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RA Digital - 06/2020

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288 Zivilrecht

288 Zivilrecht RA 06/2020 Damit steht fest, dass B kein Kündigungsrecht gem. § 626 BGB zustand. III. Kündigungsgrund gem. § 624 BGB Fraglich ist, ob sich die Kündigung auf § 624 BGB stützen lässt. Ohne Kenntnisse würde man § 624 BGB aufgrund seines Wortlautes in einer Klausur ohne weiteres anwenden. Das LG Bonn erklärt hier anschaulich den Sinn und Zweck des § 624 BGB. [28] Eine wirksame Kündigung kann auch nicht auf § 624 BGB gestützt werden. Der Sinn und Zweck der Vorschrift stehen einer Anwendung im vorliegenden Fall entgegen. § 624 BGB bezweckt den Schutz des Dienstverpflichteten vor einer übermäßigen Beschneidung seiner persönlichen und beruflichen Freiheit. Hintergrund für die Kündigung der beklagten Partei ist nicht die Wahrung ihrer persönlichen oder beruflichen Freiheit als solcher. Sie beabsichtigt weder die Einstellung des von ihr bislang erbrachten Schulbetriebs als solchen noch auch nur dessen grundlegende Umstrukturierung. Mit der ausgesprochenen Kündigung bezweckt ist allein der Ausschluss des Klägers zu 3) von der Teilhabe an dem Schulbetrieb aufgrund besonderer in dessen Person begründeter Umstände. Jedenfalls nach § 242 BGB ist es der beklagten Partei unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Rechtsausübung verwehrt, im vorliegenden Fall Rechte aus einer Kündigung nach § 624 BGB herzuleiten. IV. Kündigungsrecht gem. § 314 BGB Fraglich ist, ob sich die Kündigung auf § 314 BGB stützen lässt. [29] Für einen Anwendung von § 314 Abs. 1 Satz 1 BGB ist neben § 626 Abs. 1 BGB kein Raum. Im Übrigen würde aber auch eine Kündigung nach § 314 Abs. 1 Satz 1 BGB das Vorliegen eines wichtigen Grundes voraussetzen, an dem es hier - wie aufgezeigt - fehlt. Für einen Rückgriff auf § 313 BGB wegen Störung der Geschäftsgrundlage gilt entsprechendes. V. Vorliegen eines ordentlichen Kündigungsgrundes Fraglich ist, ob die Kündigung vom 12.07.2019 zumindest hilfsweise auf einen ordentlichen Kündigungsgrund gestützt werden kann. Dies könnte im Wege der Auslegung (§§ 133, 157 BGB) oder im Wege der Umdeutung gem. § 140 BGB geschehen. Jura Intensiv [18] Ob die Erklärung der beklagten Partei im Schreiben vom 12.07.2019, mit welchem sie erklärt hat, den Schulvertrag fristlos zu kündigen, auch als (hilfsweise) ordentliche Kündigung ausgelegt oder ggf. in eine solche umgedeutet werden könnte, oder die beklagte Partei eine ordentliche Kündigungen zu einem späteren Zeitpunkt ausgesprochen hat, kann vorliegend dahinstehen. Eine ordentliche Kündigung des Schulvertrags zum Ende des Schulhalbjahrs oder Ende des Schuljahrs kommt nicht in Betracht. C. Ergebnis Die Kündigung vom 12.07.2019 erfolgte ohne Grund. Der Schulvertrag besteht fort. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 06/2020 Zivilrecht 289 Problem: Auslegung einer Individualvereinbarung zur Betriebskostenumlage Einordnung: Mietrecht BGH, Urteil vom 08.04.2020 XII ZR 120/18 EINLEITUNG Die Neuregelung der Grundsteuer wird zu deutlichen Mehrkosten für die Grundstückseigentümer führen. Gleichzeitig ist es üblich, die Grundsteuer wie auch andere Betriebskosten auf den Mieter abzuwälzen. Im Wohnraummietrecht herrschen dank § 556 BGB einigermaßen klare Verhältnisse. Die häufig vorkommenden Probleme in Rechtsstreitigkeiten liegen zum einen im Faktischen und zum anderen vor allem deshalb im Rechtlichen, weil die Kräfte, welche Abrechnungen erstellen, rechtlich nur unzureichend geschult sind. Im Geschäftsraummietrecht