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RA Digital - 07/2016

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350 Zivilrecht

350 Zivilrecht RA 07/2016 [29] So liegt der Fall hier. Die Parteien haben die Befristung bis zum 31.12.2016 erstmals am 04.11.2014 vereinbart mit der Folge, dass das Beurkundungserfordernis sich auf den gesamten Vertragsinhalt zu beziehen hat. Änderung des Mietzwecks durch Y und die M-AG ohne Einhaltung der Schriftform § 550 BGB wurde nicht eingehalten. Durch die Bestätigung der M-AG zur Nutzungsänderung gem. § 1 Ziffer 1.3 der Mietverträge wurde keine Vertragspflicht erfüllt. Wesentlicher Unterschied, ob nur einzelne und genau bezeichnete Warenarten oder aber alle handelsüblichen Waren gelagert werden dürfen [30] Nach dem Mietvertrag vom 03.12.2006 zwischen dem ursprünglichen Mieter Y und der M-AG, der Vorvermieterin, wurde eine Teilfläche von 400 m² zum Mietzweck “Lagerung und Verkauf von Stoffen und Kurzwaren” vermietet. Mit weiterem Mietvertrag vom 09.05.2006 mietete der Mieter Y eine Teilfläche von 1.200 m² an, wobei nach § 1 Ziffer 1.3 als Mietzweck “Lagerung und Verkauf von Stoffen und Kurzwaren, Textilien und Baumaschinen” angegeben ist. [31] Unstreitig haben die ursprünglichen Vertragsparteien die Mietverträge im Juli 2006 in Bezug auf den Mietzweck geändert, ohne dabei die Form des § 550 BGB einzuhalten. [32] Mit Schreiben vom 25.07.2006 hat die damalige Vermieterin [M-AG] dem damaligen Mieter [Y] gemäß § 1 Ziffer 1.3 der Mietverträge bestätigt, dass ihm auch das Lagern von handelsüblichen Waren gestattet ist. Der damalige Mieter hat dem auch zumindest konkludent durch Nutzung der Räume in dem erweiterten Umfang zugestimmt. Hierin liegt eine Änderung der ursprünglichen Mietverträge, nach denen dem Mieter die Mietsache ausschließlich zu Lagerung und Verkauf von Stoffen und Kurzwaren sowie von Textilien und Baumaschinen überlassen war. Einer anderen Nutzung durfte der Mietgegenstand nach den Verträgen nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung des Vermieters zugeführt werden. Danach hat die Vermieterin mit der Zustimmung nicht nur eine bereits bestehende Vertragspflicht auf Zustimmung erfüllt. [Es] bestand hier kein Rechtsanspruch des Mieters auf Erteilung der Zustimmung. Denn die Verträge regeln keine Voraussetzungen, unter denen der Vermieter verpflichtet wäre, einer solchen anderen Nutzung zuzustimmen. Die Berechtigung zur anderweitigen Nutzung folgt daher vorliegend nicht bereits aus den Mietverträgen, sondern erst aus der insoweit konstitutiven Zustimmung der Vermieterin. [33] Die Änderung des Nutzungszweckes bedurfte der Schriftform. Zwar ist dies nicht der Fall bei solchen Abreden, die für den Inhalt des Vertrages von nur nebensächlicher Bedeutung sind. [34] Dies ist hier aber nicht der Fall. Denn es stellt einen wesentlichen Unterschied dar, ob der Gebrauch der Mieträume auf Lagerung und Handel von einzelnen, bestimmt bezeichneten Warenarten beschränkt ist, oder ob dies für alle handelsüblichen Waren zulässig ist. Auch wenn die ursprünglich gestatteten Warengruppen von sehr unterschiedlicher Art waren (Stoffe, Baumaschinen), verbleibt doch eine überwiegende Anzahl an handelsüblichen Warengruppen, deren Lagerung und Handel ursprünglich nicht gestattet war. Dies ist nicht nur für den Mieter von erheblicher Bedeutung, sondern auch für den Vermieter und damit auch für einen potentiellen Erwerber. Denn dies betrifft nicht nur die Anforderungen, die die Mieträume gegebenenfalls erfüllen müssen, sondern auch den (vertragsimmanenten) Konkurrenzschutz, den der Vermieter sowohl diesem als auch etwaigen anderen Mietern gegebenenfalls gewähren muss und der durch das vertragsgemäße Handelsgut beeinflusst wird. Die Erweiterung der Grenzen des vertragsgemäßen Gebrauchs ist daher wesentlich und bedarf der Schriftform. Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis

RA 07/2016 Zivilrecht 351 [35] Die Vereinbarung über die Erweiterung des Nutzungszwecks ist nicht in schriftlicher Form erfolgt. Denn dies setzt nach § 126 Abs. 2 BGB voraus, dass Angebot und Annahme in schriftlicher Form erklärt werden. Dies war hier nicht der Fall, da das Schreiben der Vermieterseite vom 25.07.2006 nicht von dem Mieter unterschrieben ist. Es genügt insoweit auch nicht, dass die Vertragsparteien die Änderung tatsächlich vollzogen haben. Denn ein konkludenter Vertragsschluss genügt dem Formerfordernis des § 550 BGB nur dann, wenn eine von beiden Parteien unterzeichnete, die Vertragsbedingungen enthaltene Urkunde vorliegt, die dem später konkludent geschlossenen Vertrag entspricht. An einer solchen auch von dem Mieter unterzeichneten Urkunde fehlt es hier. Aus den späteren Nachträgen zu den Mietverträgen geht die Erweiterung des Nutzungszwecks in keiner Weise hervor. Damit bleibt zu prüfen, ob die Änderung der Mietverträge hinsichtlich des Nutzungszwecks auch materiell-rechtlich wirksam war. Dem könnte die in § 21 Ziffer 21.7 der Mietverträge aufgenommene qualifizierte Schriftformklausel entgegenstehen. Es handelt sich dabei um Allgemeine Geschäftsbedingungen gem. § 305 I BGB. Sie könnten gem. § 305b BGB unwirksam sein. „[37] Es ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob (auch) bei der Vereinbarung einer qualifizierten Schriftformklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Vorrang individueller Vertragsabreden gilt (§ 305 b BGB) und/oder ob diese Klausel wegen unangemessener Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist. [39] Der BGH hat die Konstellation einer qualifizierten Schriftformklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen noch nicht entschieden. Er hat allerdings zur einfachen Schriftformklausel in einem langfristigen Gewerbemietvertrag ausgeführt, dass der Vorrang der Individualabrede gelte, auch wenn man ein berechtigtes Interesse des Verwenders anerkenne, einem langfristigen Mietvertrag nicht durch nachträgliche Abreden die Schriftform zu nehmen. Weiter argumentiert er damit, dass es nicht darauf ankomme, ob die Parteien bei ihrer mündlichen Absprache an die entgegenstehende Klausel gedacht haben. Ein bewusstes Abweichen sei nur erforderlich, wenn von einer individuell vereinbarten so genannten qualifizierten Schriftformklausel abgewichen werde, weil in solchen Fällen der Vorrang der Individualvereinbarung nach § 4 AGBG (a.F.) keine Anwendung findet, sondern die individuell vereinbarte qualifizierte Schriftformklausel erst abgeändert werden muss. Jura Intensiv Schriftform durch das Vermieterschreiben vom 25.07.2016 nicht eingehalten Streitstand, ob bei der Vereinbarung einer qualifizierten Schriftformklausel in AGB die Individualabrede gem. § 305 b BGB vorgeht und/oder die Klausel wegen unangemessener Benachteiligung nach § 307 I BGB unwirksam ist [40] Der BGH stellt im Vergleich der Klauselarten in erster Linie darauf ab, ob eine Allgemeine Geschäftsbedingung vorliegt oder eine Individualvereinbarung. Diese Argumentation, wonach der Vorrang einer Individualabrede gilt (§ 305 b BGB), ist auf eine qualifizierte Schriftformklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen übertragbar. [41] Die Wirkungslosigkeit der qualifizierten Schriftformklausel zugunsten der Vermieterseiten, hier der Klägerin als Verwenderin muss nicht außer Betracht bleiben. Es ist mit § 550 BGB nicht vereinbar, wenn der Erwerber - wie hier die Klägerin - an die mündliche Vertragsänderung und zugleich auch an die Befristung des Mietvertrages gebunden sein soll. Inhaltsverzeichnis

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