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RA Digital - 05/2021

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240 Zivilrecht

240 Zivilrecht RA 05/2021 Eine sehr lehrreiche Abhandlung, wie man mit gemischten Verträgen umgehen soll. Sehr lesenswert. Auslegung: Die Leistungsansprüche sollen so ihre Gültigkeit behalten, wie sie gebucht wurden, d.h. auch mit der Bewirtungsverpflichtung. Also darf B einen Gutschein auch für Menü und Getränke geben. Wichtig: Das Motiv ist subjektiv und gehört nicht zu den objektiven Lebensumständen. [5] Im Hinblick auf den hier vorliegenden gemischttypischen Vertrag verhält sich die sog. „Gutscheinlösung“ des Art. 240 § 5 Abs. 1 S. 1 EGBGB nicht dazu, inwieweit zusätzlich gesondert berechnete Entgelte (..) der „Erstattung des Eintrittspreises oder sonstigen Entgelts“ unterfallen sollen. Soweit ersichtlich dürfte sich die vom Gesetzgeber gewählte Bezeichnung des „sonstigen Entgelts“ eher auf die ebensowenig näher spezifizierte Bezeichnung der „sonstigen Teilnahmeberechtigung“ beziehen. Es ist somit auf die allgemeinen von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur rechtlichen Behandlung der gemischten Verträge zurückzugreifen. Maßgeblich ist der mutmaßliche Parteiwille, für den die besonderen Umstände des Einzelfalls, die Interessenlage der Parteien und Sinn und Zweck der vertraglichen Vereinbarungen Anhaltspunkte geben können. Danach sind zwar grundsätzlich auch für typische Verträge mit andersartigen Nebenleistungen für jede einzelne Leistung die Vorschriften des entsprechenden Vertragsteils heranzuziehen, bei Kollision der Vorschriften ist jedoch das Recht des Vertragstyps anzuwenden, der den rechtlichen oder wirtschaftlichen Schwerpunkt bildet (...). Da die „Gutscheinlösung“ für den gesetzlichen vorgesehenen Zeitraum bis 31.12.2021 davon ausgeht, dass die Beklagte über den von ihr zur Verfügung zu stellenden Gutschein die Durchführung der Veranstaltung weiterhin erbringen kann und soll, entspricht es den Interessen der Parteien, dass auch die im Rahmen der Veranstaltungen gebuchten Zusatzleistungen weiterhin Gültigkeit behalten sollen und ggf. in den Gutschein zu integrieren sind. Hierfür spricht auch die eher untergeordnete preisliche Rolle der Bewirtungsleistungen. Eine gesonderte (teilweise) Rückzahlungspflicht kommt daher nach Auffassung des Gerichts nicht in Betracht. [6] Bei der streitgegenständlichen Veranstaltung handelt es sich um eine Kulturveranstaltung i.S.d. § Art. 240 § 5 Abs. 1 S. 1 EGBGB. (...) [7] Unstreitig konnte die Veranstaltung aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht stattfinden. Ebenso wurde die Eintrittskarte vor dem 8. März 2020 erworben. [8] Der Verweis auf einen Gutschein ist auch angesichts der persönlichen Lebensumstände des Klägers nicht unzumutbar i.S.d. Art. 240 § 5 Abs. 5 Nr. 1 EGBGB. Dies ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn ohne die Rückzahlung die Gefahr besteht, dass der eigene Lebensunterhalt des Gutscheininhabers oder der Lebensunterhalt seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht mehr in angemessener Weise und ohne Hilfe Dritter bestritten werden kann (...) Es reicht daher nicht aus, wenn die Eintrittskarte anlässlich eines persönlichen Ereignisses – wie hier dem Hochzeitstag – erworben wurde und später kein Interesse mehr am Besuch der Veranstaltung besteht. Das betrifft lediglich das subjektive Motiv für den Erwerb, aber keine objektiven Lebensumstände (...). Im Übrigen wiederholt sich der Hochzeitstag des Klägers jährlich, so dass ihm auch der Besuch der Veranstaltung an einem künftigen Hochzeitstag möglich ist. Jura Intensiv ERGEBNIS K hat gegen B keinen Anspruch auf Rückzahlung des Eintrittspreises und der bezahlten Bewirtungskosten aus §§ 326 IV, 346 I BGB. