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RA Digital - 05/2020

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238 Zivilrecht

238 Zivilrecht RA 05/2020 Die Garagen im hinteren Bereich der Grundstücke wurden ohne Baugenehmigung errichtet. BVerwGE 50, 282 Bloße Bequemlichkeit allein rechtfertigt kein Notwegerecht. Die Grundstücke sind im vorderen Bereich von der Straße aus erreichbar. [26] Sollten die Grundstücke der Klägerin allein zu Wohnzwecken genutzt werden, wird ein Notwegrecht allerdings ausscheiden. [27] Die Nutzung der im hinteren Bereich der Grundstücke der Kläger befindlichen Garagen zum Abstellen von Kraftfahrzeugen stellt sich nicht als ordnungsmäßige Benutzung im Sinne von § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB dar, weil die Garagen baurechtlich nicht genehmigt und mangels Erschließung auch nicht genehmigungsfähig sind. Die für die Zulässigkeit eines Bauvorhabens notwendige Erschließung ist nämlich nur dann i.S.v. § 30 Abs. 2 BauGB „gesichert“, wenn für die Zuwegung eine Baulast oder eine Grunddienstbarkeit besteht; ein Notweg nach § 917 BGB genügt nicht. Ist eine Bebauung nach öffentlichem Recht mangels Erschließung unzulässig, kann die bauliche Nutzung nicht gleichwohl eine ordnungsmäßige Benutzung im Sinne des § 917 Abs. 1 BGB deshalb sein, weil sie praktischen Bedürfnissen entspricht; was nach den Vorschriften des öffentlichen Rechts unzulässig ist, kann nicht von der Privatrechtsordnung als „ordnungsmäßig“ gebilligt werden. [28] Nichts anderes gilt, soweit die Kläger ihre Kraftfahrzeuge anderweit auf den verbindungslosen Grundstücksteilen abstellen möchten. Liegt ein Grundstück - wie hier - mit seiner Vorderseite an einem öffentlichen Weg, ist die Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen, die für die ordnungsmäßige Benutzung eines Wohngrundstücks in der Regel notwendig ist, gewährleistet. Zwar schließt dieser Umstand allein ein Notwegrecht nicht von vornherein aus. Eine Zufahrt über das Nachbargrundstück, um das Fahrzeug aus Gründen der Bequemlichkeit oder Zweckmäßigkeit auf dem eigenen Wohngrundstück abstellen zu können, ist dem Eigentümer aus dem Notwegrecht nach § 917 BGB aber nicht zuzubilligen. Folglich besteht kein Anspruch aus § 917 I BGB auf ein Notwegerecht. ERGEBNIS Die K haben gegen B weder einen Anspruch auf Unterlassung der Wegsperrung noch einen Anspruch auf Nutzung des Weges noch auf Einräumung eines Notwegerechts. Jura Intensiv FAZIT Gewohnheitsrecht ist ungeschriebenes Recht, das nicht durch Gesetzgebung zustande kommt, sondern durch eine lange andauernde Anwendung von Rechtsvorstellungen oder Regeln, die von den Beteiligten im Rechtsverkehr als verbindlich akzeptiert werden. Gewohnheitsrecht kann als dem Gesetz gleichwertige Rechtsquelle allgemeiner Art nur zwischen einer Vielzahl von Rechtsindividuen und in Bezug auf eine Vielzahl von Rechtsverhältnissen entstehen, nicht aber beschränkt auf ein konkretes Rechtsverhältnis zwischen einzelnen Grundstücksnachbarn. Die ordnungsmäßige Benutzung des Grundstücks kann ein Notwegrecht nur begründen, wenn sie tatsächlich in einem Umfang erfolgt, der die Zufahrt erforderlich macht. Nutzung, die über das hinausgeht, was nach Art, Größe und wirtschaftlichen Verhältnissen des Grundstücks angemessen ist, begründet keine Notlage und damit kein Notwegerecht. