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RA Digital - 06/2016

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282 Zivilrecht

282 Zivilrecht RA 06/2016 LÖSUNG A. Anspruch der K-Bank gegen B gem. §§ 675c I, 675, 670 BGB Die K-Bank könnte gegen B einen Anspruch auf Zahlung des nach Kündigung des Girovertrags vorhandenen Schlusssaldos i.H.v. 236.422,14 € aus §§ 675c I, 675, 670 BGB haben. I. Zahlungsdiensterahmenvertrag und Zahlungsauftrag gem. § 75 f III 2 BGB Die Überweisung stellt einen Zahlungsauftrag i.S.d. § 675f III 2 BGB im Rahmen eines zwischen Bank und Kunde geschlossenen Zahlungsdiensterahmenvertrags (§ 675f II BGB) dar. Autorisierung der Überweisung vom 15.07.2011 durch B Vereinbartes smsTAN-Verfahren als festgelegte Art der Zustimmung gem. § 675j I 4 BGB Nachweis der Authentifizierung durch die K-Bank gem. § 675w S. 1 und S. 2 BGB durch Vorlage des Transaktionsprotokolls II. Zustimmung zum Zahlungsauftrag Ein solcher Zahlungsvorgang ist jedoch nach § 675j I 1 BGB gegenüber dem Zahler, d.h. Bankkunden, nur wirksam, wenn er ihm zugestimmt hat (sog. Autorisierung). Gem. § 675j I 3 BGB kann die Art und Weise der Zustimmung zwischen dem Zahler und dem Zahlungsdienstleister vereinbart werden. Dabei kann gem. § 675j I 4 BGB festgelegt werden, dass die Zustimmung mittels eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments zu erteilen ist. „[14] Danach haben die Parteien für die Autorisierung im Online-Banking die Nutzung des von der Beklagten angebotenen smsTAN-Verfahrens vereinbart, bei dem ein Zahlungsvorgang durch die Eingabe von PIN und TAN autorisiert wird, wobei die TAN mittels einer SMS-Nachricht an eine vereinbarte Mobilfunknummer des Bankkunden gesendet wird.“ Fraglich ist jedoch, ob hier eine solche Autorisierung des Zahlungsvorgangs am 15.07.2011 durch B vorliegt. Denn sie gibt an, die SMS mit der ihr eine TAN übermittelt wurde, für Spam gehalten und „weggedrückt“ zu haben. 1. Nachweis der Authentifizierung gem. § 675w S. 1 BGB Ist die Autorisierung eines Zahlungsvorgangs wie hier streitig, so hat der Zahlungsdienstleister zunächst gem. § 675w S. 1 BGB die Authentifizierung sowie die ordnungsgemäße Aufzeichnung, Verbuchung und störungsfreie, keine Auffälligkeiten aufweisende technische Abwicklung des Zahlungsvorgangs nachzuweisen. Jura Intensiv „[16] Eine Authentifizierung ist nach § 675w Satz 2 BGB erfolgt, wenn der Zahlungsdienstleister die Nutzung des vereinbarten Zahlungsauthentifizierungsinstruments, einschließlich seiner personalisierten Sicherheitsmerkmale, mithilfe eines Verfahrens überprüft hat. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist der Nachweis einer Autorisierung mithilfe des betroffenen Zahlungsauthentifizierungsinstruments gescheitert. [17] Vorliegend ist die erfolgreiche Überprüfung der streitigen Überweisung durch die Beklagte anhand des vorgelegten Transaktionsprotokolls und damit der Nachweis der Authentifizierung dieses Zahlungsvorgangs sowie der Nachweis der Verbuchung, Aufzeichnung und Störungsfreiheit festzustellen.“ 2. Weitere Anforderungen nach § 675w S. 3 Nr. 1 BGB Jedoch reicht die Authentifizierung und die Aufzeichnung der Nutzung des Zahlungsauthentifizierungsinstruments einschließlich der personalisierten Sicherheitsmerkmale gem. § 675w S. 3 Nr. 1 BGB nicht notwendigerweise aus, um den dem Zahlungsdienstleister obliegenden Nachweis einer Autorisierung des Zahlungsvorgangs zu führen. Inhaltsverzeichnis

