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RA Digital - 06/2016

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298 Referendarteil:

298 Referendarteil: Zivilrecht RA 06/2016 dem notariellen Vertrag keinen Niederschlag. H und der Testamentsvollstrecker einerseits und die Beklagten andererseits erteilten jedoch jeweils die Eintragungsbewilligung. Beide Rechte wurden in die jeweiligen Grundbücher eingetragen. Beachten Sie: Prozessanträge im Hinblick auf das Grundbuch müssen immer hinreichend bestimmt sein und das betroffene Grundstück und Recht ganz genau bezeichnen, sonst ist das Urteil nicht vollstreckungsfähig. Keine Unrichtigkeit des Grundbuchs, da das dingliche Vorkaufsrecht wirksam bestellt worden ist. Die fehlende Beurkundung ist unschädlich. Abgrenzung: Beurkundungsbedürftigkeit von Rechtsgeschäften und schuldrechtliches sowie dingliches Vorkaufsrecht und das dem letzteren zugrunde liegende schuldrechtliche Geschäft. Form erfasst auch Grundgeschäft, BGH, Urteil vom 17.05.1967, V ZR 96/64; RGZ 72, 385, 392 f. Heilung des Formmangels durch Eintragung, BGH, Urteil vom 17.05.1967, V ZR 96/64 Die Formbedürftigkeit der dinglichen Einigung über ein Vorkaufsrecht ist umstritten: Für ein Formerfordernis beispielsweise BGH, Urteil vom 07.11.1990, XII ZR 11/89, BeckOK, BGB, § 1094, Rn 50 Ablehnend statt vieler: Palandt- Bassenge, BGB, § 1094 Rn 5 H verstarb 2007. Der Kläger verkaufte sein Grundstück an einen weiteren angrenzenden Nachbarn. Mit Schreiben vom 19.09.2013 übten die Beklagten das Vorkaufsrecht aus. Der Kläger beantragt, die Beklagten zu verurteilen, die Löschung des im Grundbuch der Gemarkung … Bl. Nr. … in Abteilung … unter Ziffer … eingetragenen Vorkaufsrechts zu bewilligen. Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen. ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE Die zulässige Klage ist unbegründet. Es besteht kein Grundbuchberichtigungsanspruch des Klägers gemäß § 894 BGB. Das Grundbuch ist hinsichtlich des dinglichen Vorkaufsrechts nicht unrichtig. [11] aa) Das dingliche Vorkaufsrecht im Sinne von § 1094 BGB ist ein eigenständiges Sachenrecht. Es entsteht gemäß § 873 BGB durch Einigung und Eintragung in das Grundbuch. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Dass die Einigung nicht notariell beurkundet worden ist, ist unschädlich. [12] (1) Der notariellen Beurkundung bedarf gemäß dem hier noch anwendbaren § 313 S. 1 BGB aF (nunmehr § 311b I 1 BGB) ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben. Nach allgemeiner Ansicht erfasst dies auch die schuldrechtliche Vereinbarung über die Bestellung eines dinglichen Vorkaufsrechts, da hierdurch zugleich die Verpflichtung begründet wird, das Eigentum an dem Grundstück unter bestimmten Umständen an den Vertragspartner zu übertragen. Wird ein Vertrag, der eine solche Verpflichtung begründet, nicht notariell beurkundet, ist er gemäß § 125 S. 1 BGB nichtig. In analoger Anwendung von § 313 S. 2 BGB aF (nunmehr § 311b I 2 BGB) kann der Formmangel jedoch durch Einigung und Eintragung des dinglichen Vorkaufsrechts in das Grundbuch geheilt werden. Jura Intensiv Auch wenn die Frage, ob auch die dingliche Einigung über die Belastung eines Grundstücks mit einem Vorkaufsrecht gemäß § 1094 BGB notariell beurkundet werden muss, uneinheitlich beurteilt wird, wird ein Formerfordernis im Anschluss an das Reichsgericht überwiegend abgelehnt. Richtigerweise muss die gemäß § 873 BGB zur Bestellung eines dinglichen Vorkaufsrechts erforderliche Einigung, anders als das darauf bezogene Verpflichtungsgeschäft, nicht notariell beurkundet werden. Inhaltsverzeichnis

