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RA Digital - 06/2018

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308 Referendarteil:

308 Referendarteil: Zivilrecht RA 06/2018 Grundsätze zur Auslegung einer bestimmten Handlung als Verzichtserklärung Verzichtswille muss unmissverständlich sein, ständige Rechtsprechung, BGH, Urteil vom 15.7.2016, V ZR 168/15 § 354a I 3 HGB regelt, dass Vereinbarungen, die von § 354a I 1 und 2 HGB abweichen, also das Leistungswahlrecht beschränken, unwirksam sind. Erfasst werden von § 354a I 3 HGB nach h.M., der sich der BGH hier anschloss, keine Vereinbarungen, in denen der Schuldner auf § 354a I 2 HGB verzichtet, wenn sie getroffen wurden, nachdem der Schuldner Kenntnis von der Abtretung erlangt hat. BGH, Urteil vom 13.11.2008, VII ZR 188/07; Baumbach/Hopt, HGB, § 354a HGB, Rn 3. Fassen Sie sich bei unkomplizierten Nebenentscheidungen unbedingt kurz! Zwar sind an das Vorliegen des Willens einer Partei, auf ihr eingeräumte Rechtspositionen zu verzichten, strenge Anforderungen zu stellen. Der Verzichtswille darf nicht vermutet werden, sondern muss - unter Berücksichtigung sämtlicher Begleitumstände - unmissverständlich sein. Dies ist hier jedoch der Fall. Die Bestätigung der Beklagten soll nicht nur die Kenntnis vom Gläubigerwechsel verdeutlichen, sondern kann vielmehr nur als Verzicht auf die dem Schuldner in § 354a I 2 HGB eingeräumte Befugnis, an den bisherigen Gläubiger leisten zu können, verstanden werden. Dem Verzicht steht auch nicht § 354a I 3 HGB entgegen. Denn § 354a I 3 HGB erfasst nach überwiegender Ansicht nicht eine nach und in Kenntnis der Abtretung erfolgte Vereinbarung des Schuldners mit dem Zessionar, Zahlungen künftig an diesen zu entrichten. Die entgegenstehende Auffassung berücksichtigt nicht hinreichend, dass § 354a I 2 HGB dem Schutz des Schuldners dient. Deshalb kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber diesem die Möglichkeit nehmen wollte, nach einer ihm bekannt gewordenen Abtretung durch eine Absprache mit dem neuen Gläubiger auf die eingeräumte Rechtsposition zu verzichten. Durch das dem Schuldner eingeräumte Wahlrecht, ungeachtet der Wirksamkeit der Forderungsabtretung schuldbefreiend auch an den bisherigen Gläubiger leisten zu können, soll „das Interesse des Forderungsschuldners, sich nicht auf wechselnde Gläubiger einzustellen sowie Verrechnungen und Zahlungsvereinbarungen mit dem alten Gläubiger vornehmen zu können, […] uneingeschränkt gewahrt“ werden. Dies ist bei einer Vereinbarung wie der hier vorliegenden nicht gefährdet. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I 1, 709 S. 1, 2 ZPO. FAZIT Die Klägerin benötigte für ihre Tätigkeit als Factor keine Erlaubnis nach dem RDG, weil sie kein „eigenständiges Geschäft“ nach § 2 II 1 RDG führte. Um diese Subsumtion zu meistern, ist dringend Grundwissen zu den Fällen des Factorings sowie der Inkassoermächtigung nötig. Jura Intensiv Die Abtretung war auch nicht aufgrund eines Abtretungsverbots unwirksam, weil § 354a HGB zur Anwendung kam. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 06/2018 NEBENGEBIETE Nebengebiete 309 Arbeitsrecht Problem: Keine „Kombination“ verpönter Merkmale im AGG Einordnung: Entschädigungsanspruch gem. § 15 II AGG BAG, Urteil vom 23.11.2017 8 AZR 604/16 EINLEITUNG Arbeitgeber versuchen häufig, potentielle Bewerber durch eine markante Stellenanzeige anzusprechen und bereits in der Stellenbeschreibung die Modernität des Unternehmens zu bewerben. Sie laufen dabei Gefahr, durch Begriffe wie „jung“, „modern“ oder „dynamisch“ beim Bewerber den Eindruck zu erwecken, Kandidaten eines bestimmten – natürlich höheren – Alters seien von vorn herein unerwünscht. SACHVERHALT A, ein im Jahr 2004 gegründetes Handelsunternehmen suchte einen „Software Entwickler (Java) (m/w).“ In der Stellenausschreibung beschrieb sich die Gesellschaft als „ein junges und dynamisches Unternehmen mit 65 Mitarbeitern“. Weiter hieß es, das Unternehmen entwickle sein Handelssystem „agil mit modernen Werkzeugen und Methoden“. In „dynamischen Teams“ könnten „die Aufgabenbereiche gewechselt werden, so dass keine Langeweile aufkommt.“ Besetzt werden sollte „eine Vollzeitstelle mit flexiblen Arbeitszeiten“. Die Klägerin T, eine 54-jährige deutsche Staatsangehörige russischer Herkunft mit einem Studienabschluss als Systemtechnik-Ingenieurin, bewarb sich erfolglos auf die Stelle. T wurde nicht zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen. Mit ihrer Klage begehrte sie Entschädigung wegen einer angeblichen Diskriminierung. Die Beschreibung als „junges und dynamisches Unternehmen“ sowie die Beschreibungen „agil mit modernen Werkzeugen und Methoden“ und „in dynamischen Teams“, so sah es die Klägerin, würden eine Altersdiskriminierung indizieren. Ferner legten die Ausschreibung der Stelle als Vollzeitstelle sowie die Verwendung der männlichen Form („Mitarbeiter“) eine Diskriminierung aufgrund ihres weiblichen Geschlechts nahe. Zusätzlich weise eine Gesamtbetrachtung des Sachverhalts (ältere, weibliche Bewerberin nichtdeutscher Herkunft) bereits unabhängig vom Vorliegen einzelner Diskriminierungsmerkmale auf eine intersektionelle Benachteiligung hin. Jura Intensiv LEITSATZ (DES BEARBEITERS) Nach der Systematik des AGG ist jede Benachteiligung im Hinblick auf jeden in § 1 AGG aufgeführten einzelnen Grund gesondert zu überprüfen. Dies findet seine Bestätigung in § 4 AGG, der die unterschiedliche Behandlung wegen mehrerer Gründe i.S.v. § 1 AGG regelt, dabei allerdings keine neue, aus der Kombination mehrerer dieser Gründe resultierende Diskriminierungskategorie schafft, die sich dann feststellen ließe, wenn eine Diskriminierung wegen dieser Gründe – einzeln betrachtet – nicht nachgewiesen ist. PRÜFUNGSSCHEMA, § 15 II AGG (ENTSCHÄDIGUNG) I. Anwendbarkeit des AGG 1. Persönlicher Anwendungsbereich, § 6 AGG 2. Sachlicher Anwendungsbereich, § 2 AGG II. Verstoß gg. Benachteiligungsverbot, § 7 I i.V.m. § 1 AGG 1. Verstoß gegen ein Diskriminierungsmerkmal, § 1 AGG 2. Art der Benachteiligung, 3 AGG III. Rechtfertigung, §§ 4, 8, 9, 10 AGG IV. Kein Verschulden nötig V. Immaterieller Schaden VI. Einwand des Rechtsmissbrauchs bei „AGG-Hopping“ © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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