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RA Digital - 04/2018

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176 Zivilrecht

176 Zivilrecht RA 04/2018 2. Rücktrittsrecht gem. §§ 437 Nr. 2, 440, 323 I 2. Fall BGB a) Erfolgloser Ablauf einer angemessenen Nacherfüllungsfrist Ein Rücktrittsrecht gem. §§ 437 Nr. 2, 440, 323 I 2. Fall BGB setzt voraus, dass K der B vergeblich eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung eingeräumt hat. Die Angemessenheit der Frist muss so bemessen sein, dass der Verkäufer die Nacherfüllung bewirken kann. K hat B eine Frist zur Nacherfüllung bis zum 15.11.2016 gesetzt. Dies ist aufgrund fehlender Mitwirkung des K wirkungslos. K hat es faktisch vereitelt das Software-Update zu installieren. Über das Update und die wirtschaftlichen Folgen wird zurzeit in der Praxis vor vielen Gerichten heftig gestritten. Dies muss noch höchstrichterlich geklärt werden. Das Gericht hält hier K vor, wie er die fristgemäße Nachbesserung vereitelt hat. Die Voraussetzungen des § 323 I 2. Fall BGB liegen mangels Fristablaufs nicht vor. Zu prüfen ist, ob eine Frist entbehrlich ist. „I.3. K hat B eine unter den gegebenen Umständen angemessene Frist zur Nacherfüllung i.S.v. § 323 I BGB bis zum 15.11.2016 gesetzt, weil zu diesem Zeitpunkt die Freigabebestätigung des KBA vom 01.06.2016 bereits vorlag und im Oktober 2016 dann auch das betreffende Software- Update zur Verfügung stand. Diese Fristsetzung war im Ergebnis aber wirkungslos, weil K der ihm obliegenden Mitwirkungspflicht nicht hinreichend nachgekommen ist. Mit ihrem Rundschreiben aus Oktober 2016, mit der B den K darüber informierte, dass die benötigte Software zur Verfügung stehe und dass sein Fahrzeug nun für ihn kostenlos umprogrammiert werden könne, sowie ihn darum bat, sich umgehend mit einem autorisierten Partner in Verbindung zu setzen, damit ein Termin vereinbart werden könne, hat B rechtzeitig vor Ablauf der vom K gesetzten Frist alles getan, was sie selbst zur Mangelbeseitigung tun musste. Nun war es an K, einen Termin innerhalb der von ihm selbst gesetzten Frist mit einem Partner seiner Wahl zu vereinbaren und das Software-Update durchführen zu lassen. Anstatt aber die sich aufdrängende Möglichkeit zu ergreifen, mit der X direkt vor Ort einen solchen Termin zu vereinbaren, wählte er einen für Werkstatt-Termine völlig unüblichen und vor dem Hintergrund der mit Anwaltsschreiben vom 27.09.2016 bereits wirksam gesetzten Frist auch unnötigen Weg, sich schriftlich mit am 03.11.2016 - einem Donnerstag und damit nur noch acht Werkstatt-Tage vor dem Ablauf der gesetzten Frist am Dienstag, dem 15.11.2016 - verfassten und anschließend per Post versandten Anwaltsschreiben an die X zu wenden und dieser einen Termin für die Folgewoche (07. bis 11.11.2016) vorzuschlagen. Auf diese Weise hat er es geradezu provoziert und damit selbst zu vertreten, dass es innerhalb der Nacherfüllungsfrist nicht mehr zu dem von B bereits im Oktober angebotenen Software-Update gekommen ist. Auch wenn die X mit ihrem Schreiben vom 14.11.2016 noch versucht hat, innerhalb der Frist zu antworten und mit dem Kläger einen zeitnahen Termin zu vereinbaren, dieses Schreiben aber offenbar infolge eines eigenen Büroversehens zunächst falsch adressiert hatte und es nach Aufklärung dieses Irrtums erst nach Ablauf der Frist und daraufhin erfolgter Rücktrittserklärung mit Anwaltsschreiben vom 17.11.2016 am 21.11.2016 an den Klägervertreter gefaxt wurde, ändert das nichts daran, dass K durch die Wahl eines ungeeigneten Weges zur Vereinbarung eines kurzfristigen Werkstatt-Termins eine fristgemäße Nachbesserung letztlich selbst vereitelt und damit gegen seine Mitwirkungspflicht verstoßen hat.