RA 06/2016 Referendarteil: Zivilrecht 299 [15] (a) Im Ausgangspunkt ist nach dem Grundsatz der Formfreiheit davon auszugehen, dass eine besondere Form nur dann eingehalten werden muss, wenn das Gesetz dies ausdrücklich vorschreibt. Eine solche Bestimmung enthält das Gesetz für die Einigung gemäß § 873 BGB nicht. Nur grundbuchrechtlich soll die für die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderliche Eintragungsbewilligung durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden (§ 29 I 1 GBO). [16] (b) Aus § 313 S. 1 BGB aF bzw. § 311b I 1 BGB lässt sich ein auf das Erfüllungsgeschäft bezogenes Formerfordernis nicht herleiten. [17] (aa) Die Vorschrift regelt nach Wortlaut und systematischer Stellung nur das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft. Ihre analoge Anwendung scheidet schon in Ermangelung einer planwidrigen Regelungslücke aus, weil das Erfüllungsgeschäft nach dem das deutsche Recht beherrschenden Trennungsprinzip bewusst eigenen Regeln unterworfen wird. Das Argument, die dingliche Einigung enthalte zugleich die obligatorische Verpflichtung zu der späteren Eigentumsübertragung, hat bereits das Reichsgericht mit der zutreffenden Überlegung verworfen, dass die Einigung - anders als das Verpflichtungsgeschäft - nur auf die Entstehung des dinglichen Rechtsverhältnisses (also des Vorkaufsrechts) gerichtet sei. Da der Inhalt der Einigung sich im Einigsein über die vereinbarte dingliche Rechtsänderung erschöpft, fehlt ihr jede verpflichtende Wirkung zu einem Tun oder Unterlassen. [18] (bb) Die Formbedürftigkeit der Einigung widerspräche zudem der in § 925 I BGB enthaltenen Regelung für die Auflassung, die als Einigung im Sinne von § 873 BGB auf die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück gerichtet ist. Da selbst die Auflassung nicht notariell beurkundet, sondern (nur) vor der zuständigen Stelle erklärt werden muss, gilt dies erst recht für eine Einigung im Sinne von § 873 BGB, die nicht § 925 BGB unterfällt. Jura Intensiv [19] (cc) Unvereinbar wäre die Formbedürftigkeit schließlich mit der in § 313 S. 2 BGB aF bzw. § 311b I 2 BGB vorgesehenen Heilung des formunwirksamen Verpflichtungsgeschäfts. Hierzu käme es nur unter besonderen Umständen, wenn auch die Einigung der notariellen Beurkundung bedürfte. Der Zweck der Heilungsvorschrift, das bislang unwirksame Kausalgeschäft aufgrund der Erfüllung seinem ganzen Inhalt nach wirksam werden zu lassen, würde verfehlt, wenn die Verfügung denselben Formanforderungen wie das Verpflichtungsgeschäft unterworfen würde und dessen Erfüllung infolgedessen nicht eintreten könnte. Offen bleiben kann die Unwirksamkeit des Vorkaufsrechts gemäß § 2113 I BGB. Ob diese Verfügungsbeschränkung auch für einen Testamentsvollstrecker gilt, der nur für die Vorerbschaft eingesetzt ist, ist zwar streitig, aber nicht entscheidungserheblich. Denn die Beklagten haben das Vorkaufsrecht gemäß § 2368 III a.F. BGB (nunmehr § 2368 S. 2 BGB) i.V.m. § 2366 BGB jedenfalls gutgläubig erworben, da eine solche Beschränkung der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers weder aus dem Testamentsvollstreckerzeugnis (vgl. § 2368 I 2 BGB a.F., nunmehr § 354 II FamFG) noch aus dem Grundbuch hervorging. Im Hinblick auf Grundstücke muss präzise zwischen zivilrechtlichen und grundbuchrechtlichen Formanforderungen unterschieden werden. Es ist unschädlich, wenn eine Rechtsänderung eingetragen wird, obwohl sie nicht korrekt vorgelegt worden ist. Weiter musste hier zwischen dinglichem Erfüllungsgeschäft und schuldrechtlichem Verpflichtungsgeschäft unterschieden werden. Keine analoge Anwendung der das Verpflichtungsgeschäft treffenden Form, da bewusste Unterscheidung beider Geschäfte im BGB durch das Trennungsprinzip RGZ 125, 261 (262 f.) Selbst die Auflassung muss nach § 925 BGB nicht beurkundet, sondern nur vor dem Notar erklärt werden, BGH, Urteil vom 05.12.1956, V ZR 61/56 und vom 25.10.1991, V ZR 196/90. Der Zweck der Heilungsvorschrift würde bei Formbedürftigkeit des dinglichen Geschäfts ins Leere laufen. Zum Zweck der Heilung BGH, Urteil vom 08.10.2004, V ZR 178/03. Nicht entscheidungserhebliche Rechtsfragen sollten Sie in bestimmten Fällen ansprechen. In diesem Fall legen Sie in den Entscheidungsgründen dar, warum ihre Beantwortung offen bleiben kann. Sinnvoll kann dies sein, wenn – insbesondere wegen entsprechendem Parteivortrag – eine Prüfung durch das Berufungsgericht zu erwarten ist und die aufgeworfene Rechtsfrage nicht abwegig ist. Ein Grundbuchberichtigungsanspruch kann sich auch aus ungerechtfertigter Bereicherung ergeben. Inhaltsverzeichnis

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