228 Zivilrecht RA 05/2019 Spekulative Züge des Grundstückskaufs Die zum Abschluss des Kaufvertrags führende Willenserklärung des K könnte allerdings gem. § 142 I BGB nichtig sein. Die Anfechtungserkärung des B erfolgte drei Monate nach der positiven Kenntnis vom Bebauungsplan und dem geplanten Abriss des Gebäudes und damit nicht unverzüglich i.S.d. § 121 I BGB. Bei § 123 BGB richtet sich die Länge der Frist nach § 124 BGB. Erwerbs auch, dass es sich dabei um eine bloße Möglichkeit handelte, weil für eine solche Nutzung noch keine Genehmigung vorlag. In diesem Zusammenhang kann er sich auch nicht darauf berufen, die Festsetzungen des Bebauungsplans seien ihm nicht bekannt gewesen, denn es handelt sich dabei um eine öffentliche und damit auch ihm ohne weiteres zugängliche Informationsquelle. Er behauptet in diesem Zusammenhang insbesondere nicht, dass ihn B über das Bestehen des Bebauungsplans oder über dessen Festsetzungen getäuscht hätte. Der zu gewerblichen Zwecken abgeschlossene Kaufvertrag trägt damit für den K erkennbar spekulative Züge, die einen Rückschluss aus dem Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung auf die bewusste oder grob fahrlässige Ausnutzung eines den Kläger in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigenden Umstands im konkreten Fall nicht zulassen, zumal in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen ist, dass die wirtschaftliche Bedeutung für den K eher gering war und er das Vorhaben alleine durchführen wollte.“ Auch ein wucherähnliches Geschäft i.S.d. § 138 I BGB muss daher abgelehnt werden. 3. Anfechtung gem. § 142 I BGB K könnte seine zum Vertragsschluss führende Willenserklärung jedoch wirksam angefochten haben. Dies hätte gem. § 142 I BGB zur Folge, dass sie und der Vertrag als von Anfang an nichtig anzusehen sind. a) Anfechtungserklärung gem. § 143 I, II Alt. 1 BGB Am 18.03.2015 hat K gegenüber B gem. § 143 I, II Alt. 1 BGB die Anfechtung erklärt. b) Anfechtungsgrund Weiterhin müsste ihm auch ein Anfechtungsgrund zustehen. aa) Eigenschaftsirrtum gem. § 119 II BGB Eine auf § 119 II BGB gestützte Anfechtung wegen eines Eigenschaftsirrtums ist nicht unverzüglich i.S.d. § 121 I BGB erfolgt. Jura Intensiv „[2] K [hat] unmittelbar nach Abschluss des Kaufvertrags schon am 17.12.2014 bei der Besprechung mit Vertretern des Landkreises am 18.12.2014 von dem Bebauungsplan und dem langfristig geplanten Abriss des Gebäudes erfahren. Die erst drei Monate später erfolgte Anfechtungserklärung [ist] nicht mehr unverzüglich.“ bb) Arglistige Täuschung gem. § 123 I Alt. 1 BGB Als Anfechtungsgrund kommt hier daher nur eine arglistige Täuschung gem. § 123 I Alt. 1 BGB in Betracht. Eine solche liegt vor, wenn jemand bei einem anderen vorsätzlich einen Irrtum hervorruft, um ihn zur Abgabe einer Willenserklärung zu veranlassen. Insoweit kommt allein die Behauptung des K in Betracht, B hätte ihm im Zuge der Vertragsverhandlung die Nutzung des Grundstücks bzw. des Gebäudes als Flüchtlingsunterkunft zugesichert. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG
