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RA Digital - 04/2016

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180 Zivilrecht

180 Zivilrecht RA 04/2016 K und B haben sich wirksam auf den Abschluss eines Bewirtungsvertrags für die Feierlichkeiten des 60. Geburtstags des B wirksam geeinigt. Die Höhe des Anspruchs ergibt sich aus der geführten Strichliste des B, die die Ehefrau noch am Abend des Geburtstags gegenzeichnete. Anhaltspunkte für Manipulationen liegen nicht vor. in Verbindung mit § 157 BGB unter Beachtung von § 612 BGB und § 632 BGB auch ohne ausdrückliche Abrede geschuldet wird, wenn diese Leistung nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten war. [60] Diese Vermutungsregelung gemäß § 433 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 157 sowie gemäß § 612 BGB und § 632 BGB erstreckt sich aber nur auf die Entgeltlichkeit eines bewiesenen bzw. unstreitigen Bewirtungsvertrages und nicht auch auf den Vertragsabschluss selbst, so dass die Anwendung dieser Vorschrift immer voraussetzt, dass es überhaupt zu einer schuldrechtlichen Bindung der Prozessparteien gekommen ist. [61] Darauf, ob Bewirtungsleistungen üblicherweise nur entgeltlich erbracht werden, kommt es nämlich nicht an. Die Vermutung gemäß den §§ 433 Abs. 2, 157, 612 und 632 BGB, wonach eine Vergütung als vereinbart gilt, wenn die Bewirtungsleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist, bezieht sich nämlich nur auf die Entgeltlichkeit eines tatsächlich erteilten Auftrags, nicht aber auf die Auftragserteilung selbst.“ Entscheidend ist dementsprechend, ob auf das Zustandekommen eines Bewirtungsvertrages gerichtete übereinstimmende Willenserklärungen der Parteien bzw. ihrer Vertreter mit den entsprechenden Bindungswillen hier festzustellen sind. „[64] Dies sieht das Gericht vorliegend als gegeben an. Der Kläger hat den Beweis seiner Beauftragung durch den Beklagten für seinen 60. Geburtstag nach Überzeugung des erkennenden Gerichts geführt.“ II. Rechtsfolge Dem entsprechend hat die Klägerin anlässlich der Feier vom 06.09.2013 dem Grunde nach für die verabreichten Speisen und Getränke einen Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Vergütung. „[78] Die Klägerin ist zwar bezüglich der ihr zustehenden Forderung auch hinsichtlich der Höhe des geltend gemachten Zahlungsanspruchs darlegungs- und beweispflichtig. Durch Vorlage der „Strichliste“ und der schriftlichen, von der Ehefrau des Beklagten mit ihrer Unterschrift abgezeichneten Getränkeaufstellung, aus der sich die hier klageweise geltend gemachte Forderung ergibt, wird aber eine tatsächliche Vermutung dafür geschaffen, dass der Klägerin die sich hieraus ergebende Forderung gegen den Beklagten auch zusteht. [79] Dass die „Strichliste“ von dem Kläger in der Weise manipuliert worden ist, dass zu Lasten des Beklagten die Anzahl der Getränke falsch abgerechnet wurden, kann hier nicht festgestellt werden. [80] Im Übrigen oblag es dem Beklagten diesen Beweis des ersten Anscheins durch substantiierten Gegenvortrag bzw. Gegenbeweis zu entkräften. Dies hat er nicht getan.“ Jura Intensiv B. Ergebnis K steht damit gegen B ein Anspruch auf Zahlung von 633,10 € aus dem zwischen ihnen geschlossenen Bewirtungsvertrag zu. FAZIT Auch im Falle eines gemischttypischen Vertrags gilt es zunächst die allgemeinen Regeln zum Vertragsschluss gem. §§ 145 ff. BGB anzuwenden. Modifikationen sind, wie der Fall zeigt, nur an wenigen Stellen erforderlich. Inhaltsverzeichnis

