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RA Digital - 06/2022

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Editorial

Editorial RA 06/2022 Richterinnen und Richter müssen von Berufswegen Entscheidungen treffen, die nicht immer jedem gefallen. Sie sind es gewohnt, mit Urteilen und Beschlüssen Menschen weh zu tun. Ihr Ziel ist es, das richtige Urteil zu fällen, nicht das auf dem eigenen Wertekanon beruhende, scheinbar „gerechte“. Das Grundsatzurteil des BGH, das Sie im Teil Öffentliches Recht auf Seite 309 finden, behandelt die momentan wohl examensrelevanteste Problematik des Staatshaftungsrechts, nämlich die Frage, ob es Entschädigung oder Schadensersatz für Betriebsschließungen im Zuge der Corona-Pandemie gibt. Sie sollten es unbedingt im Detail studieren, denn die Examensrelevanz ist äußerst hoch. Seit dem 1. Januar 2018 befindet s ich d er Aufwendungsersatzanspruch a us § 4 39 I II i m B GB. S eine Einführung sollte der Befriedung der Rechtssuchenden in den „Einbaufällen“, sowie der Überwindung der auseinanderfallenden Rechtspraxis dienen, welche davon abhing, ob der Käufer ein Verbraucher im Sinne des § 13 BGB war. Die Entscheidung des OLG Köln, welche Sie auf Seite 286 finden, zeigt auf, dass längst nicht alle aufgeworfenen Fragen mit der Einführung der Rechtsnorm beantwortet wurden. Das lesenswerte Urteil ist examensrelevant. Die Grundsatzentscheidungen zur wirtschaftlichen Rückabwicklung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft wurden vor über einem Jahrzehnt getroffen. Lesen Sie auf Seite 281 im Urteil des OLG Hamm, was eine „nichteheliche Beziehung“ ist und welche Rechtsfragen bei Scheiten derselben zu beantworten sind. Rechtsanwalt Oliver Soltner Franchisenehmer von Jura Intensiv Frankfurt, Gießen, Heidelberg, Mainz, Mannheim und Marburg IMPRESSUM Herausgeberin: Chefredaktion: Redakteure: Bezugspreis: Werbung: Jura Intensiv Jura Intensiv Verlags UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG, Duisburger Straße 95, 46535 Dinslaken, Tel.: 02064/8275757 Internet: verlag.jura-intensiv.de - E-Mail: info@verlag.jura-intensiv.de Rechtsanwalt Oliver Soltner (V.i.S.d.P.) Rechtsanwalt Oliver Soltner & Rechtsanwalt Dr. Dominik Jan Sauer, LL.M. (Zivilrecht) Assessor Dr. Dirk Schweinberger (Nebengebiete) Rechtsanwalt Dr. Dirk Kues (Öffentliches Recht) Rechtsanwalt Uwe Schumacher (Strafrecht) Printausgabe: 6,50 Euro/Heft. 12 Hefte pro Jahr. Ermäßigungen für Abonnenten. Digitalausgabe: 5,99 Euro/Heft. Die RA steht externer Werbung offen. Mediadaten sind unter info@verlag.jura-intensiv.de erhältlich. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 06/2022 ZIVILRECHT Zivilrecht 281 Problem: Ausgleich nach Scheitern einer nichtehelichen Beziehung Einordnung: BGB AT, Gesellschaftsrecht, Familienrecht OLG Hamm, Urteil vom 06.04.2022 8 U 172/20 EINLEITUNG Für die Gerichte der 70er, 80er und 90er Jahre war die vermögensrchtliche Rückabwicklung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft eine Herausforderung, weil das BGB eine solche Form des Zusammenlebens nicht regelt. Seit der Grundsatzentscheidung des BGH vom 09.07.2008, XII ZR 39/06 = RA 09/2008, 574 steht die Tür zumindest theoretisch offen für eine Lösung über die Zweckverfehlungskondiktion gem. § 812 I 2 2. Alt. BGB sowie über § 313 BGB. Wie ein Fall zu beurteilen ist, wenn zwei Partner einer nichtehelichen Beziehung eine nichteheliche Lebensgemeinschaft zwar geplant, hierfür bereits Vermögensaufwendungen getätigt, die Lebensgemeinschaft aber nie verwirklicht haben und