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RA Digital - 05/2022

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236 Zivilrecht

236 Zivilrecht RA 05/2022 hat, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch die Beklagte verliert. Eine entsprechende Zustimmung hat der Kläger zu keiner Zeit erklärt. Damit erfolgte der Widerruf auch fristgemäß. Der Widerruf wurde folglich wirksam erklärt. IV. Einreden der B Fraglich ist, ob B ein Anspruch auf Wertersatz zusteht. Einen solchen könnte B aufrechnen oder auch als Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 BGB geltend machen. Mangels Widerrufsbelehrung kein Wertersatzanspruch gem. § 357 VIII BGB Kein Wertersatz gemäß oder analog § 357d BGB § 357 VIII BGB ist eine abschließende Regelung für Bauleistungen, die nicht innerhalb eines Verbraucherbauvertrages geschuldet werden. FAZIT • Wenn der Unternehmer Geschäftsräume eines anderen Unternehmers nutzt, handelt es sich nicht um Geschäftsräume des handelnden Unternehmers. § 312b BGB findet Anwendung. • Schließen ein Bauunternehmer und ein Verbraucher einen Vertrag über Bauleistungen, welche nicht die Schwelle des Verbraucherbauvertrages gem. § 650i BGB überschreiten, richtet sich im Falle des Widerrufs die Wertersatzpflicht des Verbrauchers allein nach § 357 VIII BGB. § 357d findet mangels Regelungslücke keine Anwendung. [22] Der Beklagten steht gegen den Kläger auch kein Anspruch auf Wertersatz zu, den die Beklagte dem Anspruch des Klägers entgegenhalten könnte. Der dem Unternehmer gemäß § 357 Abs. 8 Satz 1 BGB zustehende Wertersatz für die bis zum Widerruf erbrachte Leistung schuldet der Verbraucher gemäß § 357 Abs. 8 Satz 2 BGB nur, wenn der Unternehmer den Verbraucher ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt hat, woran es vorliegend fehlt. [23] Der Beklagten steht gegen den Kläger auch kein Anspruch auf Wertersatz gemäß oder analog § 357d BGB zu. Der geschlossene Vertrag ist wie dargelegt kein Verbraucherbauvertrag im Sinne von § 650l BGB, so dass eine Anwendung von § 357d BGB auf die vorliegende Konstellation bereits dem Grunde nach ausscheidet. Auch eine analoge Anwendung der Vorschrift ist nicht geboten. Dies würde einen klaren Widerspruch zum insoweit eindeutigen gesetzgeberischen Willen darstellen. Indem der Gesetzgeber in § 357d BGB ausdrücklich eine abweichende Regelung für Verbraucherbauverträge getroffen hat, jedoch für solche Verträge, die Bauleistungen zum Gegenstand haben, aber die Schwelle des Verbraucherbauvertrages nicht erreichen, nicht (...), kann keine planwidrige Regelungslücke angenommen werden. Dies wäre aber Voraussetzung für eine Analogie. Damit scheidet, auch wenn das Ergebnis in Einzelfällen schwer erträglich erscheinen wird, die Begründung eines Wertersatzanspruchs durch analoge Anwendung der Vorschrift oder teleologische Reduktion des § 357 Abs. 8 BGB für Verträge, die Bauleistungen zum Gegenstand haben, aus. § 357 Abs. 8 BGB stellt insoweit eine abschließende Regelung dar (...). [24] Dass die Beklagte vom Kläger die Herausgabe sämtlicher empfangener Leistungen dem Grunde nach gemäß §§ 355 Abs. 3 Satz 1, 357 Abs. 1 BGB verlangen kann, also die Rückgabe sämtlicher verbauter Materialen wie Rohre, Waschbecken, Duschen, Armaturen etc., gleich, ob diese infolge des Einbaus zu wesentlichen Bestandteilen des Gebäudes geworden sind (..), kann hier dahinstehen, da sich die Beklagte auf diesen Anspruch nicht berufen und ihn insbesondere (noch) nicht als ihr zustehende Einrede eines Zurückbehaltungsrechts (§ 320 BGB bzw. § 273 BGB) geltend gemacht hat und das Zurückbehaltungsrecht auch nicht von Amts wegen Berücksichtigung findet (...). Jura Intensiv C. Ergebnis K hat gegen B einen Anspruch aus § 355 III BGB auf Rückzahlung der geleisteten 7.173,60 € Zug um Zug gegen Rückübereignung und Rückgabe der von ihm bezeichneten Gegenstände. