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RA Digital - 05/2021

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238 Zivilrecht

238 Zivilrecht RA 05/2021 Darauf, dass die verletzten Gebäudeteile später errichtet wurden als die verkürzten Hahnverlängerungen, kommt es nicht an. Entscheidend für den Beginn der Verjährung: Wann trat das Wasser aus und verletzte die Gebäudeteile? Entscheidend: Die Verletzungen durch das austretende Wasser wurden erst im Jahr 2009 entdeckt. [19] Die Erwägungen des Berufungsgerichts, dass wenn nach dem Vortrag der Klägerin der behauptete Mangel dem Bauwerk von Anfang an angehaftet habe, die Versicherungsnehmerin der Klägerin an den erst später eingebrachten Fußböden, Wandbekleidungen, Vormauerungen, Fliesen und Abdichtungen kein unversehrtes Eigentum erworben habe und dass die Kosten einer Schätzung nicht Beschädigungen am Rohbau, sondern offenbar später gefertigte Teile beträfen, ist bereits in tatsächlicher Hinsicht nicht nachvollziehbar. Denn aus dem Tatbestand des Berufungsurteils ergibt sich das Berufungsvorbringen der Klägerin, wonach der Anspruch auf Ersatz der weitergehenden Schäden infolge der Durchnässung bereits zuvor vorhandener Gebäudeteile (Wände, Bodenplatte und Fußböden) gerichtet sei und dass das Gebäude bereits errichtet gewesen sei, als die Installationen von der Beklagten eingebracht worden seien. Im Übrigen erschließt sich nicht, warum eine Eigentumsbeeinträchtigung nicht vorliegen sollte, soweit Gebäudeteile erst nach Einbau der Hahnverlängerungen errichtet worden sein sollen. Denn entscheidend ist allein, dass das Eigentum zunächst unbeeinträchtigt war und erst später durch austretendes Wasser beschädigt wurde (…). Folglich liegt eine mangels Rechtfertigungsgrund auch rechtswidrige Eigentumsverletzung an den nachträglich verletzten Gebäudeteilen vor. Diese beruhte auch sowohl kausal als auch schuldhaft auf der Handlung der B. 2. Anspruch durchsetzbar B hat die Einrede der Verjährung gem. § 214 BGB erhoben. B kann diese gem. §§ 412, 404 BGB auch K entgegenhalten. Fraglich ist allein, ob Verjährung eingetreten ist oder ob die Einreichung der Klage am 31.12.2012 zu einer Verjährungshemmung gem. §§ 204 I Nr. 1, 209 BGB geführt hat. [21] Insbesondere ist auf Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht verjährt. Allerdings setzt eine Verjährung gemäß § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB (ggf. i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB) entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keine Anspruchsentstehung bereits im Jahr 1999 oder früher voraus. Denn die Hemmung der Verjährung durch Klageerhebung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1, § 209 BGB, § 253 Abs. 1, § 167 ZPO begann am 31. Dezember 2012. Daher kommt es - vorbehaltlich anderer Hemmungstatbestände - darauf an, ob der Anspruch vor Ablauf des 31. Dezember 2002 entstand. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist eine Rechtsgutsverletzung nicht bereits durch die Installation der Wasserabnahmestellen durch die Beklagte im Jahr 1995 eingetreten, sondern erst durch das austretende Wasser. Jura Intensiv Damit liegt aufgrund der rechtzeitigen Klageerhebung keine Verjährung vor. ERGEBNIS K hat gegen B einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 202.562,11 € gem. §§ 86 I VVG, 823 I BGB. FAZIT Vertragsrecht verdrängt das Deliktsrecht im Falle eines Mangels nicht pauschal. Der BGH hält an seiner ständigen Rechtsprechung zum „weiterfressenden Mangel“ fest und präzisiert die geprägten Begriffe. