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RA Digital - 05/2019

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230 Zivilrecht

230 Zivilrecht RA 05/2019 Problem: Schönheitsreparaturen bei Gewerbemietverträgen Einordnung: Schuldrecht OLG Dresden, Urteil vom 06.03.2019 5 U 1613/18 LEITSATZ 1. Die zu Wohnraummietverträgen ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung (grundlegend; BGH, Urteil vom 18.03.2015, NJW 2015, 1594), wonach die formularvertragliche Überwälzung der nach der gesetzlichen Regelung in §§ 535 I 2, 538 BGB den Vermieter treffenden Verpflichtung zur Vornahme laufender Schönheitsreparaturen bei einer dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Wohnung der Inhaltskontrolle am Maßstab von § 307 I 1, II Nr. 1 BGB nicht standhält, ist auf gewerbliche Mietverhältnisse zu übertragen. 2. Es handelt sich um einen gewerblichen Mietvertrag, wenn zwar Wohnungen angemietet werden, dies aber nicht zu eigenen Wohnzwecken der Mieterin, bei welcher dies als juristische Person schon begrifflich ausgeschlossen ist. Die Übergabe im unrenovierten Zustand ist ein entscheidender Aspekt des Falles. EINLEITUNG Nach § 535 BGB ist der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache zu gewährleisten. Ihn trifft die Erhaltungspflicht. In der Praxis versucht der Vermieter die sog. Schönheitsreparaturen indes regelmäßig auf den Mieter zu übertragen, wie auch die Entscheidung des OLG Dresden im Rahmen eines gewerblichen Mietverhältnisses zeigt. SACHVERHALT Der Kläger (K) ist Eigentümer von vier Wohnungen in Dresden. Diese vermietet er seit dem 01.03.2013 auf unbestimmte Zeit an die beklagte GmbH (B-GmbH). In den Mietverträgen wird der B-GmbH die Überlassung der Wohnungen an Dritte, z.B. an Messegäste, Monteure oder Bauarbeiter, gestattet. In § 8 enthalten die Verträge unter der Überschrift „Schönheitsreparaturen“ zudem folgende Regelungen: „1. In dem Mietzins sind keine Kosten für Schönheitskosten einkalkuliert. Der Mieter hat deshalb die anfallenden Schönheitsreparaturen, während der Dauer des Mietverhältnisses, auf seine Kosten durchzuführen. 2. Die Schönheitsreparaturen umfassen das Streichen der Wände und Decken, weiter das Reinigen von Parkett- und Teppichböden, das Lackieren von Heizkörpern und Heizrohren, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen. 3. Der Mieter hat die Schönheitsreparaturen der Mieträume auszuführen, wenn das Aussehen der Räume mehr als nur unerheblich durch den Gebrauch beeinträchtigt ist.“ Am 06.03.2013 werden die unrenovierten bzw. renovierungsbedürftigen Wohnungen an die B-GmbH übergeben. Durch Kündigung der B-GmbH enden die Mietverhältnisse zum 31.01.2017. Nach Rückgabe der Wohnungen fordert K von der B-GmbH erfolglos die Beseitigung von Mängeln. K renoviert sie daraufhin selbst und verlangt von der B-GmbH Ersatz des Aufwandes für die Renovierungsarbeiten. Zu Recht? Jura Intensiv PRÜFUNGSSCHEMA A. K gegen B-GmbH gem. §§ 280 I, III, 281 I 1 BGB I. Schuldverhältnis II. Pflichtverletzung 1. Eröffnung der Inhaltskontrolle, § 307 III 1 BGB 2. Verstoß gegen § 307 I, II Nr. 2 BGB B. Ergebnis Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 05/2019 Zivilrecht 231 LÖSUNG A. K gegen B-GmbH gem. §§ 280 I, III, 281 I 1 BGB K könnte gegen die B-GmbH einen Anspruch auf Ersatz der Renovierungskosten gem. §§ 280 I, III, 281 I 1 BGB wegen nicht erbrachter Schönheitsreparaturen haben. I. Schuldverhältnis Dazu müsste ein Schuldverhältnis bestanden haben. Die Parteien schlossen am 01.03.2013 Mietverträge i.S.d. § 535 BGB über vier Wohnungen in Dresden. „[30] [Dabei handelt es sich] trotz der Anmietung einer Wohnung nicht um Wohnraummietverträge, weil solche nur vorliegen, wenn der Mieter die Räume nach dem Vertrag zu eigenen Wohnzwecken anmietet und die B als juristische Person schon begrifflich nicht zu eigenen Wohnzwecken anmieten konnte.