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RA Digital - 04/2023

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206 Öffentliches Recht

206 Öffentliches Recht RA 04/2023 Erforderlichkeit (-) Differenzierung Neutralitätspflicht •• Richtigkeits- bzw. Sachlichkeitsgebot (vgl. zu dieser Unterscheidung BVerwG, Urteil vom 13.09.2017, 10 C 6.16, RA 01/2018, 29). VG Düsseldorf, Urteil vom 06.06.2019, 18 K 16606/17, RA 10/2019, 537 tatsächlich zum Zünden sogenannter bengalischer Feuer im Gäste- Fanblock gekommen ist, da diese Tatsache zum Zeitpunkt des Tweets noch nicht bekannt sein konnte. Einem zwingenden Rückschluss von der […] Einschätzung des „Schmuggels“ von Feuerwerkskörpern steht zudem entgegen, dass […] unmittelbar vor Durchführung der Kontrollen ein Anführer einer Fangruppierung der Gästemannschaft […] per Megaphon bekanntgegeben hat, dass für jedes Mitglied der Fangruppe ein Regencape zur Verfügung stehe; diese sollten, so die Ansage, von allen Gruppenmitgliedern angezogen werden, um im Stadion eine „weiße Wand“ darzustellen, was „mit einer großen Anzahl blauer Fahnen ein herrliches Bild abgeben“ werde. […] Anhand dieser Feststellungen ergibt sich ein gänzlich anderer kausaler Zusammenhang für das Anziehen der Regencapes. Dass diese Aussagen lediglich getroffen worden sind, um die tatsächliche Absicht zu verschleiern, hat der Beklagte nicht ausreichend belegt. Dies folgt insbesondere nicht schon daraus, dass nach dem Vortrag des Beklagten derartige Choreographien bei dem Heimverein anzumelden sind und einem präventiven Genehmigungsvorbehalt unterliegen, eine Anmeldung hier aber nicht erfolgt sei. Unabhängig von der Frage, woraus sich eine rechtlich bindende Verpflichtung zum Anmelden einer Choreographie ergeben soll […] stellt allein der Verstoß gegen eine zivilrechtliche Bindung jedenfalls in diesem Kontext noch kein hinreichendes Indiz für eine Verschleierungsabsicht dar, wenn damit zugleich vorausgesetzt wird, dass das eigentlich bezweckte Handeln - das Abbrennen von Pyrotechnik - ebenfalls gegen geltendes Recht verstößt. […] Unabhängig davon wäre das Ziel dieser polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit, nämlich die Information von mehreren Hundert Fans, die noch auf dem Weg zum Station waren, über den Grund der Verzögerung auch ohne diese innere Tatsache möglich gewesen. […]“ 2. Ergebnis Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist nicht gerechtfertigt, sodass die Klägerin durch die Veröffentlichung des Tweets in ihrem Grundrecht aus Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG verletzt ist. Jura Intensiv FAZIT Das Urteil sollte zum Anlass genommen werden, die grundrechtliche Eingriffsdogmatik und die sich daraus ergebenden Folgerungen für den Gesetzesvorbehalt zu wiederholen. Ferner ist folgende Differenzierung wichtig: Bezieht sich eine staatliche Äußerung oder Information auf eine Partei, gilt eine strikte Neutralitätspflicht, betrifft die Äußerung oder Information hingegen eine andere Vereinigung oder eine Einzelperson, ist das vom OVG geprüfte, weniger strenge Richtigkeits- bzw Sachlichkeitsgebot zu beachten. Der bessere Schutz der Parteien folgt aus der Wertung des Art. 21 I GG. Die Entscheidung zeigt zudem exemplarisch, dass die Annahme eines mittelbar-faktischen Grundrechtseingriffs eine ganz genaue Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt verlangt. Die Vorinstanz hatte die Sache übrigens noch anders gesehen und die Klage abgewiesen, sodass in einer Klausur ohne Weiteres eine von der Rechtsauffassung des OVG abweichende Ansicht vertreten werden kann. