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RA Digital - 07/2016

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360 Referendarteil:

360 Referendarteil: Zivilrecht RA 07/2016 Ein Beweisantrag kann nur unter bestimmten Voraussetzungen abgelehnt werden, z.B. wenn ausgeschlossen ist, dass durch ein Gutachten der erforderliche Beweis geführt werden kann. Die Haftungsquote muss anhand der abstrakten Betriebsgefahr ermittelt werden, weil keine Tatsachen feststehen, welche die Betriebsgefahr eines Kfz. so erhöht haben, dass die Betriebsgefahr des anderen Kfz. dahinter ganz oder teilweise zurücktritt. Verzinsung des Anspruchs ab Rechtshängigkeit, die hier aber für jeden Prozessbeteiligten individuell zu bestimmen ist Hinsichtlich der Anwaltskosten fehlt es an Parteivortrag. Die Regeln über den Gesamtschuldnerausgleich sind nicht direkt, sondern aufgrund der vergleichbaren Wertung analog anwendbar. So auch OLG Hamm, Urteil vom 24.11.2008, 6 U 105/08 und Prölss/ Martin/Knappmann, VVG, 29. A., § 115, Rn 19 Trotz eines entsprechenden Antrags der Beklagten war auch kein Sachverständigengutachten einzuholen. Denn mangels weiterer Anhaltspunkte, insbesondere mangels Lichtbilder der unfallbeteiligten Fahrzeuge, wird die Einholung eines Gutachtens als nicht erfolgversprechend angesehen. Es mangelt an Bildern, die die Beschädigungen des LKW und insbesondere des Fahrzeugs des Versicherungsnehmers der Klägerin in einer Deutlichkeit zeigen, die einer sachverständigen Beurteilung zum Unfallhergang zugänglich werden. Da nicht positiv feststeht, wie sich der Unfall ereignet hat, ist die von der Klägerin geltend gemachte Haftungsquote von 50 % auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Betriebsgefahr des LKW als hoch anzusehen ist, nicht zu beanstanden. Die Höhe des seitens der Klägerin ersetzten Schadens von 37.968,48 € ist zwischenzeitlich unstreitig geworden. 50 % davon betragen 18.984,24 €, die nach §§ 291, 288 ZPO seit Rechtshängigkeit am 31.7.2014 mit Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen sind. Die Beklagte zu 3 trifft die Zinszahlungspflicht erst ab der Zustellung des Schriftsatzes vom 23.10.2015 am 02.11.2015, weil sie erst mit der Zustellung in den Rechtsstreit einbezogen worden ist. Zudem steht der Klägerin kein Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten zu, da es insoweit an jeglichem Vortrag gemäß § 10 RVG fehlt, was die Beklagten in ihrer Klageerwiderung gerügt haben, ohne dass die Klägerin darauf reagiert hätte. Die Klägerin kann auch von der Beklagten zu 2 als Versicherer der Beklagten zu 1 und 3 Zahlung von 18.984,24 € verlangen. Sie hat gegen die Beklagte zu 2 einen gesamtschuldnerischen Ausgleichsanspruch zumindest analog § 426 BGB. „[42] Zwar würden die Klägerin und die Beklagte zu 2, wenn sie den Schaden des Geschädigten zu ersetzen und damit eine identische Leistung zu erbringen hätten, sie nicht demselben Gläubiger, sondern jeweils ihrem Versicherungsnehmer aufgrund der Versicherungsverträge leisten, was gegen die Annahme eines Gesamtschuldverhältnisses spricht (vgl. BGH, Urteil vom 27.7.2010, wobei der BGH offen gelassen hat, ob ein Gesamtschuldverhältnis zwischen zwei Direktansprüchen ausgesetzten Versicherern entsteht). Dessen ungeachtet erachtet das Gericht mit der in Rechtsprechung und Literatur überwiegenden Meinung die (zumindest analoge) Anwendbarkeit der Regeln über den Gesamtschuldnerausgleich zwischen den beiden Unfallhaftpflichtversicherern für angebracht, da auch die unmittelbaren Schädiger gesamtschuldnerisch haften und eine Gleichstufigkeit der Haftung erkennbar gegeben ist.“ Jura Intensiv Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 I, II, 97, 100 IV, 709 S. 1, 2 ZPO. FAZIT Ein Anscheinsbeweis setzt voraus, dass der ihm zugrunde liegende typische Geschehensablauf unstreitig oder bewiesen ist. Im Verkehrsunfallrecht wird häufig in der Beweisstation auf Anscheinsbeweise zurückgegriffen. Dies muss derjenige widerlegen, zu dessen Lasten sie wirken. Inhaltsverzeichnis