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 05/2020 AUFSATZ ZUM ZIVILRECHT Referendarteil: Zivilrecht 239 Dr. Dominik Jan Sauer, LL.M. Vergütungsvorschriften nach dem RVG im Assessorexamen A. Einleitung I. Allgemeines Die fachlichen Tätigkeiten eines Rechtsanwaltes gehören, objektiv beurteilt nach den durchzulaufenden Ausbildungsschritten, die erforderlich sind, um diesen Beruf ausüben zu dürfen, zu den qualitativ hochwertigen und anspruchsvollen Dienstleistungen. Diese sind – wie auch anderen Dienstleistungen – vom Auftraggeber zu vergüten. Dem Rechtsanwalt stehen diverse Möglichkeiten zur Verfügung, seine zu erbringenden Dienstleistungen gegenüber dem Mandanten als Auftraggeber abzurechnen. Grundsätzlich kommt zum einen die Vereinbarung einer – wie auch immer gearteten – Vergütungsvereinbarung 1 in Betracht, zum anderen kann der Rechtsanwalt stets gemäß den gesetzlichen Gebührentatbeständen des RVG 2 abrechnen. Der hiesige Aufsatz beschäftigt sich ausschließlich mit der – im Examen zumeist relevanten Variante – Abrechnung nach den gesetzlichen Vergütungsvorschriften. Die für Sie maßgeblichen Gebührentatbestände sowie die Ermittlung der jeweiligen Gebührenhöhe wird anhand von diversen Beispielen verdeutlicht. Hierbei handelt es sich um typischerweise im Examen relevante Fälle. Vielen Referendaren begegnen zurzeit zahlreiche Fälle, in denen vorgerichtliche Anwaltskosten eingeklagt werden. Hierzu drängen sich die Fragen auf, wann solche eingeklagt werden können und sollen und welcher Antrag zur entsprechenden Rechtsverfolgung zweckmäßig ist. Unter D. wird auf diese speziellen Fragen eingegangen. II. Hinweispflicht Ein Hinweis seitens des Rechtsanwaltes dahingehend, dass die zu erbringenden Rechtsdienstleistungen zu vergüten sind, ist bezüglich der Wirksamkeit des Dienstleistungsvertrages nicht erforderlich, da kein Mandant ein unentgeltliches Tätigwerden des Fachberaters erwarten darf und dessen gesetzliche Gebühren allgemein zu erfahren sind. 3 Grundsätzlich besteht darüber hinaus auch kein Erfordernis, ohne Nachfragen seitens des Mandanten auf die Höhe der voraussichtlich entstehenden Gebühren hinzuweisen. 4 Lediglich sekundärrechtliche Ansprüche des Mandanten gegen den Rechtsanwalt sind unter Berufung auf § 49b IV BRAO möglich. Daher ist es stets sinnvoll und wird in der Praxis auch häufig dementsprechend gehandhabt, dass ein diesbezüglicher Hinweis schriftlich im Rahmen der Auftragserteilung erteilt wird. Fragt der Mandant explizit nach, erübrigt sich das Problem von selbst. Jura Intensiv B. Entstehung von Gebühren Die Tätigkeitsfelder eines Rechtsanwaltes sind vielfältig. Typischerweise erstrecken sich die Mandate auf Rechtsberatungen sowie außergerichtliche und gerichtliche Interessenvertretungen. In diesen Fällen liegt ein Dienstvertrag gemäß § 611 BGB vor. 5 Erstellt der Rechtsanwalt Verträge oder Rechtsgutachten, ist von einem Werkvertrag gemäß § 631 BGB auszugehen. 6 In beiden Fällen ist der Vertrag jedoch als Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß § 675 I BGB zu qualifizieren. In beiden Fällen existieren Normen, wonach Keine grundsätzliche Hinweispflicht bezüglich Vergütungshöhe, in der Praxis werden aber häufig Hinweise erteilt. Rechtsanwaltsvertrag als Geschäftsbesorgungsvertrag i. S. d. § 765 I BGB. 1 Siehe § 3a RVG. 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. 3 BGH, Urteil vom 24.05.2007 - IX ZR 89/06, Rn 9. 4 BGH, Urteil vom 24.05.2007 - IX ZR 89/06, Rn 9. 5 Vgl. BGH, Urteil vom 10.06.1985 - III ZR 73/84 = NJW 1985, 2642 f. 6 BGH, Urteil vom 06.07.1971 - VI ZR 94/69) NJW, 1971, 1801, 1804. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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