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RA Digital - 07/2016

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342 Zivilrecht

342 Zivilrecht RA 07/2016 vorliegend zu prüfen, ob die Kündigung vom 15.11.2010 rechtmäßig war. Hier handelt es sich um einen Mietvertrag über Wohnraum, sodass die §§ 549 ff. BGB Anwendung finden. 1. Kündigungserklärung Gem. § 568 I BGB bedarf die Kündigungserklärung der schriftlichen Form. Diese wurde von B eingehalten. Die berechtigte Kündigung eines auf unbestimmte Zeit geschlossenen Wohnraummietvertrags ist bei Eigenbedarf i.S.d. § 573 II Nr. 2 BGB möglich. Die Umzugskosten müssen adäquat kausal auf der vorgetäuschten Eigenbedarfskündigung beruhen. Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs aufgrund des Räumungsvergleichs 2. Kündigungsgrund gem. § 573 BGB Darüber hinaus kann der Vermieter ein auf unbestimmte Zeit geschlossenes Wohnraummietverhältnis gem. § 573 I 1 BGB nur dann kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Gem. § 573 II Nr. 2 BGB liegt ein solches insbesondere vor, wenn der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familien- oder sonstige Angehörige des Haushalts benötigt. Vorliegend hat B als Grund der Kündigung angegeben, sein Neffe N benötige das Haus zum Eigenbedarf. Unabhängig von der Frage, ob N Angehöriger i.S.d. Norm ist, erscheint es bereits problematisch, dass B das Grundstück gewinnbringend veräußern wollte und davon ausging, N werde dann ohne Schwierigkeiten wieder ausziehen. „[21] Die Kläger haben [aufgezeigt], dass der Beklagte an seiner Verkaufsabsicht durchgängig, also auch nach der von ihm initiierten Vermietung des Hauses an seinen Neffen, festgehalten hat. Der Beklagte hat die Vermietung an seinen Neffen in der Erwartung vorgenommen, diesen im Falle eines gelingenden gewinnbringenden Verkaufs ohne Schwierigkeiten zum Auszug bewegen zu können.“ B hat den Eigenbedarf daher nur vorgeschoben. 3. Zwischenergebnis Ein solches Vorgehen ist wegen der Verletzung einer Treuepflicht nicht von § 573 II Nr. 2 BGB gedeckt, sodass die Kündigung eine Pflichtverletzung i.S.d. § 241 II BGB darstellt. Jura Intensiv III. Verschulden B hat bei Ausspruch der unwirksamen Eigenbedarfskündigung zumindest die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen und damit fahrlässig i.S.d. § 276 I BGB gehandelt. Im Übrigen wird sein Verschulden gem. § 280 I 2 BGB vermutet. IV. Adäquat kausaler Schaden Die dem K entstandenen Umzugskosten stellen ein unfreiwilliges Vermögensopfer und ersatzfähigen Schaden gem. § 249 I BGB dar. Allerdings müsste dieser auch adäquat kausal auf der Pflichtverletzung, d.h. vorgetäuschten Eigenbedarfskündigung beruhen. Zu prüfen ist daher, ob der zwischen K und B geschlossene Räumungsvergleich zu einer Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs führt. „[12] Ein Räumungsvergleich unterbricht den Zurechnungszusammenhang zwischen der Vortäuschung einer (Eigen-) Bedarfssituation und dem später vom Mieter geltend gemachten Schaden nur dann, wenn damit auch etwaige Ansprüche des Mieters wegen eines nur vorgetäuschten Bedarfs abgegolten werden sollten. Hiervon ist im Streitfall nicht auszugehen. Inhaltsverzeichnis

RA 07/2016 Zivilrecht 343 [13] Der Wortlaut des Vergleichs bietet keine Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien über den Streitgegenstand und die ausdrücklich geregelten Punkte hinaus sämtliche in Betracht kommenden Ansprüche aus dem Mietverhältnis, also etwa auch einen Schadensersatzanspruch wegen vorgetäuschten Bedarfs, abschließend regeln wollten. [14] Auch ein stillschweigender Verzicht kommt nach den vom Senat entwickelten Maßstäben nicht in Betracht. An das Vorliegen eines stillschweigenden Verzichts auf Schadensersatzansprüche wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs sind strenge Anforderungen zu stellen; der Verzichtswille muss - auch unter Berücksichtigung sämtlicher Begleitumstände - unmissverständlich sein. Hierfür bedarf es regelmäßig bedeutsamer Umstände, die auf einen solchen Verzichtswillen schließen lassen; derartige Umstände können bei einem Räumungsvergleich etwa darin liegen, dass sich der Vermieter zu einer substantiellen Gegenleistung verpflichtet. Solche Umstände liegen nach den getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht vor.“ Der Schaden beruht damit auch adäquat kausal auf der Rechtsgutverletzung. B. Ergebnis Mithin steht K gegen B ein Anspruch auf Schadensersatz i.H.d. der entstandenen Umzugskosten aus §§ 280 I, 241 II BGB zu. FAZIT Eigenbedarf kann auch dann vorgeschoben sein, wenn ein Vermieter wegen des Bedarfs eines Angehörigen kündigt, aber in Wahrheit Verkaufsabsichten hegt. Wenn der Mieter beweisen kann, dass dem Angehörigen oder einer entsprechenden Eigenbedarfsperson der Wohnraum nur in der Erwartung überlassen wurde, diese Person im Fall eines Verkaufsangebots ohne Probleme zum Auszug bewegen zu können, kann der Mieter erfolgreich Schadensersatzansprüche geltend machen. Diese können Umzugskosten, Makler- und Renovierungskosten und sogar Kosten für die Neuanschaffung von Möbeln umfassen. Nicht zuletzt kann auch die höhere Miete im neuen Objekt einen ersatzfähigen Schaden verursachen. Jura Intensiv Der Wortlaut des Vergleichs bietet keine Anhaltspunkte dafür, dass ein Schadensersatzanspruch wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs ausgeschlossen sein soll. Kein stillschweigender Verzicht, da der unmissverständliche Verzichtswille nicht zu ermitteln ist Ebenfalls zu prüfen wären § 826 BGB, § 823 II i.V.m. § 263 StGB und § 823 I BGB. Inhaltsverzeichnis

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