RA 07/2016 NEBENGEBIETE Nebengebiete 361 Arbeitsrecht Problem: Anrechnung Sonderzahlungen auf Mindestlohn Einordnung: Monatlich gezahltes Urlaubs- und Weihnachtsgeld BAG, Urteil vom 25. Mai 2016 5 AZR 135/16 EINLEITUNG Die vorliegende Entscheidung ist die erste Entscheidung des BAG zum neuen MiLoG. Es behandelt – endlich – die Streitfrage, wann dem Arbeitnehmer gezahlte Lohnzuschläge auf den Mindestlohn angerechnet werden können. Mit dieser Klärung ist damit zu rechnen, dass die Frage in Examensklausuren beider Examina auftaucht. SACHVERHALT Das Arbeitsverhältnis der in Vollzeit beschäftigten Klägerin bestimmt sich nach einem schriftlichen Arbeitsvertrag, der neben einem Monatsgehalt besondere Lohnzuschläge sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld vorsieht. Im Dezember 2014 schloss die Beklagte mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die monatlich anteilige Auszahlung der Jahressonderzahlungen. Seit Januar 2015 zahlt die Beklagte der Klägerin allmonatlich neben dem Bruttogehalt in Höhe von 1.391,36 € je 1/12 des Urlaubs- und des Weihnachtsgelds, in der Summe 1.507,30 € brutto. Die Klägerin machte geltend, ihr Monatsgehalt und die Jahressonderzahlungen müssten ebenso wie die vertraglich zugesagten Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit auf der Basis des gesetzlichen Mindestlohns in Höhe von 8,50 € brutto/Stunde geleistet werden. Das Arbeitsgericht wies die Klage abgewiesen. Das LAG sprach der Klägerin Nachtarbeitszuschläge in Höhe von 0,80 € brutto zu und wies ihre Berufung im Übrigen zurück. Dagegen legte die Klägerin Revision ein. Jura Intensiv vgl. bereits die Darstellung in der RA 06/2015: „Mindestlohn und Bereitschaftsdienst“ Klausel – § 4 – aus dem Arbeitsvertrag zum Urlaubsgeld und zur Sonderzuwendung (Weihnachtsgeld): „Beginnt oder endet das Arbeitsverhältnis im laufenden Kalenderjahr oder hat der Arbeitnehmer /die Arbeitnehmerin nicht während des gesamten Jahres Bezüge von der Einrichtung erhalten, vermindert sich das zusätzliche Urlaubsgeld sowie die Sonderzuwendung um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat, in dem kein Arbeitsverhältnis bestanden oder für den keine Bezüge beansprucht wurden. Eventuell zu viel gezahltes Urlaubsgeld und/oder Sonderzuwendung sind zurückzuzahlen.“ LÖSUNG Anspruch gem. § 611 BGB i.V.m. § 4 ArbV i.V.m. § 1 MiLoG § 2 I Nr. 2 MiLoG verlangt, dass der Mindestlohn spätestens am letzten Bankarbeitstag des Monats gezahlt wird, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Folglich kommt eine Anrechnung der beiden Sonderzahlungen nur in Betracht, wenn (I.) die Umstellung auf die monatliche 1/12-Auszahlung durch die Betriebsvereinbarung wirksam war und (II.) die beiden Sonderzahlungen überhaupt auf den Mindestlohn anrechenbar sind. I. Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung Die Betriebsvereinbarung erlaubt der Beklagten, die Zwöltelung der Sonderzahlungen Urlaubs- und Weihnachtsgeld vorzunehmen, ohne dass hierin ein Verstoß gegen § 4 des Arbeitsvertrags vorliegt. LEITSATZ Der Arbeitgeber schuldet den gesetzlichen Mindestlohn für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde. Er erfüllt den Anspruch durch die im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis als Gegenleistung für Arbeit erbrachten Entgeltzahlungen, soweit diese dem Arbeitnehmer endgültig verbleiben. Die Erfüllungswirkung fehlt nur solchen Zahlungen, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung (z.B. § 6 V ArbZG) beruhen. Inhaltsverzeichnis

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