sich nun über die vermögensrechtliche Rückabwicklung streiten, zeigt anschaulich diese Entscheidung des OLG Hamm. SACHVERHALT Die K und der B führten eine nichteheliche Beziehung. Zwischen beiden bestand weder eine häusliche Gemeinschaft noch eine Wirtschaftsgemeinschaft, ferner fehlte es an einer gemeinsamen Lebensführung. Beide hatten weder gemeinsame Kinder noch ein gemeinsames Konto. Auch hatte eine Integration im jeweiligen Elternhaus noch nicht stattgefunden. Im Jahr 2017 erwarben sie mit notariellem Kaufvertrag ein Grundstück zu einem Kaufpreis von 92.000 € je zur Hälfte, weil sie planten, auf diesem gemeinsam ein Einfamilienhaus zu errichten und gemeinsam zu bewohnen. B beglich den Kaufpreis für das Grundstück und gewährte K für ihren hälftigen Anteil am Kaufpreis ein unbefristetes Darlehen in Höhe von 46.000 €. Zur Finanzierung des Bauvorhabens schlossen die Parteien einen Darlehensvertrag mit der X-Bank über 275.000 €. Das Darlehen wurde von der Bank ausbezahlt. Kurz nach Beginn des Bauvorhabens scheiterte die Beziehung. K setzte das Bauvorhaben alleine fort und veranlasste umfangreiche Investitionen in das Grundstück. Das inzwischen fertiggestellte Einfamilienhaus nutzt sie alleine. Im Januar 2019 strebte K vergeblich die notarielle Beurkundung eines mündlichen Vertrags zur Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils des B auf sie gegen Zahlung von 46.000 € an. Dann erklärte K schriftlich die Kündigung einer aus ihrer Sicht zwischen den Parteien bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur Errichtung des Einfamilienhauses und forderte B erfolglos zur „Rückäußerung“ des Grundstücks auf. Dieser kündigte kurz darauf schriftlich das von ihm gewährte Darlehen und forderte K unter Berücksichtigung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zur Rückzahlung der 46.000 € auf. K beruft sich auf eine angebliche mündliche Vereinbarung, wonach B ihr seinen hälftigen Miteigentumsanteil am Grundstück gegen Zahlung von 92.000 € an sie zu übertragen habe. K verweigert die Rückzahlung des Darlehens unter Berufung auf eine angebliche Verrechnungsabrede mit B mit dem Inhalt, dass sie das Darlehen durch Bezahlung von Bauhandwerkerrechnungen und Leistungen zwecks Errichtung des Einfamilienhauses verrechnen dürfe. Hierzu legt sie Handwerkerrechnungen in Höhe von 62.217,29 € vor. Zu Recht? Jura Intensiv LEITSATZ 1. Der Erwerb eines Grundstücks zu je ½ mit dem Ziel, darauf ein Einfamilienhaus zu errichten, das künftig gemeinsam bewohnt werden soll, stellt keine konkludente Begründung einer BGB- Gesellschaft dar, wenn der Zweck nicht über die Verwirklichung der Beziehung der Parteien hinausgeht. 2. Die Vereinbarung über die Auseinandersetzung einer BGB-Gesellschaft, die die Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück zum Inhalt hat, bedarf zur Wirksamkeit der notariellen Beurkundung. Die Berufung auf die Formnichtigkeit ist jedenfalls dann nicht treuwidrig, wenn beide Parteien die Formbedürftigkeit kannten. 3. Scheitert eine nichteheliche Beziehung nach dem gemeinsamen Erwerb eines Baugrundstücks und errichtet ein Partner nunmehr allein auf dem Grundstück ein Einfamilienhaus, kann er anteiligen Ersatz seiner Aufwendungen nicht nach den Grundsätzen über Ausgleichsansprüche nach Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft verlangen. Es verbleiben Ansprüche wegen der Wertsteigerung des hälftigen Miteigentumsanteils des anderen Partners. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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