Aufrufe
vor 6 Jahren

RA Digital - 04/2018

  • Text
  • Jura
  • Intensiv
  • Stpo
  • Inhaltsverzeichnis
  • Verlags
  • Recht
  • Stgb
  • Beklagte
  • Urteil
  • Strafrecht
Die Ausbildungszeitschrift von Jura Intensiv.

174 Zivilrecht

174 Zivilrecht RA 04/2018 ohne Hinweis auf die Abschalteinrichtung und die Angabe der Schadstoffwerte in der Prospektwerbung, auf die er ein besonderes Augenmaß gelegt und deshalb auch die als besonders umweltschonend angepriesene Variante „BlueMotion“ bestellt habe, arglistig getäuscht worden sei. K verlangt von B Zahlung von 33.000 €. Zu Recht? Prüfungsvermerk: § 19 II StVZO: Die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs bleibt, wenn sie nicht ausdrücklich entzogen wird, bis zu seiner endgültigen Außerbetriebsetzung wirksam. Sie erlischt, wenn Änderungen vorgenommen werden, durch die das Abgas- oder Geräuschverhalten verschlechtert wird. § 19 VII StVZO: Die Absätze 2 bis 6 gelten entsprechend für die EG-Typgenehmigung. Das Gutachten muss logisch, stringent und widerspruchsfrei aufgebaut werden. Wiederholungen stören und zeugen von Ineffizienz. Ein Rückgewährschuldverhältnis setzt eine Rücktrittserklärung, das Rücktrittsrecht desjenigen, der den Rücktritt erklärt hat und das Fehlen von Unwirksamkeitsgründen gem. § 218 BGB voraus. Klausurhinweis: Man hat oft Effizienzvorteile, wenn man die Rücktrittserklärung voranstellt. Hier lag ein Problem des Falles in den Vertretungsverhältnissen. Diese wirken sich beim Empfang der Rücktrittserklärung aus. Deshalb ist es hier geboten, den Kaufvertrag voranzustellen, weil dort die Vertretungsverhältnisse zuerst relevant wurden. Die gegenüber X abgegebene Rücktrittserklärung des K wirkt gem. § 164 III BGB für und gegen B. LÖSUNG A. K gegen B gem. §§ 437 Nr. 2, 323 I, 346 I BGB K könnte gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung der 33.000 € gem. §§ 437 Nr. 2, 323 I, 346 I BGB haben. Dies setzt ein Rückgewährschuldverhältnis voraus. Dann muss K ein Rücktrittsrecht gehabt und den Rücktritt wirksam erklärt haben. I. Kaufvertrag zwischen K und B Ein solches Rücktrittsrecht setzt gem. § 437 BGB einen Kaufvertrag voraus. K und B – vertreten durch X gem. § 164 I BGB - haben einen wirksamen Kaufvertrag i.S.d. § 433 BGB über einen neuen Pkw zum Kaufpreis von 33.000 € geschlossen. II. Rücktrittserklärung gem. § 349 BGB Mit Anwaltsschreiben vom 17.11.2016 hat K den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. „I.2. Soweit K mit Anwaltsschreiben vom [17.11.2016] gegenüber X [den Rücktritt] des Kaufvertrages erklärt hat, war X beim Abschluss des Vertrages als Vertreterin der B aufgetreten und der K zudem in der Auftragsbestätigung der B ausdrücklich gebeten worden, sich „bei weiteren Fragen zu Abwicklung“ an seinen „zuständigen Verkäufer im Autohaus“ zu wenden, weshalb K nach § 164 III BGB (passive Stellvertretung) Erklärungen mit unmittelbarer Wirkung für und gegen die B gegenüber der X abgeben durfte.“ Jura Intensiv III. Rücktrittsrecht des K 1. Rücktrittsrecht gem. §§ 437 Nr. 2, 326 V, 323 BGB In Betracht kommt ein Rücktrittsrecht des K gem. §§ 437 Nr. 2, 326 V, 323 I BGB. Dies setzt einen Mangel bei Gefahrübergang und die Unmöglichkeit der Nacherfüllung voraus. Sachmangel gem. § 434 I 1 BGB a) Mangel bei Gefahrübergang Es muss ein Mangel bei Übergang der Gefahr auf den Käufer vorgelegen haben. Die Gefahr ging gem. § 446 S. 1 BGB durch Übergabe des PKW auf K über. Als Mangel kommt ein Sachmangel gem. § 434 BGB in Betracht. Ein Sachmangel liegt gem. § 434 I 1 BGB vor, wenn der Kaufgegenstand bei Gefahrübergang Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 04/2018 Zivilrecht 175 nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat. Zugrunde zu legen ist dabei der subjektive Fehlerbegriff, nach dem ein Mangel jede für den Käufer nachteilige Abweichung der tatsächlich geschuldeten Beschaffenheit (Ist-Beschaffenheit) von der vertraglich