RA 04/2016 Zivilrecht 181 Problem: Zahlungsansprüche des Werkunternehmers bei fehlender Tilgungsbestimmung Einordnung: Schuldrecht OLG Köln, Urteil vom 03.12.2015 3 U 15/15 EINLEITUNG Mit der Tilgungsbestimmung legt der Schuldner fest, auf welche von mehreren Verbindlichkeiten eine von ihm zu erbringende Leistung erfolgen soll. Abzustellen ist dabei auf den Zeitpunkt der Leistung. Nach h.M. handelt es sich um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Eine gesetzliche Regelung findet sich in § 366 I BGB für den Fall, daß einem Gläubiger mehrere verschiedene Forderungen gegen denselben Schuldner zustehen. Da § 366 BGB kein zwingendes Recht ist, kann die Vorschrift abbedungen werden. Die Parteien können auch konkludent eine andere Tilgungsreihenfolge vereinbaren, die selbst dann wirksam bleibt, wenn der Schuldner bei der Zahlung eine andere Bestimmung trifft. Welche Auswirkungen dies im Einzelfall haben kann, zeigt der vorliegende Fall sehr anschaulich. SACHVERHALT (LEICHT ABGEWANDELT) Der Kläger (K) betreibt einen Landmaschinenhandel mit zugehöriger Reparaturwerkstatt. Seit dem Jahr 2000 steht er mit dem Beklagten (B) in ständigen Geschäftsbeziehungen. B lässt alle seine Maschinen, die er für seine Hühnerfarm benötigt, bei K reparieren. Eine Abrede über Verrechnungen im Rahmen eines Kontokorrents (§ 355 HGB) besteht zwischen ihnen nicht. Im Jahr 2007 lässt B insgesamt 20 Reparaturarbeiten zu einem Gesamtpreis von 20.000 € vornehmen. Alle Aufträge werden von K ordnungsgemäß durchgeführt. Seit Bestehen der Geschäftsbeziehungen zahlt B seine Rechnungen ohne Angabe des jeweiligen Verwendungszwecks - mit Ausnahme einer Zahlung vom 16.10.2008 („Reparaturen“) und 02.10.2008 („Fass Öl). K verrechnet diese Zahlungen mit den gegen B bestehenden Forderungen aus den Jahren 2005/2006 und 2008, nicht jedoch 2007, da auch noch offene Zinsen aus den Jahren zuvor beglichen werden müssen. Die Verrechnungen teilt K dem B, der keiner einzigen widerspricht, mittels Verrechnungsanzeige mit. Am 08.03.2009 spricht K den B auf die noch offenen Forderungen aus dem Jahr 2007 an und verlangt von ihm Zahlung i.H.v. 20.000 €. B entgegnet, er habe in den letzten Jahren die geltend gemachte Summe doch bereits an ihn gezahlt. Zu Recht? Jura Intensiv LEITSÄTZE 1. Schuldner und Gläubiger haben sich auf eine von den gesetzlichen Vorgaben abweichende Tilgungsreihenfolge geeinigt, wenn der Schuldner den jeweiligen Verrechnungsmitteilungen des Gläubigers nicht widersprach, sondern weiter (Teil-) Zahlungen leistete und auch Ratenzahlungen vereinbarte. 2. Es ist anerkannt, dass die Parteien - wie vorliegend - die Tilgungsbestimmung der §§ 366, 367 BGB dadurch ändern können, dass der Schuldner eine Abrechnungserklärung des Gläubigers widerspruchslos hinnimmt (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 27.06.1995, XI ZR 213/94, NJW-RR 1995, 1257). PRÜFUNGSSCHEMA A. Anspruch des K gegen B auf Zahlung von 20.000,- € gem. § 631 I BGB I. Anspruch entstanden II. Anspruch erloschen B. Ergebnis Inhaltsverzeichnis

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