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RA Digital - 05/2018

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236 Zivilrecht

236 Zivilrecht RA 05/2018 FAZIT Gem. §§ 1020 S. 1, 1090 II BGB hat der Berechtigte bei der Ausübung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten das Interesse des Eigentümers des belasteten Grundstücks tunlichst zu schonen. Verstößt er gegen diese Pflicht durch eine sog. Übermaßnutzung, stellt dies eine Eigentumsbeeinträchtigung gem. § 1004 I BGB dar. Das Verbot der Übermaßnutzung nach §§ 1020 S. 1 1090 II BGB gilt auch für Personen, die ihr Besitzrecht vom Dienstbarkeitsberechtigten ableiten, etwa für Mieter oder Pächter. Inwieweit der Berechtigte im Interesse des Verpflichteten auf eine für ihn nachteilige Form der Ausübung verwiesen werden kann, ist durch eine umfassende Gewichtung und Abwägung der Interessen aufgrund einer Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls zu klären. Im Ausgangspunkt sind dabei das Interesse des Grundstückseigentümers an der ungehinderten Nutzung seines Grundstücks und das Interesse des Begünstigten an der sachgemäßen Ausübung seines Rechts gegeneinander abzuwägen. Bei der Abwägung ist zu berücksichtigen, dass die Dienstbarkeit als Grundstücksbelastung grds. Vorrang vor dem Eigentum hat. Daraus ergibt sich, dass der Berechtigte wesentliche Erschwerungen seiner Ausübungsbefugnisse nicht hinzunehmen braucht. Vorliegend stellte der BGH vor allem auf drei Aspekte ab. Erstens sei die Ansammlung der Vögel auf den Leitungen keine Konsequenz aus einer Betriebsgefahr, die der Netzbetreiber abwenden müsse, sondern ein natürliches Phänomen. Zweitens müsse der Nutzer des unter den liegenden Leitungen damit rechnen und sei selbst verantwortlich für die vermehrten Aufwendungen. Drittens sei der Berechtigte stets in Gefahr, dass seine Maßnahmen aufgrund einer von ihm nicht beeinflussbaren Umnutzung des Grundstücks verpuffen. Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 05/2018 Zivilrecht 237 Problem: Kaufpreisanspruch des eBay-Verkäufers bei unberechtigter Lossagung des Käufers Einordnung: Schuldrecht LG Saarbrücken, Urteil vom 16.03.2018 10 S 41/17 EINLEITUNG Ist ein Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 I bis III BGB nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit ein, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, so behält der Schuldner gem. § 326 II 1 BGB den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muss sich gem. § 326 II 2 BGB jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er anderweitig zu erwerben böswillig unterlässt. Dies setzt voraus, dass er eine andere ihm zumutbare Verdienstmöglichkeit hat und gleichwohl in Kenntnis sämtlicher Umstände und der schädlichen Folgen für den Gläubiger vorsätzlich untätig bleibt. Eine Absicht zur Schädigung des Gläubigers ist hingegen nicht erforderlich. SACHVERHALT Der Beklagte (B) erwirbt am 23.02.2016 über das Verkaufsportal eBay vom Kläger (K) im Wege des Sofortkaufs einen Flügel zum Preis von 2.300 €. Der Kaufgegenstand war lediglich mit einem Foto und der Angabe „Bechstein“ konkretisiert. Mit E-Mail vom 24.02.2016 erklärt B, er habe sich getäuscht und trete vom Kauf zurück. Eine Abholung des Flügels erfolgt trotz Ankündigung eines Notverkaufs nicht. K veräußert den Flügel daher mit Kaufvertrag vom 03.03.2016 zu einem Kaufpreis von 800,- € an Z. Am 08.03.2016 verkauft K den Flügel für Z erneut über sein Konto bei eBay zu einem Preis von 2.300 €. K verlangt von B Zahlung des restlichen Kaufpreises i.H.v. 1.500 €. Zu Recht? Jura Intensiv Prüfungsvermerk: Der streitgegenständliche Flügel wurde innerhalb von zwölf Tagen noch zwei Mal bei eBay zum Verkauf angeboten. Beide Male konnte ein Kaufpreis von 2.300 € erzielt werden. LEITSATZ Sagt sich der Käufer unberechtigt von der eingegangenen vertraglichen Verpflichtung los, so behält der Verkäufer den Anspruch auf die Gegenleistung. Dieser muss sich jedoch den Kaufpreisanspruch gem. § 326 II 2 BGB einen höheren fiktiven Erlös anrechnen lassen, wenn er bei dem Deckungsverkauf eine erfolgsversprechende Verkaufsform (statt Verkauf über eBay privater Verkauf an spontanen Kaufinteressenten) unterlassen hat. Gewöhnlich landen Fälle vor Gericht, in denen der frustrierte Verkäufer die Auktion vorzeitig abbricht. Dass sich der Käufer vom Vertrag lossagt, kommt seltener vor. PRÜFUNGSSCHEMA A. K gegen B gem. § 433 II BGB I. Anspruch entstanden II. Anspruch erloschen 1. Wirksamer Rücktritt 2. Entfallen der Leistungspflicht gem. § 326 I BGB B. Ergebnis LÖSUNG A. K gegen B gem. § 433 II BGB K könnte gegen B einen Anspruch auf Zahlung des restlichen Kaufpreises i.H.v. 1.500 € gem. § 433 II BGB haben. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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