214 Strafrecht RA 04/2017 A nutzte mit seiner Fahrerkarte und der Tankkarte von einem Firmen-Lkw des S unter Verstoß gegen die Vorgaben, die er von S erhalten hatte, die faktische Möglichkeit, an einer Tankstation der T in L. Dieselkraftstoff zu zapfen. Er beschaffte sich eigenmächtig und unerlaubt aus dem Fahrzeug die Lkw- Tankkarte und zog dann diese und seine ihm von S ausgehändigte Fahrerkarte an dem Zentralgerät der jeweiligen Tankstation durch, gab seine PIN und eine erdachte Kilometerleistung des Fahrzeugs ein und füllte Dieselkraftstoff im Wert von 167,68 € in seinen Privat-Pkw. Diesen Betrag bezahlte S im Rahmen des Tankvertrags an T. Hat A sich durch das Tanken strafbar gemacht? [Anm.: §§ 242 I, 246 I StGB sind nicht zu prüfen.] Täuschung i.S.v. § 263 I StGB ist die intellektuelle Einwirkung auf das Vorstellungsbild eines anderen, die geeignet ist, eine Fehlvorstellung über Tatsachen hervorzurufen. PRÜFUNGSSCHEMA: COMPUTERBETRUG, § 263a I 3. Fall StGB A. Tatbestand I. Tathandlung: Unbefugte Verwendung von Daten II. Dadurch Beeinflussung des Ergebnisses eines Datenverarbeitungsvorgangs III. Dadurch Vermögensschaden IV. Vorsatz bzgl. I. bis III. V. Absicht rechtswidriger und stoffgleicher Bereicherung B. Rechtswidrigkeit und Schuld LÖSUNG A. Strafbarkeit gem. § 263 I StGB ggü. u. z. N. d. T A hat beim Tanken nicht auf einen Menschen eingewirkt, sondern nur einen Computer bedient. Somit scheidet die für einen Betrug erforderliche Täuschung und deshalb eine Strafbarkeit gem. § 263 I StGB aus. B. Strafbarkeit gem. § 263a I 3. Fall StGB z. N. d. T Durch das Bedienen des Tankautomaten könne A sich wegen Computerbetrugs gem. § 263a I 3. Fall StGB zum Nachteil der T strafbar gemacht haben. Jura Intensiv I. Tatbestand 1. Tathandlung: Unbefugte Verwendung von Daten A müsste unbefugt Daten verwendet haben. „[12] Der Angeklagte hat Daten verwendet, nämlich die auf den Tankkarten gespeicherten Informationen zum dazugehörigen Lkw, indem er die Tankkarten durch die Tankautomaten zog. Damit hat er diese Daten dort eingegeben. […] Der Angeklagte hatte die Tankkarten jeweils heimlich verschiedenen Lkw des Zeugen S entnommen, sie also durch verbotene Eigenmacht und damit unbefugt erlangt. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG
RA 04/2017 Strafrecht 215 Das Tatbestandsmerkmal der unbefugten Verwendung von Daten ist nach h. M. […] betrugsspezifisch auszulegen, erforderlich ist, dass die Verwendung der Daten gegenüber einer natürlichen Person Täuschungscharakter hätte. Dies ist hier der Fall […]. Als Ergebnis der unbefugten Verwendung der Daten der Tankkarten der betroffenen Lkw erfolgte nämlich die Freigabe von Kraftstoff zur Betankung eines bestimmten Lkw des Zeugen S, der sich jedoch tatsächlich gar nicht bei der Tankstation befand. Dies war daher ein täuschungsäquivalenter Einsatz von Daten durch den Angeklagten.“ Eine unbefugte Verwendung von Daten liegt also vor. 2. Dadurch Beeinflussung des Ergebnisses eines Datenverarbeitungsvorgangs „[12] […] Damit hat er auch jeweils das Ergebnis von Datenverarbeitungsvorgängen beeinfluss , nämlich in den Zentralgeräten der Tankstationen.