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RA Digital - 07/2016

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354 Referendarteil:

354 Referendarteil: Zivilrecht RA 07/2016 Sie meint, infolge der Übersendung der geprüften Schlussrechnung mit Schreiben vom 15.11.2013 habe sie konkludent die Aufrechnung erklärt. Nach Abzug der 4.050 € ergebe sich immer noch eine Überzahlung des Klägers. Die Begriffe „Vollstreckungsabwehrklage“ und „Vollstreckungsgegenklage“ sind synonym. ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE Die Klage ist als Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 I ZPO zulässig. Sie ist statthaft, weil der Kläger materielle Einwendungen gegen den titulierten Anspruch einwendet. Der Kostenfestsetzungsbeschluss ist nach § 794 I Nr. 2 ZPO ein Vollstreckungstitel. Der Kläger macht mit der Aufrechnung einer anderen Forderung eine materiellrechtliche Einwendung geltend. Sie ist auch in vollem Umfang begründet. Der Kläger hat gegen die Vollstreckungsforderung der Beklagten mit einer eigenen Forderung aufgerechnet, so dass der Vollstreckung ein materiellrechtlicher Einwand entgegensteht. Hauptproblem des Falls war die Frage, ob der Kläger mit seinem Vorbringen gem. § 767 II ZPO präkludiert war. Die Aufrechnung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss ist nur in begrenztem Maße zulässig, Zöller/Herget, ZPO, § 104, Rn 21 „Aufrechnung“ mwN. Grund für den Ausschluss der Aufrechnung: Der im Verfahren zuständige Rechtspfleger hat wegen der Formalisierung der Zwangsvollstreckung keine Kompetenz, mit Rechtskraft über die Aufrechnung zu entscheiden. Zur Rückfestsetzung von Kosten OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.04.2007, 6 W 227/06 Unstreitige Forderung muss aber berücksichtigt werden § 767 II ZPO ist insgesamt nicht auf den Kostenfestsetzungsbeschluss anwendbar. Zugunsten des Klägers ist ein Betrag in Höhe von 4.050 € anzusetzen, der der Forderung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss entgegengehalten werden kann. Der Kläger ist mit diesem Einwand auch nicht präkludiert im Sinne des § 767 II ZPO. „[7] Gegenüber einer in einem Kostenfestsetzungsbeschluss titulierten Forderung ist zwar grundsätzlich eine Aufrechnung unzulässig, das gilt aber nicht, soweit es sich um rechtskräftig festgesetzte andere Kostenerstattungsansprüche oder - wie hier - unstreitige Gegenforderungen handelt. Auch nach Ansicht der Rechtsprechung soll die Präklusionswirkung des § 767 II ZPO nicht die Aufrechnung gegen die Forderung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss nach § 104 ZPO mit einem Anspruch, der vor Erlass des Beschlusses bereits bestanden hat, hindern. Denn im Kostenfestsetzungsverfahren war die Berücksichtigung der Aufrechnung nicht möglich; der Rechtspfleger ist nicht befugt, mit der Folge des § 322 II ZPO über eine streitige Gegenforderung zu entscheiden. Das Gleiche gilt für die Rückfestsetzung von Kosten gemäß § 91 IV ZPO. Jura Intensiv [8] In beiden Fällen (Kostenfestsetzung bzw. Rückfestsetzung) muss der Aufrechnungseinwand dagegen berücksichtigt werden, wenn die Aufrechnungslage unstreitig besteht. [9] Entsprechend hat der Bundesgerichtshof entschieden (BGH, Urt. v. 05.01.1995 - IX ZR 241/93), dass § 767 II ZPO grundsätzlich nicht hindert, im Wege der Vollstreckungsabwehrklage mit Forderungen aufzurechnen, die schon vor Erlass des Festsetzungsbeschlusses bestanden haben. Hier gelten die gleichen Gründe wie für die Aufrechnung mit Ansprüchen gegen Forderungen aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss nach § 104 ZPO. Insoweit ist anerkannt, dass § 767 II ZPO sich schon aus prozessrechtlichen Erwägungen grundsätzlich nicht sinngemäß anwenden lässt. Das Kostenfestsetzungsverfahren ist dem Rechtspfleger übertragen (§ 21 Nr. 1 RPflG), und dieser ist nicht befugt, über eine nach Bestand und Höhe streitige Gegenforderung zu entscheiden. Inhaltsverzeichnis