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 05/2022 Zivilrecht 237 Problem: Ausschluss der Ansprüche aus §§ 812 ff. BGB gem. § 817 S. 2 BGB Einordnung: Bereicherungsrecht LG Wuppertal, Urteil vom 04.04.2022 2 O 218/20 EINLEITUNG Zwischen den Urteilen einzelner Zivilkammern der Landgerichte gibt es große Unterschiede, was den Umfang und die Tiefe der rechtlichen Ausführungen in den Entscheidungsgründen angeht. § 313 III ZPO lässt den Spruchkörpern und den in ihnen tätigen Richtern und Richterinnen einen gewissen Spielraum. Über das Online-Casino aus Malta, das mit einem deutschsprachigen Auftritt im Internet um Kunden aus Deutschland wirbt, urteilte bereits das LG Köln in RA 12/2021, 630 ff. Zur Vorbereitung auf die Lektüre des hier besprochenen Falles empfiehlt sich ein Blick in die o.g. Entscheidung. Das vorliegende Urteil rechtfertigt seine Aufnahme in die RA durch die klar abweichende und sehr ausführlich begründete Meinung zur Kondiktionssperre des § 817 S. 2 BGB. Es wird nicht mehr lange dauern, bis ein OLG über diese Rechtsfragen entscheidet, die mehr Menschen zu betreffen scheinen, als man vermutet. SACHVERHALT Der in Wuppertal lebende K nahm im Zeitraum vom 09.08.2018 bis mindestens zum 12.05.2020 über die deutschsprachige Internetdomain der B, eines maltesischen Anbieters, am Onlineglücksspiel der B teil. K spielte von seiner Wohnung aus. B ist von der maltesischen Glücksspielaufsichtsbehörde lizensiert, in Deutschland hat sie keine Erlaubnis zum Angebot von Onlineglücksspielen im Sinne des § 4 GlüStV. Im Rahmen der von ihm gewählten Glücksspiele zahlte der K in dem genannten Zeitraum insgesamt 15.480 € an B, wobei er die Beträge überwiegend von seinem Girokonto direkt an die Beklagte überwies und zu einem geringeren Anteil Gutscheine nutzte, die er zuvor mit Geld von seinem Girokonto erworben hatte. Bei der Teilnahme an den Spielen gewann er in demselben Zeitraum insgesamt einen Betrag von 5.650 €, die B auf sein Girokonto überwies. K ist der Meinung, B schulde ihm die Zahlung des Differenzbetrages zwischen der von ihm eingezahlten Gesamtsumme und der von B an ihn ausgezahlten Gesamtsumme in Höhe von 9.830 €, weil das Veranstalten und Vermitteln von öffentlichen Glücksspielen in Nordrhein-Westfalen verboten und die Verträge zwischen ihm und der Beklagten mithin nichtig seien. Hierzu behauptet er, gedacht zu haben, das Online-Glücksspiel sei legal. K möchte vor einem deutschen Gericht klagen. B meint, es sei weder ein deutsches Gericht zuständig noch deutsches Recht anwendbar. Zu Recht? Jura Intensiv Anmerkung: § 4 IV GlüStV lautet: § 4 Allgemeine Bestimmungen zur Erlaubniserteilung (...) (4) 1 Eine Erlaubnis für öffentliche Glücksspiele im Internet darf nur für den Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien, für die Veranstaltung, Vermittlung und den Eigenvertrieb von Sportwetten und Pferdewetten sowie für die Veranstaltung und den Eigenvertrieb von Online-Casinospielen, virtuellen Automatenspielen und Online-Poker erteilt werden. 2 Im Übrigen sind das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten. LEITSATZ 1. Verlangt der Kläger von einem im Ausland ansässigen Glücksspielunternehmen die Rückzahlung seiner beim Onlineglücksspiel getätigten Zahlungen in der Höhe, in der ihm hierbei Verluste entstanden sind, ist ein Rückzahlungsanspruch ausgeschlossen. Die generalpräventive Wirkung des § 817 Satz 2 BGB wirkt sich in diesen Fällen auch auf Ansprüche aus, die aus dem Widerruf der Glücksspielverträge resultieren. 2. Verhält sich der Kläger, der sich nach § 285 StGB strafbar gemacht hat, ebenso vorwerfbar wie die Beklagte, die durch ihr Angebot den Straftatbestand des § 284 StGB verwirklicht hat, entspricht die beiderseitige Rechtsschutzverweigerung aus § 817 Satz 2 BGB dem Grundanliegen dieser Kondiktionssperre. Soweit der Kläger vorträgt, angenommen zu haben, dass die von der Beklagten angebotenen Spiele in Deutschland gesetzlich erlaubt seien, handelt es sich um einen vermeidbaren Verbotsirrtum i.S.d. § 17 StGB, der sich auf die rechtliche Bewertung nicht auswirkt. 3. Weil sich praktisch im Internet nicht verhindern lässt, dass deutsche Teilnehmer Seiten von Glücksspielanbietern im Ausland besuchen, erführe der deutsche Teilnehmer an solchen Glücksspielen einen ganz besonderen Anreiz zur Teilnahme, wenn er wüsste, dass diese ohne jedes finanzielle Risiko bliebe. Ein solches Ergebnis liefe dem Schutzzweck des Glücksspielstaatsvertrages, Spiel- und Wettsucht zu verhindern und den Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken, zuwider. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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