“ 3. Dadurch Vermögensschaden „[13] bb) Soweit das Landgericht im angefochtenen Urteil weiter ausführt, infolge der unbefugten Datenverwendung sei dem Zeugen S ein Schaden insofern entstanden, als ihm seitens der Firma T in den Sammelabrechnungen über die Firmen-Tankvorgänge der jeweils tatsächlich vom Angeklagten für eigene Zwecke getankte Kraftstoff in Rechnung gestellt wurde, übersieht das Landgericht, dass die unbefugte Verwendung der betroffenen Daten, um von einer Strafbarkeit wegen Computerbetruges gemäß § 263a Abs. 1 StGB ausgehen zu können, zu einer unmittelbaren Vermögensminderung beim Tatopfer führen muss. Hieran fehlt es im Fall des Zeugen S jedoch, weil die unmittelbare Folge der unbefugten Eingabe der auf den Tankkarten zu den dazugehörigen Lkw gespeicherten Daten allein darin bestand, dass durch die Zentralgeräte Dieselkraftstoff zum Tanken an einer Zapfsäule freigegeben wurde, an der der Angeklagte sich sodann bedient hat. Die dazugehörige Rechnungsstellung an den Zeugen S ist erst in einem weiteren Zwischenschritt durch die Firma T bzw. deren Mitarbeiter erfolgt, die Zahlung des in Rechnung gestellten Betrages an die Firma T setzt einen weiteren Zwischenschritt, nämlich die Anweisung des Betrages durch den Zeugen S, voraus. An einen beim Zeugen S entstandenen Schaden kann danach eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Computerbetruges nicht geknüpft werden […]. Jura Intensiv [14] cc) Gleichwohl ist vorliegend unmittelbar ein Vermögensschaden entstanden und zwar bei der Firma T. Deren Zentralgeräte haben infolge der unbefugten Eingabe der Daten von den Tankkarten der Lkw des Zeugen S durch den Angeklagten unmittelbar bestimmte Tanksäulen zur Entnahme von Dieselkraftstoff durch den Angeklagten freigegeben. Hierdurch ist es zu einer unmittelbaren Vermögensminderung bei der Firma T insofern gekommen, als die vom Angeklagten gezapfte Menge Dieselkraftstoff ihrem Vermögen entzogen wurde. Ein Vermögensschaden ergibt sich insofern, als der Kraftstoffentnahme […] - weil sie unbefugt erfolgte - kein als gleichwertig anzusehender Zahlungsanspruch der Firma T gegen den Zeugen S gegenüberstand. Insofern entspricht die vorliegende Fallkonstellation den Fällen der unbefugten Verwendung fremder BGH, Beschluss vom 21.11.2001, 2 StR 260/01; Fischer, StGB, § 263a Rn 11 Dass die für § 263a I 3. Fall StGB erforderliche Täuschungsäquivalenz bei Verwendung von Karten gegeben ist, die der Täter durch verbotene Eigenmacht erlangt hat, entspricht ständiger Rechtsprechung (BGH, Beschluss vom 29.06.2005, 4 StR 559/04; OLG Koblenz, Urteil vom 02.02.2015, 2 OLG 3 Ss 170/14, RA 2015, 225). Hat der Täter Karte (und PIN) durch Täuschung erlangt und verwendet diese absprachewidrig, hat der BGH bisher § 263a I StGB stets verneint (BGH, Beschluss vom 16.07.2015, 2 StR 16/15; Beschluss vom 31.03.2004, 1 StR 482/03). Der 4. Strafsenat des BGH hat jedoch in einer aktuellen Entscheidung angekündigt, dies in Zukunft anders zu werten (BGH, Beschluss vom 23.11.2016, 4 StR 464/16). Ein Vermögensschaden i.S.v. § 263a I StGB ist dann gegeben, wenn der Gesamtwert des Opfervermögens durch die Tathandlung verringert wurde. OLG Hamm, Beschluss vom 09.03.2006, 1 Ss 58/06, NJW 2006, 2341; Schönke/ Schröder, StGB, § 263a Rn 21; a.A.: BayObLG, Beschluss vom 07.11.2000, 5 St RR 317/00 Das Erfordernis einer unmittelbaren Vermögensminderung durch die Beeinflussung des Ergebnisses eines Datenverarbeitungsvorgangs (die sog. „Quasi-Verfügung“) prüft das OLG Celle vorliegend im Rahmen des Vermögensschadens. Eine Prüfung dieser Voraussetzung bereits im Rahmen der Beeinflussung des Ergebnisses eines Datenverarbeitungsvorgangs würde in einem Gutachten die Parallelen von § 263a I StGB und § 263 I StGB besser betonen, da die unmittelbare Vermögensminderung beim Betrug auch bereits in der Vermögensverfügung (und nicht erst im Schaden) festzustellen ist. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis
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