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 05/2021 Referendarteil: Zivilrecht 241 Speziell für Referendare Problem: Pfändung von Corona-Soforthilfen gem. § 850k IV ZPO Einordnung: ZPO II BGH, Beschluss vom 10.03.2021 VII ZB 24/20 EINLEITUNG Bereits in der Entscheidung des LG Köln vom 23.04.2020 (RA 06/2020, S. 297 ff.) haben wir über die Rechtmäßigkeit der Pfändung von Corona- Soforthilfen berichtet. Nunmehr hat diese Thematik den BGH erreicht und ist höchstgerichtlich entschieden worden. Im Ergebnis wird die Rechtsauffassung dahingehend bestätigt, dass es sich bei diesen Soforthilfen um nicht pfändbare Forderungen handelt. Ob der Antrag – so das LG Köln – gem. § 765a ZPO erfolgt, hat der BGH offengelassen, aber eine entsprechende Anwendung des § 805k IV ZPO bejaht. Die hiesige Entscheidung ergeht aufgrund der sofortigen Beschwerde des Gläubigers hin gegen einen erstinstanzlichen – den Antrag der Schuldnerin stattgebenden – Beschluss. GRÜNDE I. Der Gläubiger (G) betreibt gegen die Schuldnerin (S) die Zwangsvollstreckung wegen einer titulierten Forderung in Höhe von 12.204,60 €. S unterhält bei der Drittschuldnerin (D) ein Pfändungsschutzkonto. Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 04.05.2016 wurden die Forderungen der S gegen die D gepfändet und dem G zur Einziehung überwiesen. Mit Bescheid der Bezirksregierung (…) vom 29.03.2020 wurde der S aufgrund des Programms zur Gewährung von Soforthilfen aus dem Bundesprogramm „…“ eine Zuwendung in Höhe von 9.000 € bewilligt und am 02.04.2020 auf ihrem Pfändungsschutzkonto bei der D gutgeschrieben. Die Bewilligung der Corona-Soforthilfe erfolgte mit der folgenden Maßgabe: „(…) Jura Intensiv 2. Zweckbindung Die Soforthilfe erfolgt ausschließlich zur Milderung der finanziellen Notlagen des betroffenen Unternehmens bzw. des Selbstständigen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie als Einmalzahlung für einen Bewilligungszeitraum von drei Monaten ab Antragstellung. Die Soforthilfe dient insbesondere zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen, die seit dem 1. März 2020 im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie entstanden sind. Nicht umfasst sind vor dem 1. März 2020 entstandene wirtschaftliche Schwierigkeiten bzw. Liquiditätsengpässe. 3. Aufrechnungsverbot Für die bewilligte Soforthilfe gilt ein direktes Verrechnungs- beziehungsweise Aufrechnungsverbot mit bereits bestehende[n] Kreditlinien beim jeweiligen Kreditinstitut. Bei Überweisung der Soforthilfe darf es nicht zu einer zwangsläufigen Bedienung bereits bestehender Kontokorrentforderungen oder sonstiger Zins- und Tilgungsforderungen kommen. (…) LEITSATZ 1. Bei der Corona-Soforthilfe (Bundesprogramm „Corona-Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Selbständige“ und ergänzendes Landesprogramm „NRW-Soforthilfe 2020“) handelt es sich um eine nach § 851 I ZPO nicht pfändbare Forderung. 2. Im Hinblick auf die Verwirklichung der mit dieser Soforthilfe verbundenen Zweckbindung ist in Höhe des bewilligten und auf einem Pfändungsschutzkonto des Schuldners gutgeschriebenen Betrags der Pfändungsfreibetrag in entsprechender Anwendung des § 850k IV ZPO zu erhöhen. 3. Eine Zugriffsmöglichkeit des Gläubigers auf eine dem Schuldner ggf. unberechtigt gewährte Beihilfeleistung im Wege der Pfändung besteht ebenfalls nicht. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ergeht hier ebenfalls in Beschlussform. Daher ist es üblich, die Gliederung nicht in „Sachverhalt“ und „Entscheidungsgründe“ zu untergliedern, sondern in Gründe zu I. und zu II. Das Unstreitige wird im Indikativ Imperfekt dargestellt mit Ausnahme von Tatsachen, die sich auf die Gegenwart beziehen. Die Zweckbindung ist erforderlich, damit die Rechtswirkung des § 399 1. Fall BGB eintritt. Sinn des Verrechnungsverbotes ist, dass die Auszahlung auf ein „überzogenes“ Konto nicht seitens der Bank direkt verrechnet werden soll. Hierzu der letzte Absatz im Fazit. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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