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RA Digital - 04/2018

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184 Zivilrecht

184 Zivilrecht RA 04/2018 zum Zeitpunkt der Feststellung des Schadens am 22.06.2012 bestanden. Der Mangel ist daher eine Ursache auch für das außergewöhnliche Schadensausmaß gewesen und steht in dem notwendigen inneren Zusammenhang mit dem Schaden.“ V. Mitverschulden gem § 254 BGB Zu prüfen bleibt damit, ob K den Schaden wegen eines überwiegenden Mitverschuldens allein zu tragen hat. Ansatzpunkt der Überlegung ist, dass sie die Wohnung lange Zeit unbeaufsichtigt ließ. K könnte aufgrund der fehlenden Kontrolle der unbewohnten Wohnung ein erhebliches Mitverschulden gem. § 254 BGB an dem Wasserschaden treffen. Gemeint ist allerdings nicht das Verschulden im Sinne des § 276 BGB sondern eine Verletzung der Obliegenheiten, die ein Verletzter gegenüber sich selbst zu beachten hat. Entscheidender Aspekt des Falles: Man kann nicht verlangen, dass jemand permanent während der eigenen Abwesenheit die Wohnung überwacht. Der BGH selbst konnte den vorliegenden Fall nicht abschließend entscheiden, da Feststellungen fehlten, ob und inwieweit die unterlassenen Kontrollen mitursächlich für den eingetretenen Schaden waren. Die Sache wurde daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. „II.2. a) Die Vorschrift des § 254 BGB setzt voraus, dass bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Geschädigten mitgewirkt hat (§ 254 I BGB), oder er es schuldhaft unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern (§ 254 II 1 BGB). Dieses Verschulden bedeutet nicht die vorwerfbare Verletzung einer gegenüber einem anderen bestehenden Leistungspflicht, sondern ein Verschulden in eigener Angelegenheit. Es handelt sich um ein Verschulden gegen sich selbst, um die Verletzung einer im eigenen Interesse bestehenden Obliegenheit. Von der Verletzung einer Obliegenheit kann nur ausgegangen werden, wenn der Geschädigte unter Verstoß gegen Treu und Glauben diejenigen zumutbaren Maßnahmen unterlässt, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Mensch nach Lage der Dinge ergreifen würde, um Schaden von sich abzuwenden oder zu mindern. Welche Maßnahmen zur Verhinderung eines (erheblichen) Wasserschadens danach ein Eigentümer einer unbewohnten Wohnung bei einer längeren Abwesenheit zu treffen hat, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, zum Beispiel nach dem Alter des Anwesens und seiner Versorgungsleitungen, nach der Aufteilung der Wohneinheiten, nach der Umgebung des Hauses sowie nach der jeweiligen jahreszeitlichen Witterung. II.2. b) Nach diesen Maßstäben ist [es] rechtsfehlerhaft ohne nähere Begründung davon auszugehen, in einer unbewohnten Wohnung seien wöchentlich mehrmalige Kontrollen geboten. Damit [würden] die Anforderungen an die Schutz- und Obhutspflichten überspannt, die einem Eigentümer einer unbewohnten Wohnung bei einer längeren Abwesenheit obliegen. Nach den von dem Berufungsgericht verlangten Anforderungen wäre ein Wohnungsinhaber auch bei einer Dienstreise oder einem Kurzurlaub gehalten, für mehrfache Kontrollen in der Woche zur Abwendung eines Wasserschadens zu sorgen. Solche Maßnahmen sind weder üblich noch können sie von einem vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Menschen nach Treu und Glauben verlangt werden. Kontrollen im Hinblick auf die Abwendung eines Wasserschadens in einer unbewohnten Wohnung können nur in dem Maß verlangt werden, wie sie im Einzelfall dem Rechtsinhaber auch zumutbar sind.“ Jura Intensiv Vorliegend ist davon auszugehen, dass kein wirtschaftlich denkender Mensch in einem Zeitraum von drei Monaten Abwesenheit mehrfach Kontrollen in seiner Wohnung durchführen lassen würde. Damit steht fest, dass K zwischen März und Juni 2012 keine Kontrollen in der Wohnung vornehmen musste. Ein Mitverschulden der K an dem Wasserschaden ist daher zu verneinen. B. Ergebnis K kann von B Schadensersatz in Höhe von 32.000 € gem. §§ 634 Nr. 4, 280 I BGB verlangen. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 04/2018 Referendarteil: Zivilrecht 185 Speziell für Referendare Problem: Mietpreisbremse Einordnung: SchuldR BT, VerfassungsR, ZPO I AG Berlin-Neukölln, Urteil vom 11.10.2017 20 C 19/17 EINLEITUNG Seitdem von Berlinern die in anderen Großstädten schon lange üblichen Mieten gefordert werden, reagiert die Politik mit dem Instrument der „Mietpreisbremse“. Die große Koalition hat im Koalitionsvertrag jüngst ihre Verschärfung vereinbart. Mit etwas Zeitverzögerung befassen sich nun die Gerichte mit ihr und ihrer Verfassungsmäßigkeit. Letzteres trifft aufgrund eines Vorlagebeschlusses des LG Berlin nun sogar das Bundesverfassungsgericht. Anders sah dies, wie eine andere Kammer des LG Berlin, das AG Berlin- Neukölln, das sich darüber hinaus auch noch zu ihrer analogen Anwendbarkeit äußerte. TATBESTAND Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der vereinbarten Miete und eines von der Beklagten erhobenen Aufwandentgelts. Die Beklagte ist Vermieterin, die Kläger sind Mieter der Wohnung … in Berlin mit einer Wohnfläche von 58,08 m². Die Wohnung liegt im Mietspiegelfeld D2 des Berliner Mietspiegels 2017. Ursprünglich war die Wohnung an Frau (im Folgenden „Vormieterin“) zu einer Nettokaltmiete in Höhe von 508,00 € vermietet. Die Klägerin zu 1) war zunächst Untermieterin der Vormieterin und lebte zusammen mit Frau … in der Wohnung. Im Sommer 2016 teilte Frau … der Klägerin zu 1) mit, dass sie aus der Wohnung ausziehen wolle. Die Klägerin meldete sich daraufhin bei der Beklagten und teilte mit, dass sie zusammen mit dem Kläger zu 2) gerne Mieterin der Wohnung werden wolle. Die Beklagte erläuterte der Klägerin zu 1), dass der mit der Vormieterin bestehende Mietvertrag erst einmal gekündigt werden müsste, bevor ein neuer Mietvertrag abgeschlossen werden könne. Die Vormieterin kündigte das Mietverhältnis zum 30.11.2016 und die Beklagte bot der Klägerin zu 1) an, die Wohnung zu übernehmen und einen neuen Mietvertrag mit der Beklagten abzuschließen. Mehrere Wochen später änderte die Beklagte jedoch ihre Meinung und wollte nunmehr, dass die Kläger einen Änderungsvertrag mit der Vormieterin und der Beklagten unterzeichnen und dass der alte Mietvertrag bestehen bleibt. Jura Intensiv LEITSÄTZE 1. Die Regelungen der Mietpreisbremse gemäß § 556d BGB sind verfassungsgemäß; die Berliner Mietenbegrenzungsver-ordnung ist ebenfalls verfassungskonform und rechtswirksam. 2. Eine unmittelbare Anwendung des § 556d BGB scheidet (wie hier) aus, wenn eine Vereinbarung zwischen Vermieter, Vormieter und Mieter sich aufgrund ihrer rechtlichen Ausgestaltung nicht als Neuabschluss eines Mietvertrages darstellt, sondern es sich vielmehr um einen dreiseitigen Vertrag zwischen den Vorgenannten handelt, in dem ausdrücklich festgehalten ist, dass die Vormieter aus dem bestehenden Mietverhältnis austreten und die neuen Mieter mit allen Rechten und Pflichten in das bestehende Mietverhältnis unter gleichzeitiger Erhöhung der Nettokaltmiete eintreten. 3. Findet hier jedoch aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls analoge Anwendung, da die streitgegenständliche Fallkonstellation mit der Konstellation der Neuvermietung einer Wohnung im Wesentlichen vergleichbar ist und für die von dem Vermieter gewählte Vertragskonstruktion kein sachlicher Grund bestand. Am 30.11.2016 unterzeichneten die Kläger, die Beklagte und die Vormieterin daher eine von der Beklagten vorgelegte, als „Nachtrag 1“ bezeichnete Vereinbarung. In der Vereinbarung ist u.a. geregelt, dass die Vormieterin aus dem Mietvertrag ausscheidet und die Kläger in den Mietvertrag eintreten. In Ziffer 3 der Vereinbarung ist geregelt, dass sich Nettokaltmiete für die Wohnung auf 813,12 € erhöht. In Ziffer 6 der Vereinbarung ist geregelt, dass die Kläger wegen des Hauptmietvertragspartnerwechsels an die Beklagte ein Aufwandsentgelt in Höhe von 200,00 € zu zahlen haben. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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