RA 06/2016 Zivilrecht 283 a) Anscheinsbeweis Jedoch kann sich ein Zahlungsdienstleister unter engen Voraussetzungen auf einen Beweis des ersten Anscheins berufen, der bei Nutzung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments allerdings den besonderen Anforderungen des § 675w Satz 3 BGB genügen muss. „[28] Der Anscheinsbeweis für eine Autorisierung durch den Zahlungsdienstnutzer darf nicht ohne Rücksicht auf das technische Schutzniveau des verwendeten Sicherheitssystems allein an die ordnungsgemäß aufgezeichnete Nutzung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments einschließlich seiner personalisierten Sicherheitsmerkmale anknüpfen. Die korrekte Aufzeichnung der Nutzung eines nicht ausreichend sicheren Zahlungsauthentifizierungsinstruments kann nämlich für sich keine Beweiserleichterung für den Zahlungsdienstleister rechtfertigen, da andernfalls der Zahlungsdienstnutzer entgegen der Wertung des § 675w Satz 3 Nr. 1 BGB das Risiko von Defiziten des von ihm nicht zu verantwortenden Authentifizierungsvorgangs tragen würde. Vielmehr ist ein allgemein praktisch nicht zu überwindendes und im konkreten Einzelfall ordnungsgemäß angewendetes und fehlerfrei funktionierendes Sicherheitssystem Voraussetzung für die Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises.“ Die Funktionsweise und allgemeine praktische Unüberwindbarkeit des hier verwendeten smsTAN-Verfahrens sind hier nicht ausreichend dargelegt. Der Umstand, dass die für einen Zahlungsvorgang erforderliche TAN an die bei der Bank hinterlegte Rufnummer der SIM-Karte übermittelt und damit die Überweisung freigegeben wurde, liefert allein keine Information über das Sicherheitsniveau des konkret eingesetzten Verfahrens. „[41] Zudem fehlt die notwendige Klärung, ob das von dem Zahlungsdienstleister konkret genutzte Sicherheitssystem im Zeitpunkt der Vornahme des strittigen Zahlungsvorganges ein ausreichendes Sicherheitsniveau für die Anwendung des Anscheinsbeweises geboten hat. Diese Prüfung muss auf Grundlage des neuesten Stands der Erfahrung erfolgen.“ Jura Intensiv b) Erschütterung des Anscheinsbeweis Im Übrigen könnte der Anscheinsbeweis auch ausreichend erschüttert sein. Dies ist der Fall, wenn B Tatsachen dargelegt hat, die die ernsthafte, ebenfalls in Betracht kommende Möglichkeit einer anderen Ursache für die Überweisung nahelegen. „[48] Danach muss der Zahlungsdienstnutzer zur Erschütterung des Anscheinsbeweises keinen konkreten und erfolgreichen Angriff gegen das Authentifizierungsinstrument beweisen, sondern nur solche Umstände, die gegen die Autorisierung durch ihn und für ein missbräuchliches Eingreifen eines Dritten sprechen. Diese Anforderungen kann der Zahler auch dadurch erfüllen, dass er außerhalb des Sicherheitssystems des Zahlungsdienstleisters liegende Indizien, die für einen nicht autorisierten Zahlungsvorgang sprechen, substantiiert darlegt und bei Bestreiten nachweist. [49] Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat die Beklagte zu solchen, zur Erschütterung des Anscheinsbeweises geeigneten Umständen hinreichend vorgetragen. Beweis des ersten Anscheins kann für die K-Bank sprechen Einzelne Anforderungen im Hinblick auf die besonderen Anforderungen des § 675w S. 3 BGB bei Nutzung von Zahlungsauthentifizierungsinstrumenten Anforderungen nicht erfüllt, da Funktionsweise und praktische Unüberwindbarkeit des Online- Banking-Systems der K-Bank nicht nachgewiesen sind Voraussetzungen für eine Erschütterung des Anscheinsbeweises Außerhalb des Sicherheitssystems des Zahlungsdienstleisters liegende Indizien können herangezogen werden Inhaltsverzeichnis

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