jiverlag
Aufrufe
vor 6 Jahren

RA Digital - 04/2017

  • Text
  • Jura
  • Intensiv
  • Inhaltsverzeichnis
  • Verlags
  • Anspruch
  • Stgb
  • Beklagten
  • Entscheidung
  • Recht
  • Urteil
  • Digital
Die Ausbildungszeitschrift von Jura Intensiv.

196 Nebengebiete

196 Nebengebiete RA 04/2017 Zentraler Gedanke der Auslegung durch das LAG: Wer jemanden von einer Pflicht (z.B. durch Arbeitsleistung) „freistellt“, erkennt damit an, dass es überhaupt eine Pflicht gibt, von welcher der andere freigestellt werden kann. Auch hier nochmals der tragende Gedanke in anderen Worten: Der Arbeitnehmer hat ein Urteil 1. Instanz erstritten aufgrund dessen er – unabhängig vom späteren Ausgang des Prozesses – seinen Lohn behalten kann, wenn (!) er dafür auch seine Arbeitsleistung erbringt. Die drohende Vollstreckung dieses Weiterbeschäftigungsurteils wollte der Arbeitgeber verhindern. Warum sollte sich dann der Arbeitnehmer auf eine Regelung einlassen, die ihn hinsichtlich der Frage, ob er den Lohn auch im Fall des späteren Prozessverlustes behalten darf, schlechter stellt!? [46] Das klagende Land hat mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 19. Juni 2014 erklärt, der Beklagte werde „jederzeit widerruflich von der Erbringung seiner Arbeitsleistung unter Anrechnung auf eventuell noch bestehenden und im Anschluss daran auf eventuell noch entstehenden Erholungsurlaub freigestellt“. D.h. es wird nicht erklärt, man verweigere schlicht weiterhin eine tatsächliche Beschäftigung, vielmehr erfolgt eine „Freistellung“, was gedanklich eine Beschäftigung voraussetzt, von der freigestellt werden soll. Es wird nicht lediglich angekündigt, es werde Annahmeverzugsentgelt unter dem Vorbehalt einer Rückforderung gezahlt. Hierfür bedürfte es, da der Beklagte aufgrund der Kündigung ersichtlich nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet war, keiner „Freistellung“. Auch die weiter aufgeführte Anrechnung auf Erholungsurlaub spricht für eine gewollte Freistellung von einer ansonsten erfolgenden Beschäftigung. [47] b) Dies entspricht auch den weiteren Umständen sowie dem Sinn und Zweck der Vereinbarung. Dem klagenden Land ging es insbesondere darum, eine Beschäftigung des Beklagten aufgrund einer Vollstreckung des Titels zur vorläufigen Weiterbeschäftigung zu vermeiden. Hierbei hat sich das klagende Land nicht dem Vollstreckungsdruck gebeugt und eine Beschäftigung ermöglicht, sondern ein anderes Angebot zur Vermeidung der unerwünschten Beschäftigung unterbreitet. (...) Mit der Durchsetzung der vorläufigen Weiterbeschäftigung wäre ein Anspruch des Beklagten auf Bezahlung tatsächlich geleisteter Arbeit ungeachtet des Ausgangs des Prozesses entstanden. In diesem Zusammenhang eines Angebots zur Vermeidung der tatsächlichen Beschäftigung bedeutet eine „Freistellung“ eine solche anstelle der ansonsten vom klagenden Land geschuldeten tatsächlichen Beschäftigung, deren Vollstreckung drohte. Eine bloß vorläufige Zahlung von (Annahmeverzugs-)Entgelt vorbehaltlich einer Rückforderung im Falle des Obsiegens des klagenden Landes im Kündigungsrechtsstreit entspräche für beide Seiten erkennbar nicht dem Zweck der Vereinbarung, dem Beklagten das Interesse an einer Zwangsvollstreckung des Beschäftigungstitels zu nehmen. (...) Jura Intensiv [49] 3. Entsprechend ist die Zeit der Freistellung wie eine vorläufige tatsächliche Weiterbeschäftigung zu behandeln. Damit stand dem Beklagten das Entgelt zu, das er im Falle der tatsächlichen vorläufigen Weiterbeschäftigung erhalten hätte. Es ist mangels anderweitiger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass das Entgelt des Beklagten der im Falle einer tatsächlichen Beschäftigung erbrachten Arbeitsleistung entsprochen hätte. FAZIT Eine sehr „schöne“ Klausurkonstellation: Die bekannten Themen Weiterbeschäftigungsanspruch, Leistungskondiktion und Vertragsauslegung werden in origineller Weise miteinander kombiniert. Wer diese drei Themen beherrscht, muss im Rahmen der Vertragsauslegung „nur“ aufpassen, dass er die Freistellungsvereinbarung nicht missinterpretiert. Sie diente vor allem dem Arbeitgeber, der auf jeden Fall vermeiden wollte, den Ex-Arbeitnehmer nochmals beschäftigen zu müssen, obwohl er dazu zunächst verurteilt worden war. In dieser Situation hatte der Arbeitnehmer keinen Grund, sich auf eine ihm nachteilige Regelung einzulassen. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

E-Learning Tutorial: Grundfälle zur Kausalität Jura Intensiv Liebe Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer, liebe Abonnentinnen und Abonnenten, wir haben für Sie ein Grundlagen-Tutorial im Strafrecht erstellt. Es behandelt drei grundlegende Probleme der Kausalität und - darauf aufbauend - zum Teil auch der objektiven Zurechnung: http://jura-intensiv.de/ sr_kausalitaet_grundfaelle/story.html Inhaltsverzeichnis

Erfolgreich kopiert!

RA - Digital

Rspr. des Monats