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RA Digital - 04/2023

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184 Referendarteil:

184 Referendarteil: Zivilrecht RA 04/2023 BGH, Urteil vom 16.09.2021, IX ZR 165/19 Abarbeiten des letzten Arguments der B: Treuwidrigkeit des Regresses nach Deckungszusage! Ohne es zu nennen schließt sich hieraus ebenfalls, dass ein Mitverschulden des Rechtschutzversicherers gem. § 254 BGB nicht besteht, wenn dieser nach Kenntnis der Sach- und Rechtslage (?) die Deckungszusage nach Prüfung erteilt. BGH, Urteil vom 16.09.2021, IX ZR 165/19 sprechenden Anscheinsbeweis nicht hindern. Die Annahme der Aussichtslosigkeit unterliegt zwar hohen Anforderungen, ist aber in Betracht zu ziehen, wenn die streitentscheidenden Rechtsfragen höchstrichterlich abschließend geklärt sind (BGH (…)). Der Regress der K ist auch entgegen der Rechtsauffassung der B nicht treuwidrig. [66] (…) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Rechtsverfolgung der Klägerin insbesondere nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Schadensabwicklungsunternehmen der Klägerin die Deckungsanfragen der Beklagten geprüft und die zur Begründung der Schadensersatzansprüche geltend gemachte Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung selbst hätte erkennen können. Die Klägerin ist aus dem Versicherungsverhältnis gegenüber den Versicherungsnehmern berechtigt und verpflichtet. Gegenüber den Beklagten treffen sie keine Pflichten. Nach den Versicherungsbedingungen kann der Rechtsschutzversicherer die Deckung in bestimmten Fällen ablehnen, wenn nach seiner Auffassung die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Verpflichtet ist er hierzu nach dem Wortlaut der Bedingungen nicht. Erst recht besteht keine Pflicht zur Ablehnung des Rechtsschutzes gegenüber dem Rechtsanwalt des Versicherungsnehmers. Auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben ist die Klägerin daher nicht gehalten, die Prüfung des bedingungsgemäßen Versicherungsfalls zur Vermeidung einer Haftung des Rechtsanwalts einzusetzen. Es obliegt allein dem Rechtsanwalt, seine Tätigkeit so auszurichten, dass der Mandant nicht geschädigt wird. Der gesetzliche Forderungsübergang nach § 86 VVG ändert daran nichts.“ (BGH (…)) Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I 1, 709 ZPO. FAZIT Das Gericht führt sehr ausführlich aus, welche Beratungs- und Aufklärungspflichten den Rechtsanwalt treffen. Dies ist grundsätzlich zutreffend. Vorsicht ist geboten bei der Ausführung: Jura Intensiv „[33] (…) Vielmehr kann der Rechtsanwalt nach den gegebenen Umständen gehalten sein, von der beabsichtigten Rechtsverfolgung ausdrücklich abzuraten. (…).“. Hier kann die Haftungsfalle umgekehrt „zuschnappen“. Möglicherweise wird dem Anwalt nämlich vorgeworfen, von einer Rechtsverfolgung abgeraten zu haben, obwohl Chancen auf Erfolg – auch wenn diese sehr gering gewesen sein mochten – bestanden. Der Fall, von einer Rechtsverfolgung abzuraten, besteht meines Erachtens nur dann, wenn unter keinem Gesichtspunkt Aussicht auf Erfolg besteht. Hier ist also ebenfalls Vorsicht geboten. In der Praxis bietet es sich in besonderen Fällen durchaus an, die Belehrung über die Risiken schriftlich zu fixieren. Dies hebt auch der BGH hervor: [56] (…) Die Annahme der Aussichtslosigkeit unterliegt zwar hohen Anforderungen, ist aber in Betracht zu ziehen, wenn die streitentscheidenden Rechtsfragen höchstrichterlich abschließend geklärt sind. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 04/2023 Referendarteil: Zivilrecht 185 Problem: Unterhaltungskosten aufgrund wechselseitiger Grunddienstbarkeiten Einordnung: Sachenrecht BGH, Urteil vom 27.01.2023 V ZR 261/21 EINLEITUNG Im vorliegenden Fall haben zwei benachbarte Eigentümer eine gemeinsame Tiefgarage errichtet, welche sich auf beide Grundstücke erstreckt. Sowohl die Schaffung und Nutzung sollten rechtssicher – also dinglich – gestaltet werden als auch die Kostentragung für die Instandhaltung. Es kam wie es kommen musste: Nur ein Eigentümer hat die Instandhaltung bezahlt und verlangt nun von seinem Nachbar Ersatz. TATBESTAND Die Klägerin (K) ist eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). Zu der Wohnungseigentumsanlage gehören Tiefgaragenstellplätze. Die Tiefgarage befindet sich nicht ausschließlich auf dem Gemeinschaftsgrundstück, sondern erstreckt sich auf weitere Grundstücke, unter anderem auf das des Beklagten (B). Es gibt eine zentrale und gemeinschaftliche Ein- und Ausfahrt, wobei sich auf dem Gemeinschaftsgrundstück und auf dem Grundstück des B 20 Tiefgaragenstellplätze befinden. Errichtet wurde die Tiefgarage in den Jahren 1995/1996 auf der Grundlage einer notariellen Urkunde vom (…). Hierin bewilligten die Eigentümer der Grundstücke, auf der die Tiefgarage errichtet werden sollte, wechselseitige Grunddienstbarkeiten. Diese räumen dem jeweiligen Eigentümer des berechtigten Grundstücks das Recht ein, an das auf dem belasteten Grundstück befindliche Tiefgaragengebäude anzuschließen bzw. auf dem berechtigten Grundstück und auf dem belasteten Grundstück eine gemeinsame Tiefgarage zu errichten, zu belassen und zu unterhalten. Der jeweilige Eigentümer wurde berechtigt, die auf dem belasteten Grundstück befindlichen Zu- und Abfahrtswege sowie die Fahrbahn innerhalb der Tiefgarage zum Gehen und Fahren ebenso mitzubenutzen wie die auf dem belasteten Grundstück befindlichen Technikräume bzw. Anlagen, Be- und Entlüftungsräume und -anlagen, Sprinklerbecken und -anlagen, Maschinenräume und -anlagen, Treppenhäuser, Flure, Ausgänge sowie die sonstigen in der Tiefgarage befindlichen Gemeinschaftsräume und - anlagen. Zu den Kosten der Unterhaltung der Tiefgarage wurde festgehalten, dass diese von den Eigentümern der berechtigten Grundstücke und von dem Eigentümer des belasteten Grundstücks im Verhältnis der angeschlossenen Tiefgaragenplätze getragen werden. Die Grunddienstbarkeiten sowie die in der Urkunde zusätzlich bestellten wechselseitigen Reallasten wurden jeweils in das Grundbuch eingetragen. Die Abrede zur Kostentragung enthält der Eintragungsvermerk nicht. Nachdem in der Tiefgarage Abdichtungsprobleme aufgetreten waren und Sachmängelansprüche gegen das Unternehmen, das die Tiefgarage errichtet hatte, wegen dessen Insolvenz nicht durchgesetzt werden konnten, beauftragte K ein Ingenieurbüro mit der Sanierungskonzeption. Auf deren Grundlage ließ sie die Instandsetzungsarbeiten durchführen. Bei dem Hauptsachebetrag handelt es sich um – auf der Grundlage von 20 Tiefgaragenplätzen berechnete – anteilige Aufwendungen der K für Verwaltungs- und Sanierungskosten in den Jahren 2012 bis 2014. Jura Intensiv LEITSÄTZE 1. Wenn sich eine Anlage auf zwei Grundstücke erstrecken soll und beide Eigentümer zur Nutzung der Anlage (auch) auf dem jeweils anderen Grundstück berechtigt sein sollen, können wechselseitige Grunddienstbarkeiten bestellt werden; die Grundstücke sind dann zugleich herrschendes und dienendes Grundstück. 2. Auch in diesem Fall ist es möglich, die Unterhaltungskosten der Anlage gemäß § 1021 I BGB unter den beteiligten Eigentümern durch eine dinglich wirkende Vereinbarung nach einer bestimmten Quote zu verteilen. 3. Damit einer Vereinbarung i.S.d. § 1021 I BGB dingliche Wirkung zukommt und die Wirkungen einer Reallast gemäß § 1021 II i.V.m. §§ 1107 f. BGB eintreten können, muss (auch) die Vereinbarung in das Grundbuch eingetragen werden. 4. Da es sich bei der Vereinbarung um den Inhalt der Grunddienstbarkeit handelt, muss die Vereinbarung allerdings nicht selbst in den Eintragungsvermerk aufgenommen werden. Vielmehr genügt es, wenn insoweit nach § 874 BGB auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen wird. Das Unstreitige wird im Indikativ Imperfekt dargestellt. Ausnahmen – insbesondere hier – sind Umstände, die sich auf die Gegenwart beziehen. In der Originalentscheidung ist es streitig, ob die Kosten in der Höhe „erforderlich“ waren. Daher erfolgte die Zurückverweisung an das OLG. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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