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RA Digital - 04/2020

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RA 04/2020 Editorial EDITORIAL Maak mij niet doot, dokter! Liebe Leserinnen und Leser, schade, dass Andreas Kuhlmann nicht mehr lebt. Mit ihm, eine Zeit lang mein Nachbar, hätte ich zu gerne über das Urteil des Bundesverfassungsgerichts diskutiert, das wir Ihnen, liebe Leserinnen und Leser der RA, auf Seite 197 vorstellen. Andreas liebte die Musik über alles und wäre gerne Dirigent geworden, doch seine spastische Lähmung sperrte seinen Geist in ein Gefängnis aus Schmerzen und Beschränkung. Wenige Menschen haben sich differenzierter zur Problematik der Sterbehilfe geäußert, wenige Menschen sich in Büchern und Aufsätzen mit solcher Klarheit zu Sterbehilfe, zu Behinderten und ihrer Wahrnehmung durch die Gesellschaft, zur Medizin und ihren Kritikern geäußert. Einen Tag vor seinem Tod begegnete ich dem Schwerkranken noch auf der Straße, sein Gesicht müde vom täglichen Kampf um simple Dinge und Fertigkeiten, die für Gesunde so selbstverständlich sind, dass sie sie nicht einmal bemerken. Knapp 10 Jahre später sind seine Gedanken zur Sterbehilfe aktueller denn je. Wer sie gelesen hat, liest das Urteil des Bundesverfassungsgerichts mit nicht nur fachlichem Interesse. Es gibt, wenn es um Sterbehilfe geht, weder einen Stein der Weisen, noch ein Patentrezept. Das für Sie, liebe Leserinnen und Leser, äußerst examensrelevante Urteil wird für unser aller Leben Konsequenzen haben. Das Recht auf selbstbestimmtes Sterben erstreckt sich auch auf die Entscheidung des Einzelnen, sein Leben eigenhändig zu beenden. Was aber gilt, wenn jemand aus gesundheitlichen Gründen hierzu nicht mehr in der Lage ist und Hilfe braucht? Fachkundige Hilfe wohlgemerkt. Mit § 217 StGB hatte der Gesetzgeber die geschäftsmäßige Sterbehilfe verboten, um ein Dienstleistungsangebot zu verhindern, das Menschen zum Suizid verleiten könnte. Es sollte einem auf Alte und Kranke zielenden Erwartungsdruck vorgebeugt werden, weil man befürchtete, erlaubte Angebote zur Sterbehilfe könnten eine Normalität suggerieren, durch die sich Alte und Kranke am Ende zum Suizid gedrängt fühlen könnten. Das Bundesverfassungsgericht erkennt diese Sogwirkung, welche Angebote zur Sterbehilfe auf fragile Persönlichkeiten haben können, beurteilt § 217 StGB aber dennoch als Rechtsnorm, welche die autonome Willensentscheidung nicht mehr schützt, sondern unmöglich macht. Aus Angst sich strafbar zu machen, leistet faktisch niemand in Deutschland Sterbehilfe. § 217 StGB ist also nun verfassungswidrig. Was aber wird jetzt für eine Regelung kommen? Die Konflikte bestehen ja fort. In den Niederlanden ließ man professionelle Sterbehilfe bereits vor Jahren zu. Gedacht war sie für Schwerstkranke, etwa Krebspatienten, die an ihrem Leid verzweifeln. Aktuell wird die Dienstleistung dort auch von Alten in Anspruch genommen, die an multiplen Alterserkrankungen leiden, etwa inkontinent sowie taub sind und sich dazu nicht bewegen können. 2017 bekamen 166 Demenzkranke Sterbehilfe. „Maak mij niet doot, dokter!“, so ging es durch die Presse, schreiben vorsichtige Niederländer auf einen Notizzettel, den sie im Portemonnaie mit sich führen, um Irrtümer des Sterbehelfers auszuschließen. Wird Sterbehilfe bei uns zur Normalität, wird die Gesellschaft Fragen nach dem Wert von Alten und Kranken stellen. Sind die Befürchtungen, die den Gesetzgeber bei der Fassung des § 217 StGB leiteten, wirklich zu weit hergeholt? © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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