RA 05/2019 Zivilrecht 229 „[17] [Zu beachten ist an dieser Stelle, dass] im Fall der Anfechtung eines Vertrages wegen arglistiger Täuschung die Täuschung für die Willenserklärung ursächlich geworden sein muss. Das ist der Fall, wenn der Getäuschte die Willenserklärung ohne die Täuschung überhaupt nicht, mit einem anderen Inhalt oder zu einem anderen Zeitpunkt abgegeben hätte. Die Ursächlichkeit kann i.d.R. nicht im Wege eines Anscheinsbeweises festgestellt werden. Dies hat seinen Grund darin, dass der Anscheinsbeweis nach der st. Rspr. einen typischen Geschehensablauf voraussetzt, die einem Vertragsschluss zugrundeliegende Willensentschließung jedoch von den individuellen Umständen des Einzelfalles abhängig ist. [18] Eine solche Ursächlichkeit der - behaupteten - Täuschung hat der K schon nicht dargelegt. Aus seinem Vorbringen ergibt sich [vielmehr], dass er die Liegenschaft gleichwohl schon in Besitz genommen hat, er trägt nämlich weiter vor, er habe diese betreten, um Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen und er habe diese oberflächlich räumen lassen. [Zudem] führt der K weiter aus, für die Einlieferung des Schrotts aus der Liegenschaft habe er von einem Schrotthändler 300,- € erhalten. [19] Damit belegt der eigene Vortrag des K, dass er das Grundstück in Kenntnis aller maßgeblichen Umstände trotz der anderslautenden vertraglichen Vereinbarungen in Besitz genommen hat, in dem er Sicherungsmaßnahmen ergriffen und das Gebäude beräumt hat. K hat durch sein Verhalten zum Ausdruck gebracht, dass er den Vertrag, so wie er geschlossen wurde, durchführen will, was ein Beleg dafür ist, dass eine - unterstellte - Täuschung für den Inhalt der Willenserklärung gerade nicht ursächlich für den Abschluss des Vertrages geworden ist. Unabhängig davon kann in diesem Verhalten eine Bestätigung des anfechtbaren Vertrages gesehen werden, die nach § 144 II BGB nicht der für das Rechtsgeschäft bestimmten Form bedarf.“ Eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gem. § 123 I Alt. 1 BGB ist damit ausgeschlossen. Der Kaufvertrag ist wirksam, sodass die Leistung mit Rechtsgrund erfolgte. Jura Intensiv B. Ergebnis Mithin hat K gegen B keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises gem. § 812 I 1 Alt. 1 BGB. Kausalität Kein Anscheinsbeweis Für die Annahme einer arglistigen Täuschung i.S.d. § 123 I Alt. 1 BGB fehlt es bereits an einem Kausalzusammenhang zum Vertragsschluss. Indiz für die fehlende Kausalität Darüber hinaus lässt die Inbesitznahme des Grundstücks durch K auf eine Bestätigung des Rechtsgeschäfts gem. § 144 BGB schließen. FAZIT Die Bestätigung eines anfechtbaren Rechtsgeschäfts nach § 144 BGB setzt keine ausdrückliche Erklärung voraus, sondern kann auch durch schlüssige Handlungen erfolgen. Es genügt ein Verhalten, das den Willen offenbart, trotz Kenntnis der Anfechtbarkeit am Rechtsgeschäft festzuhalten, d.h. das Rechtsgeschäft ungeachtet des Anfechtungsgrundes gelten zu lassen. Hierbei darf das Verhalten des Anfechtungsberechtigten nur dann als stillschweigende Kundgabe eines Bestätigungswillens gewertet werden, wenn jede andere den Umständen nach einigermaßen verständliche Deutung dieses Verhaltens ausscheidet. Weil die Teilnehmer am Rechtsverkehr nicht ohne Weiteres auf bestehende Befugnisse oder Gestaltungsmöglichkeiten zu verzichten pflegen, sind an die Annahme einer Bestätigung durch schlüssiges Verhalten strenge Anforderungen zu stellen. Im vorliegenden Fall lagen diese Voraussetzungen jedoch ausnahmsweise vor. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis
RA 05/2019 Strafrecht 275 e) Mittä
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