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 05/2021 Zivilrecht 239 Problem: Gutscheinlösung bei gemischten Verträgen Einordnung: Schuldrecht AG München, Urteil vom 29.03.2021 142 C 10101/20 (leicht abgewandelt) EINLEITUNG Im vorliegenden Fall musste das AG München eine Entscheidung darüber treffen, wie weit die Gutscheinlösung des Art. 240 § 5 EGBGB bei einem gemischten Vertrag reicht. SACHVERHALT K erwarb von B anlässlich seines bevorstehenden Hochzeitstages vor dem 08.03.2020 zwei Eintrittskarten für eine künstlerische Varietéveranstaltung, die am 03.04.2020 in München stattfinden sollte. Zusätzlich buchte er die Bewirtung im Etablissement des B mit Speisen und Getränken. Wegen der Covid19-Pandemie verhängte die zuständige Behörde den Lockdown, weshalb die Veranstaltung ausfiel. B stellte K einen Gutschein sowohl für die Veranstaltung als auch für die Bewirtung aus. K ist der Meinung, dass ihm die Annahme des Gutscheines wegen des Zwecks seiner Buchung – Hochzeitsjubiläum – unzumutbar ist und begehrt die Rückzahlung sowohl des Ticketpreises als auch des gebuchten Bewirtungsentgeltes. Zu Recht? LÖSUNG A. Anspruch des K gegen B aus §§ 326 IV, 346 I BGB auf Rückzahlung des Eintrittsgeldes sowie des Bewirtungsentgeltes K könnte gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung des Eintrittsgeldes sowie des Bewirtungsentgeltes aus §§ 326 IV, 346 I BGB haben. I. Gegenseitiger Vertrag Dies erfordert einen gegenseitigen Vertrag. Vorliegend haben K und B einen gemischten Vertrag geschlossen, bei dem B eine künstlerische Aufführung sowie eine Bewirtung mit Speisen und Getränken während der Aufführung zu erbringen hatte. Die Verpflichtung zur Aufführung stellt sich als Werkvertrag mit mietvertraglichen Elementen dar. Die dazu gebuchten Bewirtungsleistungen erweitern den Vertrag um kauf- und dienstvertragliche Elemente. Im Gegenzug verpflichtete sich K zur Bezahlung dieser Leistungen. Folglich standen die jeweiligen Leistungen im Synallagma. Ein gegenseitiger Vertrag lag vor. Jura Intensiv ORIENTIERUNGSSÄTZE 1. Bei gemischten Verträgen (hier: Kulturveranstaltungsvertrag mit Bewirtung) ist der Veranstalter ggf. berechtigt, anstelle einer Erstattung des Eintrittspreises insgesamt einen Gutschein für sämtliche Leistungen zu übergeben, auch wenn sonstige Leistungen (hier: Getränkegutschein und Speisemenü) separat dazugebucht wurden, sofern dies dem mutmaßlichen Parteiwillen entspricht. 2. Eine Unzumutbarkeit nach Art. 240 § 5 Abs. 5 Nr. 1 EGBGB liegt nicht vor, wenn die Eintrittskarte anlässlich eines persönlichen Ereignisses erworben wurde (hier: Hochzeitstag) und kein Interesse an einer Nachholung der Veranstaltung besteht. 3. Kann der Veranstalter sich auf die „Gutscheinlösung“ des Art. 240 § 5 Abs. 1 S. 1 EGBGB berufen, ist eine auf Rückzahlung des Eintrittspreises gerichtete Klage insgesamt als unbegründet und nicht als „derzeit“ unbegründet abzuweisen. II. Freiwerden von der synallagmatischen Leistungspflicht gem. § 275 I BGB B muss von seiner Leistungspflicht gem. § 275 I BGB frei geworden sein. Dem könnte die Übergabe des Gutscheins gem. Art 240 § 5 EGBGB entgegenstehen, wenn diese Rechtsnorm K eine Ersetzungsbefugnis einräumt. [4] Die Durchführung der Veranstaltung ist der Beklagten aufgrund des durch Rechtsverordnung angeordneten Veranstaltungsverbots nachträglich unmöglich geworden. Der Kläger hat demnach grundsätzlich einen Anspruch auf Erstattung des Eintrittspreises (§ 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 1, Abs. 4 BGB i.V.m. § 346 Abs. 1 BGB). Die Beklagte ist jedoch berechtigt, dem Kläger anstelle einer Erstattung des Eintrittspreises oder sonstigen Entgelts einen Gutschein zu übergeben gem. Art. 240 § 5 Abs. 1 S. 1 EGBGB. Dem Grunde nach stand K der Rückzahlungsanspruch zu. Jedoch gilt aufgrund der durch die Covid19- Pandemie eingefügten Sonderregelungen hier etwas anderes. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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