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RA Digital - 04/2021

Die Ausbildungszeitschrift von Jura Intensiv.

196 Nebengebiete

196 Nebengebiete RA 04/2021 Soweit die Einlage erbracht wurde, ist die persönliche Haftung ausgeschlossen; hieran ändert sich natürlich nichts. 16. Ein weiterer – vor allem für die Praxis wichtiger – Teil der Reform ist das sog. Beschlussmängelrecht, welches völlig neu geregelt werden soll. FAZIT Natürlich werden sich auch bei den neuen Regelungen Probleme einstellen, die in den Prüfungen auftauchen werden. Und auch wenn es nicht schön ist, z.B. zwischen beiden Examina „umlernen“ zu müssen, so sollte man doch hoffen, dass die jetzt absehbare Reform noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet wird. Derzeit müssen alle Prüflinge quasi „gegen das BGB“ anlernen. Die §§ 705 ff. BGB enthalten aktuell viele Regelungen, die mit der allgemein anerkannten Rechtsfähigkeit der GbR nicht mehr kompatibel sind und deswegen eine stete Fehlerquelle darstellen. Dieses Problem wird behoben werden. Weiterhin werden Regelungen an Stellen geschaffen, wo man bisher auch gesetzliche Lücken durch Lernleistungen schließen musste. Als Beispiel sei nur die Gründung der rechtsfähigen GbR / OHG genannt. Bisher ist in § 123 II HGB nicht geregelt, dass die Gesellschaft durch tatsächlichen Geschäftsbeginn nur dann als Außengesellschaft (also als rechtsfähige Gesellschaft) entsteht, wenn alle Gesellschafter dem zugestimmt haben. Dies muss gelernt und in der Klausur begründet werden. Künftig wird dies explizit geregelt. Es besteht also die begründete Hoffnung, dass das Recht der Personengesellschaften künftig deutlich klarer und systematischer – und damit für Prüflinge auch leichter – geregelt sein wird. Jura Intensiv © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

IMMER INFORMIERT Aktuelles aus den Bundesländern Übersicht zum VersFG BE 2021 AKTUALISIERUNG FÜR BERLIN Liebe Leserinnen und Leser der RA, zum Herausnehmen das Abgeordnetenhaus von Berlin hat am 11.2.2021 das Gesetz über die Versammlungsfreiheit im Land Berlin (VersFG BE) beschlossen, das am 28.2.2021 in Kraft getreten ist (vgl. Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin Heft Nr. 16/2021 vom 27.2.2021, S. 180 ff.). Es beruht auf einem Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen (AbgH-Drs. 18/2764). Das VersFG BE löst das Versammlungsgesetz des Bundes ab, das aus Sicht des Landesgesetzgebers den geänderten Anforderungen an ein Versammlungsgesetz nicht mehr hinreichend gerecht wird und in einigen Bereichen lückenhaft sei (AbgH-Drs. 18/2764, S. 20). Weiterhin wollte der Landesgesetzgeber die umfangreiche Rechtsprechung des BVerfG im Gesetzestext sichtbar machen (AbgH-Drs. 18/2764, S. 20). Das VersFG ist abrufbar unter: www.berlin.de/sen/justiz/service/gesetze-und-verordnungen/2021/ Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird der Gesetzestext nachfolgend nicht vollständig wiedergegeben, sondern es werden die examensrelevanten Vorschriften des VersFG BE kurz erläutert: § 1 Versammlungsfreiheit Die Vorschrift wiederholt den Art. 8 I GG, dehnt den Schutz aber über Deutsche hinaus auf jede Person aus, wie dies bisher auch schon in § 1 I VersammlG des Bundes der Fall war. § 2 Begriff der öffentlichen Versammlung, Anwendungsbereich § 2 I 1 VersFG BE definiert den Begriff der Versammlung im Einklang mit der Rechtsprechung des BVerfG, d.h. maßgeblich ist der sog. enge Versammlungsbegriff, der eine Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung verlangt. Bei sog. gemischten Veranstaltungen, die auch andere (z.B. unterhaltende Elemente) enthalten, kommt es darauf an, wo der Schwerpunkt der Veranstaltung liegt. In Zweifelsfällen soll aber von einer Versammlung ausgegangen werden (AbgH-Drs. 18/2764, S. 22). Nicht erfasst werden hingegen nach dem Willen des Gesetzgebers virtuelle Zusammenkünfte im Internet (z.B. in Chatrooms) (AbgH-Drs. 18/2764, S. 23). § 2 I 2 VersFG BE definiert den Begriff „Aufzug“, § 2 II VersFG BE erklärt, wann eine Versammlung öffentlich ist. Beide Definitionen normieren lediglich das schon bisher in der Rechtsprechung existierende Begriffsverständnis. Von großer Bedeutung ist demgegenüber § 2 III VersFG BE, wonach das VersFG BE sowohl für öffentliche wie auch für nichtöffentliche Versammlungen gilt, soweit im VersFG BE nicht ausdrücklich etwas anderes angeordnet ist (z.B. finden §§ 13, 21 VersFG BE nur auf öffentliche Versammlungen Anwendung). Gerade bei der examensrelevanten Ermächtigungsgrundlage des § 22 VersFG BE erledigt sich damit die bisher strittige Frage, ob die Norm auf nichtöffentliche Versammlungen analog anzuwenden ist. Der Gesetzgeber stellt in der Gesetzbegründung weiterhin klar, dass eine Versammlung öffentlich ist, wenn sie die räumlich angrenzende Öffentlichkeit in ihren kommunikativen Prozess einbezieht, etwa durch Lautsprecher- und Videoübertragung (AbgH-Drs. 18/2764, S. 23). Gleiches soll gelten, wenn zu einer Versammlung zwar nur Mitglieder einer Vereinigung eingeladen werden, die Versammlung aber auf öffentlichen Straßen stattfindet, um gegenüber der Öffentlichkeit eine Meinung kundzutun (AbgH-Drs. 18/2764, S. 23). Jura Intensiv §§ 3, 4 Schutz- und Gewährleistungsaufgabe, Deeskalationsgebot, Kooperation Hier werden Vorgaben des BVerfG normiert. Die beiden Vorschriften zeigen deutlich, dass das VersFG BE – wie es der Gesetzesname vorgibt – das primäre Ziel verfolgt, die Versammlungsfreiheit zu schützen und Versammlungen zu ermöglichen. § 6 Versammlungsleitung § 6 III VersFG BE will den (Ausnahme-)Fall einer veranstalterlosen Versammlung erfassen, etwa bei nicht organisierten Flash-Mobs oder Spontanversammlungen (vgl. dazu § 12 VII VersFG BE), die sich erst im Laufe der Versammlung organisatorisch strukturieren (AbgH-Drs. 18/2764, S. 29). Mit § 6 IV VersFG BE trägt der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung, dass nichtöffentliche Versammlungen wegen ihrer oftmals geringen Größe oder öffentlichen Wirkung nicht unbedingt einer Versammlungsleitung bedürfen, die über entsprechende Befugnisse verfügt, z.B. privater, informell tagender politischer Diskussionskreis (AbgH-Drs. 18/2764, S. 29).

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