RA 07/2016 Referendarteil: Zivilrecht 355 [10] Dass der Kostenschuldner gegen den Erstattungsanspruch nach Erlass der Kostenentscheidung auch dann noch aufrechnen kann, wenn er die Aufrechnung vor der Schlussverhandlung im Rechtsstreit hätte erklären können, steht ebenfalls fest (dazu grundsätzlich BGH, Urt. v. 15.11.1951 - IV ZR 72/51). Das wäre im hier zu entscheidenden Fall auch möglich gewesen: Der Kostenfestsetzungsbeschluss datiert vom 24.03.2015, die Gegenforderung aus dem Bauvorhaben N. ergibt sich aus der Schlussrechnung vom 20.08.2013; die letzte mündliche Verhandlung im Verfahren, das zum streitigen Kostenfestsetzungsbeschluss geführt hat, hat am 27.01.2015 stattgefunden.“ Die Gegenforderungen, auf die sich der Kläger berufen kann, sind unstreitig. Es ergibt sich demnach schon unter Ansatz der unstreitigen Beträge zugunsten des Klägers ein berücksichtigungsfähiger Betrag von 4.050 €. Dieser Betrag übersteigt die im Kostenfestsetzungsbeschluss titulierte Forderung. Demnach ist die Zwangsvollstreckung insgesamt für unzulässig zu erklären. Auf etwaige weitere Forderungen aus Nachträgen, auf die sich der Kläger ebenfalls beruft, kommt es vor diesem Hintergrund nicht mehr an. Die Gegenforderungen, mit denen die Beklagte ihrerseits gegen die von der Klägerin aufgerechneten Forderungen aufrechnet, sind demgegenüber nicht berücksichtigungsfähig. Soweit die Beklagte meint, sie habe durch Übersendung der Prüfung der Schlussrechnung konkludent die Aufrechnung erklärt, ist insoweit richtig, dass es nicht auf eine ausdrückliche Aufrechnungserklärung ankommt. Es genügt die klare Erkennbarkeit des Aufrechnungswillens. Forderung und Gegenforderung müssen lediglich hinreichend bestimmt sein. Es genügt auch die Leistungsverweigerung gegenüber einer gleichartigen Schuld. Eine solche konkludente Erklärung könnte in dem Schreiben vom 15.11.2013 liegen, weil die Beklagte in dieser eigene Forderungen geltend macht, die sie der Restforderung des Klägers gegenüberstellt, und sich daraus einen eigenen Zahlungsanspruch errechnet. Nach dem letzten Satz dieses Schreibens („Bei Übersendung einer Gewährleistungsbürgschaft über 4.050 € reduziert sich der an uns zu überweisende Betrag entsprechend.“) verbliebe ein Restbetrag von 148,07 € zugunsten der Beklagten (4.198,07 € - 4.050 €). Jura Intensiv Im Gegensatz zu den unstreitigen Ansprüchen des Klägers, mit denen er aufrechnen kann, sind die Gegenforderungen der Beklagten aber weder rechtskräftig festgestellt noch unstreitig geworden. Die Beklagte beruft sich lediglich auf eine handschriftliche Rechnungsprüfung (in der Anlage B 1) und das Zeugnis ihres Mitarbeiters L. (vgl. Bl. 63 u. 149 d.A.). Zudem kann der Aufrechnungsgegner die Aufrechnung nicht wirksam durch eine „Gegenaufrechnung“ mit einer dritten Forderung bekämpfen. Dies gilt grundsätzlich ebenso für Prozessaufrechnungen. Die Aufrechnung gegen Kostenfestsetzungsbeschlüsse ist auch mit Forderungen möglich, die bereits während des Rechtsstreits möglich wären. Der Grund: Während des Prozesses kann noch kein Kostenerstattungsanspruch bestehen, weshalb die Aufrechnung nicht möglich ist. Die Beklagte versucht ihrerseits, die aufgerechneten Forderungen zu Fall zu bringen: Sie habe bereits zuvor gegen diese aufgerechnet. Dazu Palandt-Grüneberg, BGB, § 388, Rn 1 mwN. Ansprüche der Beklagten gegen die Klägerin sind nämlich nicht unstreitig. Grundsätzliche Unzulässigkeit einer innerprozessualen Gegenaufrechnung, siehe auch BGH, Urteil vom 18.07.2013, III ZR 170/12, Rn 39f. Hier stehen sich nämlich die rechtskräftig titulierte Forderung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss und unstreitige Forderungen des Klägers, mit denen er gegenüber der Forderung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss aufrechnet, gegenüber. Diese Forderungen können „gegengerechnet“ werden. Die bestrittenen und bislang lediglich potentiellen weiteren Gegenansprüche der Beklagten müssen dagegen unberücksichtigt bleiben Inhaltsverzeichnis

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