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RA Digital - 04/2018

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190 Referendarteil:

190 Referendarteil: Zivilrecht RA 04/2018 Streitiges Parteivorbringen im Konjunktiv Präsens Hierbei handelt es sich nicht bloß um ein Bestreiten bzw. spiegelbildlichen Vortrag zum Klägervortrag, sondern um neuen, eigenen Vortrag, mit dem die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast (s. dazu unten) nachkommt. Für die Bestimmtheit des Feststellungsantrags kann auch die Klagebegründung herangezogen werden. Unerheblich für Bestimmtheit des Antrags, ob vorgetragene Tatsachen tatsächlich zutreffen. Dies ist eine Frage der Begründetheit! Anspruchsgrundlage ist hier der sehr seltene und hinsichtlich seiner Voraussetzungen besondere § 826 BGB. Zur Sittenwidrigkeit von Schmiergeldzahlungen: BGH, Urteil vom 14.12.1972, II ZR 141/71 sowie Urteil vom 16.01.2001, XI ZR 113/00 Ansprüche bestehen auch gegen den Geschäftspartner Definition der Schmiergeldzahlung Aus dem Strafrecht: Lackner/Kühl, StGB, § 299 StGB, Rn 4 u 5 Zum Vorteil: BGH, Urteil vom 11.4.2001, 3 StR 503/00 Die Beklagte behauptet, nicht von Dr. K, sondern von der C. selbst die Speditionsaufträge erhalten zu haben. Ein Teil der berechneten Beträge sei im Rahmen eines internen Clearingverfahrens für eine Gutschrift zugunsten der C vorgesehen gewesen, es habe sich um übliche Rabatte gehandelt. Die Niederlassung der Beklagten in Hongkong habe die Beträge auf ein Konto der C. überwiesen, für das Dr. K Vollmacht gehabt habe. Alles sei nach Vorgaben der Geschäftsführung der C geschehen. ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE Der zu Ziffer 2 gestellte Feststellungsantrag ist zulässig. Insbesondere genügt er entgegen dem Vorbringen der Beklagten dem Bestimmtheitserfordernis gem. § 253 II ZPO. II.1.b)bb) (2) Unter Heranziehung des Vorbringens der Klägerin zur Begründung dieses Feststellungsantrags ergibt sich, dass sie damit die Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten für die Differenz zwischen Bruttofrachtraten und Nettofrachtraten begehrt, die sie oder die C. als Vergütung für die Beförderung von Möbeln von Asien nach Europa an die Beklagte gezahlt hat und die diese in dem im Antrag angegebenen Zeitraum an Dr. K weitergeleitet hat. Unerheblich ist dabei, dass sich im Verlauf des Verfahrens ergeben hat, dass Dr. K entgegen der Formulierung des Antrags nicht Mitarbeiter der Klägerin oder der C. war, sondern vielmehr deren Lieferant. Dieser Umstand könnte allenfalls der Begründetheit des Antrags entgegenstehen. Für die Frage, ob der Feststellungsantrag dem Bestimmtheitsgebot genügt, ist er ohne Bedeutung. Die Klage ist allerdings hinsichtlich beider Anträge unbegründet. Der Klägerin steht zwar auf der Grundlage ihres Vortrags dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch gem. § 826 BGB zu. Jura Intensiv „II.2.b) aa) Nach § 826 BGB ist derjenige zum Schadensersatz verpflichtet, der einem anderen in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zufügt. II.2.b) bb) Vereinbarungen über die Zahlung eines Schmiergelds für die künftige Bevorzugung bei der Vergabe von Aufträgen, die Angestellte, Bevollmächtigte, Beauftragte oder sonstige Vertreter einer Partei heimlich mit dem anderen Vertragsteil treffen, verstoßen gegen die guten Sitten und sind gemäß § 138 I BGB nichtig. (...) Schadensersatzansprüche bestehen in diesen Fällen nicht nur gegenüber den bestochenen Mitarbeitern oder Beauftragten als unmittelbaren Zahlungsempfängern, sondern auch gegen den diese Zahlung tätigenden Geschäftspartner. Der Vorwurf einer Schmiergeldzahlung besteht im Anbieten, Versprechen oder Gewähren eines Vorteils an Angestellte, Bevollmächtigte, Beauftragte oder sonstige Vertreter des Auftraggebers, deren Gegenstand und Ziel die zukünftige unlautere Bevorzugung eines anderen bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen ist. Dies begründet die sogenannte Unrechtsvereinbarung. Unter dem vom Täter gewährten Vorteil ist jede Leistung zu verstehen, auf die der Empfänger keinen Rechtsanspruch hat und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder auch nur persönliche Lage objektiv verbessert. Der Begriff des Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 04/2018 Referendarteil: Zivilrecht 191 Beauftragten ist weit zu fassen. Beauftragter ist jeder, der auf Grund seiner Stellung berechtigt und verpflichtet ist, geschäftlich für den Betrieb