geschuldeten Beschaffenheit (Soll-Beschaffenheit) ist. Der Begriff der Beschaffenheit beschränkt sich nicht nur auf Eigenschaften, die der Sache physisch anhaften, vielmehr werden auch außerhalb liegende Umstände, insbesondere Beziehungen der Sache zu ihrer Umwelt, erfasst. Die etwa in einem Prospekt angegebenen Emissionswerte werden im vorliegenden Fall nur durch die manipulierte Software in Testverfahren eingehalten. Im regulären Fahrbetrieb weichen sie erheblich von den Angaben des Herstellers ab. Dass das Fahrzeug also tatsächlich einen viel höheren Schadstoffausstoß hat, als dies im Prospekt angegeben ist, stellt eine Abweichung der Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit dar, die darauf zurückzuführen ist, dass eine manipulierte Software eingebaut wurde. Ob die Emissionswerte als Beschaffenheit konkret zwischen den Parteien vereinbart wurden, ist im jeweiligen Einzelfall zu klären. Aus dem Sachverhalt lässt sich nicht auf die Vereinbarung der Beschaffenheit schließen. Jedoch kann ein Mangel gem. § 434 I 2 Nr. 2 BGB vorliegen. Dies wäre der Fall, wenn der PKW nicht die Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und der Käufer nach Art der Sache erwarten kann. Diese Abweichung liegt darin, dass das Fahrzeug einen von den angegebenen Werten abweichenden Schadstoffausstoß aufweist, der auf dem Vorhandensein eines manipulierten Abgassystems beruht, was zum gem. § 19 II StVZO zum Entzug der Betriebserlaubnis führen kann. Es liegt daher ein Sachmangel bei Gefahrübergang am 15.02.2015 vor. b) Kein Ausschluss der Mängelhaftung Ausschlussgründe sind hier nicht ersichtlich. c) Unmöglichkeit der Nacherfüllung gem. §§ 326 V, 275 I BGB Die Voraussetzungen eines Nacherfüllungsanspruchs liegen gem. §§ 437 Nr. 1, 439 I BGB durch den Kaufvertrag, den Mangel zur Zeit des Gefahrübergangs und das Fehlen von Ausschlussgründen vor. § 326 V BGB berechtigt zum Rücktritt ohne vorherige Fristsetzung, wenn die Nacherfüllung unmöglich ist. „I.3. a) Das ist vorliegend [jedoch] nicht der Fall, weil durch die Freigabebestätigung des KBA vom 01.06.2016 festgestellt ist, dass der in der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung bestehende Mangel durch das Software-Update behoben wird und dass dadurch auch keine Nachteile für Grenzwerte und andere Anforderungen an emissionsmindernde Einrichtungen, ursprünglich vom Hersteller angegebene Kraftstoffverbrauchwerte und CO2-Emissionen, bisherige Motorleistung und maximales Drehmoment sowie bisherige Geräuschemissionswerte verbleiben. Zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung lagen sowohl diese Freigabebestätigung als auch die Mitteilung der B an K vor, dass die für sein Fahrzeug benötigte Software zur Verfügung stand. Ein verbleibender merkantiler Minderwert wäre zwar ebenfalls geeignet, die Unmöglichkeit der Nachbesserung zu begründen. Insoweit fehlt es hier aber an einem entsprechenden substantiierten Vorbringen.“ Die Nacherfüllung ist damit nicht unmöglich. Jura Intensiv Die Emissionswerte gehören zu den Beschaffenheiten des Fahrzeugs. Eine Beschaffenheitsvereinbarung fehlt hier. Der Dieselmotor mit manipulierter Abgas-Software stellt zumindest einen Mangel des PKW gem. § 434 I Nr. 2 BGB dar. § 326 V BGB kann wie hier vorangestellt oder innerhalb des §§ 437 Nr. 2, 323 I BGB als Ausnahme vom Erfordernis des Fristablaufs geprüft werden. Die Nacherfüllung war nicht gem. § 275 I BGB unmöglich und die Fristsetzung daher auch nicht nach § 326 V BGB entbehrlich, weil die Nachbesserung durch das Software- Update behoben wird. Hiervon ist das LG Braunschweig ausgegangen. Die kontrovers diskutierte Frage muss allerdings noch höchstrichterlich geklärt werden. Höchstrichterlich geklärt werden muss u.a. noch, ob ein verbleibender merkantiler Minderwert zur Unmöglichkeit der Nachbesserung führt. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

RA - Digital

Rspr. des Monats