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RA Digital - 03/2022

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118 Zivilrecht

118 Zivilrecht RA 03/2022 Das Urteil des BGH befasst sich in erheblichem Umfang mit den noch offenen Fragen, ob – wie von K behauptet – der durch das Software- Update vorgenommene Einbau eines Thermofensters und des OBD- Systems Folgeschäden verursachen können und insbesondere, welche Tiefe die Ausführungen des Klägers in seiner sekundären Darlegungslast überhaupt haben müssen. Eine Darstellung würde hier zum einen noch mehrere Seiten erfordern und würde zum anderen noch keine endgültige Klärung der Fragen erbringen, weil der BGH diese dem OLG per Zurückverweisung auferlegt hat. Diese Fragen werden also künftig noch entschieden werden. Wir konzentrieren uns deshalb ausschließlich auf die behaupteten, leicht zu verstehenden Folgeschäden, weil man anhand dessen die Darlegungsund Beweislastfragen ebenso gut beantworten kann. Nach Auffassung des BGH kann man von einem technischen Laien wie K nicht mehr erwarten. Die Darlegungs- und Beweislast liegt bei B. B ist dieser nicht nachgekommen. [59] Auf die Einrede der Unverhältnismäßigkeit der Nachlieferung kann sich der Verkäufer, wenn er den Käufer auf Nachbesserung verweisen will, nicht berufen, sofern der vorhandene Mangel durch die von ihm angebotene Nachbesserung nicht vollständig, nachhaltig und fachgerecht beseitigt wird. Denn eine Nachbesserung im Sinne von § 439 Absatz 1 BGB setzt voraus, dass der vorhandene Mangel auf diese Weise behoben wird (...). (...) Denn eine ordnungsgemäße Nachbesserung liegt nur dann vor, wenn hierdurch auch (...) Folgemängel nicht hervorgerufen werden. [60] (...) Darüber hinaus darf das Software-Update jedoch auch Folgemängel nicht verursachen. Dies ist (...) offen. [61] Das Berufungsgericht hat dabei verkannt, dass die Darlegungs- und Beweislast grundsätzlich die Beklagte trifft. Nach dem allgemeinen Grundsatz, wonach rechtsvernichtende Einwendungen von der Partei darzulegen sind, die sich hierauf beruft (...). [63] Der Verkäufer muss demgemäß in erster Linie darlegen und erforderlichenfalls beweisen, dass die dem Käufer angebotene Nachbesserung den Kaufgegenstand in den geschuldeten vertragsgemäßen Zustand versetzt, insbesondere den vorhandenen Sachmangel vollständig, nachhaltig und fachgerecht beseitigt. Dazu zählt entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch, dass der Verkäufer darlegt und gegebenenfalls beweist, dass die als Nachbesserung angebotene Maßnahme Folgemängel nicht verursacht. [64] Allerdings ist zugunsten des Verkäufers zu berücksichtigen, dass die Freiheit von Folgemängeln nach Vornahme der noch ausstehenden Nachbesserung eine negative Tatsache darstellt und er diesen Negativbeweis nicht allumfassend und allgemein führen kann. Denn dazu müsste er alle auch nur entfernt in Betracht zu ziehenden Umstände ausräumen, was ihm nicht zumutbar ist. Es reicht daher aus, die von dem Käufer konkret dargelegten tatsächlichen Umstände auszuräumen. Gelingt dem Verkäufer dies, ist der Beweis der negativen Tatsache erbracht. Vor diesem Hintergrund muss der Käufer nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast - im Rahmen des ihm (als technischen Laien) Zumutbaren - konkret vortragen, aus welchem Grund die als Nachbesserung angebotene Maßnahme nach seiner Auffassung nicht zu einem Zustand führt, der frei von Mängeln und Folgeschäden ist. Jura Intensiv B hat keinen Beweis angetreten, um den Eintritt der von K unter Verweis auf US-Publikationen behaupteten Folgeschäden zu widerlegen. K hat seiner Darlegungslast im Hinblick auf seine Eigenschaft als technischer Laie genügt. Damit liegt keine relative Unverhältnismäßigkeit gem. § 439 IV BGB vor. B. Ergebnis K hat gegen B einen Anspruch auf Ersatzlieferung eines fabrikneuen, typengleichen Ersatzfahrzeuges aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers mit gleichartiger und gleicherwertiger technischer Ausstattung wie das Fahrzeug VW Caddy 1,6 TDI aus §§ 437 Nr. 1, 439 I BGB Zug um Zug gegen Rückübereignung des Altfahrzeugs und Zuzahlung von 2.543,20 €. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 03/2022 Zivilrecht 119 Problem: Widerrufsrecht des Verbrauchers gem. §§ 312b, 312g BGB Einordnung: Schuldrecht, Verbraucherwiderrufsrecht OLG Celle, Urteil vom 12.01.2022 14 U 111/21 EINLEITUNG Die Voraussetzungen eines Verbraucherwiderrufs gem. § 355 BGB gehören zum grundsätzlichen Rüstzeug aller Examenskandidaten. Die Rechtsfolgen ergeben sich aus § 355 III BGB. Ergänzend kommen die §§ 357 ff. BGB zur Anwendung. SACHVERHALT Unternehmer K schloss mit den Eheleuten B in deren Einfamilienhaus einen Werkvertrag über den Einbau einer Wärmepumpe in deren privat genutztes Haus. Nach Einbau der Pumpe und Abnahme seitens der B zahlten diese zunächst einen Teilbetrag, erklärten aber kurz darauf fristgemäß den Widerruf des Vertrages. K verlangt von den B die Zahlung des restlichen Werklohns. Die B verlangen von K die Rückzahlung des geleisteten Teilbetrags. K weigert sich mit der Begründung, die B in deren Haus nicht überrumpelt zu haben. Zutreffend trägt er vor, dem Vertragsschluss seien mehrere Gespräche vorausgegangen, welche zu seiner Einladung ins Haus zwecks Vertragsschluss geführt habe. Hilfsweise verlangt er Zug um Zug die Ermöglichung des Ausbaus sowie die Rückgewähr der Wärmepumpe. Zu Recht? LÖSUNG A. Anspruch des K gegen die B auf Werklohnzahlung gem. §§ 631,632, 640, 641 I BGB K könnte gegen die B einen Anspruch auf Zahlung des Werklohnes gem. §§ 631, 632, 640, 641 I 1 BGB haben. Jura Intensiv I. Anspruch entstanden Dies setzt zunächst den Abschluss eines Werkvertrages gem. § 631 BGB sowie eine Abnahme der Werkleistung gem. § 640 BGB durch den Besteller voraus. Beides liegt vor. II. Anspruch erloschen Der Anspruch auf Werklohnzahlung könnte jedoch aufgrund des seitens der B gem. § 355 BGB fristgemäß erklärten Widerrufs erloschen sein. Dies setzt das Vorliegen eines Verbraucherwiderrufsrechts voraus. In Betracht käme das Verbraucherwiderrufsrecht wegen eines Verbraucherbauvertrages gem. §§ 650a, 650i BGB. In diesem Fall bestünde das Widerrufsrecht aus § 650l BGB. § 650i BGB erfordert aber die Verpflichtung des Unternehmers zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude. Davon kann hier keine Rede sein. Es könnte aber ein Verbraucherwiderrufsrecht wegen eines außerhalb des Geschäftsraums des Unternehmers geschlossenen Vertrages gem. §§ 312, 312b, 312g BGB bestehen. LEITSATZ 1. Für die Annahme eines außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrages gem. § 312b Abs. 1 Nr. 1 BGB kommt es nur auf den Ort des Vertragsschlusses an; ob eine Drucksituation bestand, eine Überrumpelung des Verbrauchers erfolgte oder ob der Verbraucher nicht in der Lage war, eine hinreichend fundierte Entscheidung zu treffen, ist unerheblich. 2. Im Falle des wirksamen Widerrufs sind die jeweils empfangenen Leistungen zurückzugewähren, §§ 355 Abs. 3 S. 1, 357 Abs. 1 BGB. Der Verbraucher, in dessen Haus nach dem Vertrag eine Heizungsanlage eingebaut wurde, erfüllt seine Rückgewährverpflichtung dadurch, dass er dem Unternehmer den Ausbau der Vertragsgegenstände ermöglicht und diese rückübereignet. 3. Hat der Unternehmer das vor dem Einbau der neuen Heizungsanlage ausgebaute Altgerät nicht als Vertragsleistung im Sinne der §§ 355 Abs. 3 S. 1, 357 Abs. 1 BGB von dem Verbraucher empfangen, muss er dem Verbraucher nach wirksamem Vertragswiderruf das Altgerät nicht nach diesen Vorschriften zurückgewähren. Im Falle eines Verbraucherwiderrufs der B gem. § 650l BGB entfielen die im Urteil breit diskutierten Probleme zu § 312b BGB. Die Fragen zur Rückgewähr stellten sich jedoch weiterhin. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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