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RA Digital - 03/2022

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156 Referendarteil:

156 Referendarteil: Öffentliches Recht RA 03/2022 Prüfung der Vernichtungsanordnung hinsichtlich des Kabels Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung der Vernichtung des Kabels ist § 24 Abs. 4 Nr. 1 POG, wonach sichergestellte Sachen vernichtet werden können, wenn im Falle einer Verwertung die Gründe, die zu ihrer Sicherstellung berechtigten, fortbestehen oder Sicherstellungsgründe erneut entstehen würden. Auch das ist hier der Fall. Das Kabel ist und bleibt eine Waffe, die der Kläger nicht besitzen darf (s.o.) [...]“ Prüfung einzelner polizeilicher Maßnahmen war z.B. Prüfungsgegenstand im 2. Examen in Bad.-Württ., Termin Dezember 2017, 2. Klausur; Hessen, Termin März 2019, 1. Klausur; NRW, Termin Mai 2020, 1. Klausur; Rh.- Pfalz, Termin April 2019, 2. Klausur FAZIT Das Urteil des VG Neustadt weist zwar keine rechtlichen Besonderheiten auf, eignet sich jedoch wegen der Vielzahl der polizeilichen Maßnahmen gut als Vorlage für eine typische polizeirechtliche Examensklausur. Erwartet wird eine saubere Trennung und Prüfung der einzelnen Maßnahmen sowohl im Rahmen der Zulässigkeit, insbesondere bei der statthaften Klageart, als auch in der Begründetheit (genaue Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen und Ermessensausübung). Das Urteil sollte zudem Anlass für eine Wiederholung der reformatio in peius sein. Es verdeutlicht zudem, wie mit typischen Einwänden des Betroffenen umzugehen ist (Berufung auf Unschuldsvermutung, Beweiswürdigung). Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 03/2022 STRAFRECHT Strafrecht 157 Problem: Keine Erpressung bei bestehenden Ansprüchen Einordnung: Strafrecht BT II / Raub und räuberische Erpressung BGH, Urteil vom 15.12.2021 6 StR 312/21 EINLEITUNG Der BGH befasst sich mit der Strafbarkeit eines Täters, der einen bestehenden Anspruch mit qualifizierten Nötigungsmitteln durchsetzen will und kommt zu dem Schluss, dass die §§ 249 I; 255 StGB ausscheiden und nur § 240 I StGB greift. Außerdem geht es um die Mordmerkmale Heimtücke, Habgier und niedrige Beweggründe. SACHVERHALT Der Angeklagte A und das spätere Tatopfer G standen in einer geschäftlichen und nahezu freundschaftlichen Beziehung, wenngleich G den sich unterlegen fühlenden A bei diversen Fahrzeuggeschäften übervorteilt, in einem Fall auch gedemütigt hatte. G hatte aus einem durch Eigentumsumschreibung im Grundbuch bereits vollzogenen Grundstückskauf den nicht notariell beurkundeten Kaufpreisteil von 30.000 € noch nicht an A gezahlt und diesen deswegen immer wieder vertröstet. A plante deshalb, den Kaufpreis von 22.500 € für ein weiteres Fahrzeug anlässlich der Übergabe nicht an G zu bezahlen, sondern insoweit mit der ihm aus dem Grundstücksverkauf noch zustehenden Restkaufpreisforderung aufzurechnen. Da A damit rechnete, dass der ihm als profitorientiert, unnachgiebig, aggressiv und aufbrausend bekannte G das nicht akzeptieren werde, legte er eine mit sechs Schrotpatronen geladene Vorderschaftrepetierflinte in einem auf seinem Grundstück befindlichen Überseecontainer bereit, um G nach der Überführung des Fahrzeugs – gegebenenfalls unter Abgabe eines Warnschusses – einzuschüchtern und dazu zu veranlassen, ihm den Fahrzeugschlüssel und –papiere herauszugeben. Unter dem Vorwand, den Kaufpreis dort entrichten zu wollen, lockte A den G in den Container und schloss die Tür. Nach einer verbalen Auseinandersetzung ergriff er die geladene Waffe, richtete sie auf G und erklärte, gegen den Kaufpreisanspruch mit seiner Restforderung aus dem Grundstücksgeschäft aufzurechnen. Er verlangte von G mit vorgehaltener Waffe die Herausgabe des Fahrzeugschlüssels und der Fahrzeugpapiere. Da dieser sich weigerte, gab A, auch um seiner Ernsthaftigkeit Nachdruck zu verleihen, einen Warnschuss in Richtung Containerwand ab, richtete die Waffe wieder auf G und lud durch Zurückziehen des Vorderschafts nach. G war jedoch weiterhin nicht bereit, A ohne Kaufpreiszahlung Fahrzeugschlüssel und -papiere zu übergeben. Er trat wütend, mit lauter Stimme protestierend auf A zu und wollte nach der Waffe greifen. A erkannte, dass sein Einschüchterungsversuch gescheitert war, und fürchtete eine gewaltsame Auseinandersetzung. Ohne dies geplant oder zuvor auch nur in Erwägung gezogen zu haben, schoss er mit bedingtem Tötungsvorsatz aus einer Entfernung von etwa 50 Zentimetern auf G. Die abgefeuerte Schrotladung traf diesen tödlich. Jura Intensiv LEITSÄTZE DER REDAKTION 1. Bei der (räuberischen) Erpressung ist die Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvorteils normatives Tatbestandsmerkmal, auf das sich der zumindest bedingte Vorsatz des Täters erstrecken muss; der Täter will sich dann zu Unrecht bereichern, wenn er einen Vermögensvorteil erstrebt, auf den er keinen rechtlich begründeten Anspruch hat; allein der Umstand, dass ein fälliger Anspruch mit Nötigungsmitteln durchgesetzt werden soll, macht den begehrten Vorteil nicht rechtswidrig. 2. Für das im Rahmen des Mordmerkmals der Heimtücke erforderliche Ausnutzungsbewusstsein genügt es, wenn der Täter die die Heimtücke begründenden Umstände nicht nur in einer äußerlichen Weise wahrgenommen, sondern in dem Sinne in ihrer Bedeutung für die Tatbegehung erfasst hat, dass ihm bewusst geworden ist, einen durch seine Ahnungslosigkeit gegenüber dem Angriff schutzlosen Menschen zu überraschen. 3. Bei der Prüfung der Heimtücke kann die Spontanität des Tatentschlusses im Zusammenhang mit der Vorgeschichte der Tat und dem psychischen Zustand des Täters ein Beweisanzeichen dafür sein, dass ihm das Ausnutzungsbewusstsein fehlte; allerdings hindert nicht jede affektive Erregung oder heftige Gemütsbewegung einen Täter daran, die Bedeutung der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers für die Tat zu erkennen. Hat A sich durch sein Verhalten im Container strafbar gemacht? © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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