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RA Digital - 04/2018

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182 Zivilrecht

182 Zivilrecht RA 04/2018 Problem: Kausalität eines Werkmangels für einen Wasserschaden Einordnung: Sachenrecht BGH, Urteil vom 25.01.2018 VII ZR 74/15 LEITSATZ Zur Kausalität eines Werkmangels für einen Wasserschaden bei längerer Abwesenheit des Inhabers einer unbewohnten Wohnung. EINLEITUNG Muss ein Wohnungseigentümer während längerer Abwesenheit wöchentlich mehrfache Kontrollen in seiner Wohnung organisieren, um einen Wasserschaden abzuwenden. Der BGH klärt auf. SACHVERHALT Im Jahr 2011 beauftragt die auf Mallorca wohnhafte Klägerin (K) die Beklagte (B) mit Sanitär- und Heizungsarbeiten in ihrem Mehrfamilienhaus in Deutschland. Dort führt B am 28.03.2012 Arbeiten an einem Heizungs- und Warmwassergerät in der unbewohnten Dachgeschosswohnung aus. Leichtfertig begeht er einen Fehler beim Anbringen einer Dichtung an die Wasserleitung. Als K die Dachgeschosswohnung am 22.06.2012 aufsucht, befindet sich auf dem gesamten Fußboden eine 1 cm hohe Wasserschicht, wodurch der Fußbodenaufbau völlig durchnässt ist und Wände und vier Türzargen beschädigt wurden. K verlangt von B die Kosten für die Beseitigung der Wasserschäden i.H.v. 32.000 € ersetzt. B ist der Ansicht, dass K wöchentlich mehrmalige Kontrollen in der unbewohnten Wohnung hätte vornehmen müssen. Zu Recht? LÖSUNG A. K gegen B §§ 634 Nr. 1, 241 II BGB K könnte gegen B einen Anspruch auf Ersatz von 32.000 € gem. §§ 634 Nr. 4, 280 I BGB haben. Jura Intensiv I. Werkvertrag Die Parteien schlossen wirksam einen Werkvertrag i.S.d. § 631 BGB über die Durchführung von Sanitär- und Heizungsarbeiten. II. Werkmangel Ein Werkmangel liegt gem. § 633 II 2 Nr. 2 BGB vor, wenn das Werk nicht die Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und der Besteller nach Art des Werkes erwarten kann. Besteller dürfen erwarten, dass Dichtungen nach den Regeln der Handwerkskunst installiert werden. Indem dies nicht der Fall ist, liegt ein Werkmangel vor. III. Verschulden Zu vertreten sind gem. § 276 I 1 BGB grds. Vorsatz und Fahrlässigkeit. Indem B die Dichtung nicht ordnungsgemäß anbrachte, hat er die im Verkehr objektiv erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen und mithin fahrlässig i.S.d. § 276 II BGB gehandelt. IV. Adäquat kausaler Schaden Da Schadensersatz wegen der Beschädigung einer Sache zu leisten ist, kann K daher von B gem. § 249 II 1 BGB grds. die Kosten für die Reparatur des Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 04/2018 Zivilrecht 183 Wasserschäden verlangen. Fraglich ist jedoch, ob der Schaden auch adäquat kausal auf der Pflichtverletzung beruht. „II.1. a) Im Ansatz zutreffend [ist], dass der Schädiger nicht für alle im naturwissenschaftlichen Sinn durch das schadensbegründende Ereignis äquivalent verursachten Folgen haftet. Um eine unerträgliche Ausweitung der Schadensersatzpflicht zu vermeiden, ist die Verantwortlichkeit des Schädigers durch weitere Zurechnungskriterien eingeschränkt. In der Rspr. des BGH sind als solche Kriterien die Adäquanz des Kausalverlaufs und der Zurechnungszusammenhang anerkannt.“ Adäquat ist eine Bedingung, wenn das Ereignis nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet ist, einen Erfolg der fraglichen Art herbeizuführen. „II.1. b) [Danach] kann eine adäquate Verursachung des Schadens durch den Dichtungsmangel nicht verneint werden. Ein Dichtungsmangel an einem Heizungs- und Warmwassergerät ist im Allgemeinen geeignet, einen Wasserschaden mit dem vorliegenden Schadensausmaß herbeizuführen. Selbst wenn man eine Obliegenheitsverletzung der K annehmen würde, führte dies nicht dazu, dass der Mangel an der Dichtung nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet ist, den Eintritt des Schadens und dessen Ausmaß zu verursachen. II.1.c) aa) Eine Haftung besteht zwar nur für diejenigen äquivalenten und adäquaten Schadensfolgen, die aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen oder die verletzte Vertragspflicht übernommen wurde. Der geltend gemachte Schaden muss in einem inneren Zusammenhang mit der durch den Schädiger geschaffenen Gefahrenlage stehen. Ein „äußerlicher“, gleichsam „zufälliger“ Zusammenhang genügt dagegen nicht. Insoweit ist eine wertende Betrachtung geboten. Nach der Rspr. des BGH wird die haftungsrechtliche Zurechnung nicht dadurch ausgeschlossen, dass außer der in Rede stehenden Handlung noch weitere Ursachen zu dem eingetretenen Schaden beigetragen haben. Dies gilt auch dann, wenn der Schaden erst durch das (rechtmäßige oder rechtswidrige) Dazwischentreten des Geschädigten verursacht wird. Der Zurechnungszusammenhang fehlt in derartigen Fällen nur, wenn die zweite Ursache den Geschehensablauf so verändert hat, dass der Schaden bei wertender Betrachtung nur noch in einem „äußerlichen“, gleichsam „zufälligen“ Zusammenhang zu der durch die erste Ursache geschaffenen Gefahrenlage steht. Wirken dagegen in dem Schaden die besonderen Gefahren fort, die durch die erste Ursache gesetzt wurden, kann der Zurechnungszusammenhang nicht verneint werden. II.1.c) bb) Nach diesen Maßstäben kann der Zurechnungszusammenhang [vorliegend] nicht verneint werden. In dem eingetretenen Wasserschaden haben die besonderen Gefahren fortgewirkt, die durch die (unterstellte) mangelhafte Werkleistung der B verursacht worden sind. Ohne den Mangel an der Dichtung des Heizungsund Warmwassergeräts wäre es nicht zu dem Wasseraustritt gekommen. Die durch den Mangel verursachte Gefahr des Wasseraustritts hat auch bis Jura Intensiv Die Kausalität wird in mehreren Stufen geprüft, erst die äquivalente Kausalität, dann die adäquate Kausalität und schließlich der Zurechnungszusammenhang. Hier zweifelte der BGH daran, ob der eingetretene Schaden adäquat kausal auf der Pflichtverletzung beruhte. Prüfung der adäquaten Kausalität: Allgemeine Eignung des Dichtungsmangels zur Herbeiführung solcher Schäden Prüfung der adäquaten Kausalität: Innerer Zusammenhang des Werkmangels mit den Schadensfolgen Problem der „Doppelkausalität“ Anders als das Berufungsgericht verneint der BGH einen Zurechnungszusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden nicht. BGH sieht eine Fortwirkung der gesetzten Gefahren © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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