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 04/2023 Referendarteil: Öffentliches Recht 207 Speziell für Referendare Problem: Aufstellen eines zerstörten Panzers vor der russischen Botschaft Einordnung: Straßenverkehrsrecht / Straßenrecht VG Berlin, Beschluss vom 11.10.2022 1 L 304/22 EINLEITUNG Der als Mahnmal und Anklage vor der russischen Botschaft in Berlin aufgestellte zerstörte Panzer hat ein erhebliches öffentliches Interesse hervor- und auch die Justiz auf den Plan gerufen. Die für die Aufstellung erforderliche Genehmigung war der Antragstellerin nämlich vom Land Berlin verweigert worden, sodass sie sich an das VG Berlin wandte, um die Genehmigungserteilung im Eilrechtsschutz zu erstreiten. [Anm.: Im 2. Examen sind die ÖR-Klausuren regelmäßig weitgehend identisch mit Originalentscheidungen. Daher werden die Entscheidungen in der RA möglichst umfassend abgedruckt, auch um auf typische Formulierungen in der Praxis hinzuweisen.] GRÜNDE I. „Die Antragstellerin begeht die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis. Sie ist ein Verein, der bereits mehrfach Veranstaltungen und Ausstellungen mit historischem Bezug in Berlin, insbesondere auf der Straße Unter den Linden, abgehalten hat. Am 27. Juni 2022 beantragte sie beim Bezirksamt Mitte von Berlin „Unter den Linden auf der Mittelpromenade gegenüber der russischen Botschaft einen in der Ukraine zerschossenen russischen Panzer oder eine Panzerhaubitze oder zwei bis drei kleinere, ähnliche Objekte zusammen mit einer Ausstellung temporär“ auszustellen. […] Bei der Straße Unter den Linden im Bereich der Botschaft der Russischen Föderation handelt es sich um eine Ortsdurchfahrt der Bundesstraße 2. Diese wird hier durch die Schadowstraße gekreuzt, wodurch die Mittelpromenade unterbrochen wird. Dieses Teilstück der Schadowstraße ist derzeit durch den Zentralen Objektschutz der Polizei für den Verkehr gesperrt. Der Mittelstreifen Unter den Linden ist als Bestandteil des Denkmalbereichs Dorotheenstadt in der Denkmalliste Berlin eingetragen. Am 28. Juni 2022 reichte die Antragstellerin das Formblatt „Antrag auf Ausnahmegenehmigung für Kunst und Kultur im Stadtraum“ beim Antragsgegner ein. Mit E-Mail vom 21. Juli 2022 bestätigte der Antragsgegner den Eingang des Antrags und teilte mit, dass dieser geprüft werde und eine Entscheidung noch weitere Zeit in Anspruch nehme. Am gleichen Tag konkretisierte die Antragstellerin ihren Antrag per E-Mail dahingehend, dass die geplante Ausstellung zwei Wochen dauern soll. […] Mit E-Mail vom 2. August 2022 teilte die Antragstellerin dem Antragsgegner mit, dass nun lediglich die Ausstellung eines einzigen Fahrzeugwracks beabsichtigt sei. Dabei wies sie […] auf das Teilstück der Schadowstraße als möglichen Aufstellungsort hin. Jura Intensiv LEITSÄTZE (DER REDAKTION) 1. Bei ihrer Ermessensentscheidung nach § 46 I Nr. 8 StVO hat die Straßenverkehrsbehörde dem mit § 32 I StVO verfolgten öffentlichen Interesse (Schutz des Straßenverkehrs vor verkehrsfremden Eingriffen) die besonderen Belange der von dem Verbot Betroffenen unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegenüberzustellen. 2. § 8 VI FStrG normiert eine Zuständigkeitskonzentration. Deshalb sind straßenrechtliche Gesichtspunkte wie der Schutz der Straßensubstanz oder Aspekte des Denkmalschutzes im Rahmen einer Genehmigungserteilung nach der StVO zu berücksichtigen. Keine Rolle spielen hingegen eine mögliche Verletzung des Pietätsgefühls oder die Beeinträchtigung außenpolitischer Belange der Bundesrepublik Deutschland, weil ihnen der notwendige Bezug zum Straßen- und Straßenverkehrsrecht fehlt. Ein Einleitungssatz ist in der Praxis üblich, aber nicht erforderlich wenn im Rubrum eine Zusammenfassung des Streitgegenstandes erfolgt. Geschichtserzählung / Unstreitiges / feststehender Sachverhalt: Grds. Indikativ Imperfekt. Ausn.: Vorgänge / Zustände reichen bis in die Gegenwart (sog. IST- Zustände), dann Indikativ Präsens. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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