zu handeln und Einfluss auf die im Rahmen des Betriebs zu treffenden Entscheidungen besitzt, ohne Angestellter oder Inhaber des Betriebs zu sein. Ob dem Verhältnis des Beauftragten zu dem jeweiligen geschäftlichen Betrieb eine Rechtsbeziehung zu Grunde liegt oder dieser lediglich durch seine faktische Stellung im oder zum Betrieb in der Lage ist, Einfluss auf geschäftliche Entscheidungen auszuüben, ist unerheblich. Für die Annahme der Sittenwidrigkeit einer Schmiergeldzahlung ist es regelmäßig gleichgültig, ob Nachteile für den Geschäftsgegner entstanden sind oder beabsichtigt waren, da bereits die Verheimlichung der Zuwendung den Sittenverstoß begründet . Die für eine zu ihren Lasten zwischen der Beklagten und Dr. K vereinbarte Schmiergeldabrede darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat ihrer Darlegungslast genügt. „II.2.b) cc) Der Kläger, der die Existenz einer ihn in sittenwidriger Weise schädigenden Schmiergeldabrede behauptet und deshalb einen Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB geltend macht, trägt grundsätzlich die volle Darlegungs- und Beweislast für alle Anspruchsvoraussetzungen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich in Fällen dieser Art nur ausnahmsweise eine ausdrückliche Verabredung der Beteiligten oder eine ausdrückliche Zusage zur Zahlung von Schmiergeldern feststellen lassen wird. Schmiergeldzahlungen können ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie geheim bleiben. Die an einer Schmiergeldabrede Beteiligten machen sich strafbar und riskieren im Falle ihrer Offenlegung eine Strafverfolgung. Der Kläger, der Ansprüche wegen einer behaupteten Schmiergeldabrede geltend macht, genügt seiner Darlegungslast daher, wenn er ausreichende Anhaltspunkte dafür vorträgt, dass eine derartige Vereinbarung getroffen worden ist.“ Die Klägerin hat insofern behauptet, der hierfür bevollmächtigte Dr. K habe ohne ihr Wissen und ohne ihre Zustimmung mit der Beklagten eine Erhöhung der eigentlich geschuldeten Frachtvergütung vereinbart und die Beklagte habe die Differenz zwischen der jeweiligen Nettofrachtrate und der jeweiligen Bruttofrachtrate von mindestens 1.886.200 € an Dr. K. ausgezahlt. Daraus ergeben sich ausreichende Anhaltspunkte, dass die Beklagte den Differenzbetrag an Dr. K. ausgezahlt hat, um diesen zu veranlassen, ihr weiterhin Frachtaufträge der Klägerin und der C. zu erteilen. Jura Intensiv Die Beklagte trägt eine sekundäre Darlegungslast für ihre Behauptung, eine solche Schmiergeldabrede habe nicht vorgelegen. „II.2.b)dd) (2) Die Annahme einer sekundären Darlegungslast setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass die nähere Darlegung dem Behauptenden nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen. Genügt der Anspruchsgegner seiner sekundären Darlegungslast, ist es Sache des Anspruchstellers, die für seine Behauptung sprechenden Umstände darzulegen und zu beweisen. Genügt der Anspruchsgegner seiner sekundären Darlegungslast nicht, gilt die Behauptung des Anspruchstellers dagegen nach § 138 III als zugestanden. In diesem Fall muss der Anspruchsteller seine Behauptung nicht beweisen.“ Definition des Beauftragten Hier war problematisch, ob Dr. K Beauftragter der Klägerin war. Siehe zu diesem Problem auch BGH, Urteil vom 13.05.1952, 1 StR 670/51 und vom 29.3.2012, GSSt 2/11. Es genügt die faktische Einflussmöglichkeit, es muss weder eine Vollmacht noch eine Stellung als Angestellter vorhanden sein. Bereits die Verheimlichung der Zuwendung begründet den Sittenverstoß, Palandt/Ellenberger, BGB, § 138 BGB, Rn 63. Wer eine Schmiergeldabrede behauptet, hat diese auch darzulegen und zu beweisen, BGH, Urteil vom 30.05.2000, IX ZR 121/99 und Münch.Komm./Wagner, BGB, § 826 BGB, Rn 51. Beweisprobleme Es genügt der Vortrag ausreichender Anhaltspunkte für eine solche Vereinbarung, BGH, Urteil vom 13.07.2004, V ZR 136/03. Die von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen lassen den Schluss auf eine weitere Haupttatsache zu. Sekundäre Beweislast der Beklagten Schulmäßige Ausführungen des BGH zu den Voraussetzungen einer sekundären Darlegungslast Primär ist es eine Frage, wer wozu Angaben machen kann. Sehr praxisrelevant! Grundlegend: BGH, Urteil vom 07.03.1987, VI ZR 282/85 und Urteil vom 04.12.2012, VI ZR 381/11. Zum Zugestehen i.S.d. 138 III ZPO: BGH, Urteil vom 19.02.2014, I ZR 230/12. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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