“ II. Pflichtverletzung Weiterhin müsste die B-GmbH eine fällige Leistung aus den mit K bestehenden Schuldverhältnissen trotz Fristsetzung schuldhaft nicht erbracht haben. Zu prüfen ist daher, ob ein fälliger und durchsetzbarer Anspruch auf Vornahme auf Schönheitsreparaturen aus den Mietverhältnissen bestand. Dies setzt voraus, dass die Schönheitsreparaturklausel in § 8 der Verträge wirksam ist. Es könnte sich dabei um eine Allgemeine Geschäftsbedingung i.S.d. § 305 I BGB handeln. Dazu müsste es sich um vorformulierte Vertragsbedingungen handeln, die für eine Vielzahl von Verträgen verwendet und von der B-GmbH gestellt werden. „[32] Bereits aus der äußeren Erscheinungsform und der Verwendung im konkreten Kontext kann sich eine tatsächliche Vermutung dafür ergeben, dass eine bestimmte vertragliche Regelung als Allgemeine Geschäftsbedingung i.S.v. § 305 I BGB anzusehen ist. In diesem Sinne hat das Landgericht zutreffend herausgearbeitet, dass die 4-fache Verwendung der Regelung am selben Tage, dem 01.03.2013, für das Vorliegen der erforderlichen Mehrfachverwendungsabsicht spricht. [33] Auch für das Stellen der Klausel von Seiten des Vermieters K, sprechen die objektiven Umstände des Vertragsschlusses, denn der Inhalt der Klausel dient der Übertragung einer Handlungspflicht auf den Mieter, welche sonst als Bestandteil der Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht dem Vermieter gem. §§ 535 I 2, 538 BGB obliegen würde. Der Inhalt der Klausel ist demzufolge vorteilhaft für den Vermieter und nachteilig für den Mieter, so dass eine tatsächliche Vermutung dafür spricht, dass er von Seiten des Vermieters gestellt worden ist.“ Jura Intensiv Die Parteien schlossen ein gewerbliches Mietverhältnis, da die B-GmbH als juristische Person die Wohnungen nicht selbst nutzen konnte. Ein Mietverhältnis über Wohnraum liegt vor, wenn nach dem übereinstimmenden Parteiwillen feststeht, dass der Mieter die Räume zu seinem privaten Aufenthalt nutzen können soll, Erman/Lützenkirchen, BGB, § 549 Rn 2. Bei der Schönheitsreparaturklausel i.S.d. § 8 handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen gem. § 305 I BGB, die in den Vertrag einbezogen wurden. Vom Vermieter gestellte Klausel Die Allgemeine Geschäftsbedingung in § 8 ist in die Verträge einbezogen worden. 1. Eröffnung der Inhaltskontrolle, § 307 III 1 BGB Die Inhaltskontrolle erfordert gem. § 307 III 1 BGB zunächst eine Abweichung der Klausel vom dispositiven Recht. § 535 I 2 BGB sieht vor, dass grds. der Vermieter die Mietsache in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten hat. Dazu gehört auch die Beseitigung von Abnutzungsspuren, d.h. die Renovierung der Wohnung. § 8 der Mietverträge macht hiervon eine Ausnahme und legt dem Mieter diese Pflichten auf. Die Klausel weicht somit von einer gesetzlichen Regelung ab. Diese ist schuldrechtlich, also grundsätzlich abdingbar. Die Inhaltskontrolle ist eröffnet. Die Klausel weicht von § 535 I 2 BGB ab, da dieser die Instandhaltung einer Wohnung grds. dem Vermieter auferlegt. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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