegenwart beziehen. Kenntnis des E von den Originalskulpturen und den autorisierten Nachgüssen © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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