gilt § 556 BGB von Gesetz wegen her nicht. Die Rechtsnorm steht im Titel 5 (Mietvertrag, Pachtvertrag), Untertitel 2, der Mietverhältnisse über Wohnraum regelt. § 578 BGB enthält keinen Verweis auf § 556 BGB. Die Parteien müssen folglich ihre Angelegenheiten sorgfältig vertraglich regeln. Geschieht dies durch Allgemeine Geschäftsbedingungen sind die von der Rechtsprechung aufgestellten Transparenzgebote hinsichtlich der Bestimmtheit und Verständlichkeit von Klauseln zu beachten. Hier gibt es mannigfaltige Probleme und zum Teil stark divergierende Rechtsprechung. In dem in RA 2019, 21 ff. vorgestellten Urteil ging das OLG Celle bei der entscheidenden Klausel von einer einzelvertraglichen Vereinbarung aus. In der im Folgenden dargestellten Revisionsentscheidung vom 08.04.2020 schließt sich der XII. Zivilsenat des BGH dieser Bewertung zwar an, kommt bei der Auslegung allerdings mit umfassender Begründung zum gegenteiligen Ergebnis. SACHVERHALT Mit Vertrag vom 13.08.1990 mietete B von K ein bebautes Grundstück zum Betrieb eines Supermarkts mit Getränkehandel und Parkplätzen. Zu den Betriebskosten enthält der Vertrag in seinem § 8 folgende zwischen K und B individuell ausgehandelte, einzelvertragliche Regelung: Jura Intensiv „Sämtliche Betriebskosten werden von dem Mieter getragen. Hierunter fallen insbesondere die Kosten der Be- und Entwässerung sowie der Heizungs- einschließlich Zählermiete und Wartungskosten. (…)“ Die Aufzählung in Satz 2 enthielt die Grundsteuer nicht. Es fehlt ein Hinweis auf die Geltung der Anlage 3 zu § 27 Absatz 1 II. Berechnungsverordung (jetzt § 2 Betriebskostenverordnung), welche eine Auflistung der Betriebskosten enthält. In den jährlichen Betriebskostenabrechnungen bis einschließlich 2011 ließ K die für das Mietobjekt anfallende Grundsteuer unberücksichtigt. Im Jahr 2016 machte er erstmals für die Jahre 2012 und 2013 wegen der Grundsteuer eine Nachforderung von jeweils 5.116,92 € geltend, die B nicht beglich. Zu Recht? LEITSATZ 1. Wie jede schuldrechtliche Vereinbarung muss diejenige über eine Betriebskostenumlage bestimmt oder zumindest bestimmbar sein, um wirksam zu sein. Weitergehende Anforderungen an die Transparenz einer individualvertraglichen Betriebskostenvereinbarung bestehen hingegen anders als bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht (Abgrenzung zu Senatsurteil vom 2. Mai 2012 - XII ZR 88/10, NJW-RR 2012, 1034). (Rn 14) 2. Der in einem Gewerberaummietvertrag verwendete Begriff „Betriebskosten“ erfasst dann, wenn sich kein übereinstimmendes abweichendes Begriffsverständnis der Vertragsparteien feststellen lässt, auch ohne weitere Erläuterungen alle zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in die gesetzliche Definition nach § 556 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB i.V.m. § 2 BetrKV einbezogenen Kostenarten (Fortführung von BGH Urteil vom 10. Februar 2016 - VIII ZR 137/15, NJW 2016, 1308). (Rn 22) 3. Einer einzelvertraglichen Vereinbarung, wonach der Mieter sämtliche Betriebskosten zu tragen hat, fehlt es im Bereich der Gewerberaummiete nicht an der für eine Vertragsauslegung erforderlichen Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit. (Rn 25) 4. Eine solche Regelung erfasst auch dann alle von der Betriebskostenverordnung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses aufgelisteten Kostenarten, wenn sich ihr eine mit „insbesondere“ eingeleitete Aufzählung einzelner Kostenarten aus dem Katalog anschließt. (Rn 26) © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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