“ Jura Intensiv K hätte folglich nur dann wirksam vom Kaufvertrag zurücktreten können, wenn eine vorherige Fristsetzung ausnahmsweise entbehrlich gewesen ist. b) § 323 II Nr. 3 BGB Nach § 323 II Nr. 3 BGB ist eine Fristsetzung entbehrlich, wenn im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 04/2018 Zivilrecht 177 Rücktritt rechtfertigen. Das kommt hier unter zwei Gesichtspunkten in Betracht, nämlich dem des arglistigen Verschweigens des Mangels und dem der Befürchtung, dass das Software-Update entweder nicht erfolgreich sein oder zu Folgemängeln führen könnte. „I.3. b) Nach der Rspr. des BGH ist der Käufer im Regelfall berechtigt, gem. § 323 II Nr. 3 BGB sofort vom Kaufvertrag zurückzutreten, wenn der Verkäufer dem Käufer einen Mangel bei Abschluss des Kaufvertrages arglistig verschwiegen hat. Soweit hier ein arglistiges Verschweigen der unzulässigen Abschalteinrichtung und des damit verbundenen Verstoßes gegen Art. 5 II der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 in den Blick kommt, gebietet § 323 II Nr. 3 BGB gleichwohl eine Abwägung der beiderseitigen Interessen, weshalb auch der BGH ausdrücklich nur von einem „Regelfall“ spricht. Hinter diesem Regelfall steht die Erwägung, dass eine arglistige Täuschung die für die Nacherfüllung erforderliche Vertrauensgrundlage in der Regel beschädigt. Der Käufer hat dann ein berechtigtes Interesse daran, von einer weiteren Zusammenarbeit mit dem Verkäufer Abstand zu nehmen, um sich vor eventuellen weiteren Täuschungsverboten zu schützen. Demgegenüber handelt es sich bei der vorliegenden Konstellation insofern um einen Sonderfall, als die von B angebotene Nachbesserung in Abstimmung mit dem KBA, d.h. der dafür zuständigen, unabhängigen Bundesbehörde und damit unter staatlicher Aufsicht erfolgt. Die Befürchtung vor einem neuerlichen Täuschungsversuch ist vor diesem Hintergrund von vornherein unbegründet. Die bloße Möglichkeit oder Befürchtung, dass nach der (ersten) Nachbesserung Mängel verbleiben oder neue Mängel entstehen, begründet nicht die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung zur Mangelbeseitigung. Diese Möglichkeit hat der Gesetzgeber vielmehr in § 440 S. 2 BGB ausdrücklich berücksichtigt. Danach gilt eine Nachbesserung jedenfalls grds. erst nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen. Der Käufer hat das beschriebene Risiko also zunächst hinzunehmen. Die Rechte aus § 437 Nr. 2 BGB bleiben ihm für den Fall, dass die durchgeführte Nachbesserung fehlschlagen sollte, unbenommen.“ Jura Intensiv Die Fristsetzung ist daher nicht nach § 323 II Nr. 3 BGB entbehrlich. c) § 440 S. 1 Alt. 3 BGB Schließlich bedarf es der Fristsetzung gem. § 440 S. 1 Alt. 3 BGB auch dann nicht, wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung unzumutbar ist. „I.3. c) [Dies] setzt schon begrifflich voraus, dass die Nacherfüllung als solche möglich ist. Daraus und aus der verwendeten Formulierung „außer in den Fällen des § 323 II BGB bedarf es der Fristsetzung auch dann nicht“ ergibt sich, dass es sich um eine Spezialregelung für Fälle handelt, die nicht schon von den §§ 326 V, 323 II BGB erfasst werden. Unter welchem Gesichtspunkt danach § 440 S. 1 Alt. 3 BGB hier noch einschlägig sein sollte, ist nicht ersichtlich.“ BGH, Beschluss vom 08.12.2006, V ZR 249/05 Die im Rahmen des § 323 II Nr. 3 BGB vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des K aus. § 440 S. 1 Alt. 3 BGB ist im vorliegenden Fall neben den speziellen Regelungen nicht einschlägig. Damit ist die Fristsetzung vorliegend nicht entbehrlich. K steht daher kein Recht zum Rücktritt gem. §§ 437 Nr. 2, 326 V, 440, 323 I BGB zu. B. Ergebnis K hat gegen B keinen Anspruch auf Rückzahlung der 33.000 € gem. §§ 437 Nr. 2, 323 I, 346 I BGB. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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