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RA Digital - 07/2016

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370 Öffentliches Recht

370 Öffentliches Recht RA 07/2016 Gefahr von Absatzrückgängen nicht gegeben, weil zwischen dem Originalstück und dem neuen Musikstück kein Konkurrenzverhältnis besteht. Kriterien für die Annahme eines Konkurrenzverhältnisses Wirtschaftlicher Vorteil für Sampleverwender führt nicht automatisch zu wirtschaftlichem Nachteil beim Hersteller des Originaltonträgers. Tonträgerhersteller wird durch Lösung des BVerfG nicht rechtlos gestellt. Lizenzgebühren insbesondere möglich für Verwendung von Liedsequenzen in der Werbung, da hier in aller Regel die Kunstfreiheit nicht greifen wird. [102] Eine Gefahr von Absatzrückgängen für die Kläger des Ausgangsverfahrens im Hinblick auf ihr Album „Trans Europa Express“ oder auch nur den Titel „Metall auf Metall“ durch die Übernahme der Sequenz in die beiden streitgegenständlichen Versionen des Titels „Nur mir“ ist nicht ersichtlich. Eine solche Gefahr könnte im Einzelfall allenfalls dann entstehen, wenn das neu geschaffene Werk eine so große Nähe zu dem Tonträger mit der Originalsequenz aufwiese, dass realistischerweise davon auszugehen wäre, dass das neue Werk mit dem ursprünglichen Tonträger in Konkurrenz treten werde. […] Dabei sind der künstlerische und zeitliche Abstand zum Ursprungswerk, die Signifikanz der entlehnten Sequenz, die wirtschaftliche Bedeutung des Schadens für den Urheber des Ausgangswerks sowie dessen Bekanntheit einzubeziehen. [105] Schließlich kann ein erheblicher wirtschaftlicher Nachteil auch nicht damit begründet werden, dass der Verwender des Sample durch die Übernahme das eigene Nachspielen und damit eigene Aufwendungen vermeide. Hierin liegt zunächst lediglich ein wirtschaftlicher Vorteil des Sampleverwenders durch die erzielte Ersparnis. Dieser korrespondiert aber nicht automatisch mit einem entsprechenden Nachteil des Herstellers des Originaltonträgers. Ein solcher könnte allenfalls in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zwischen den beiden Tonträgerherstellern angenommen werden, für das vorliegend aber nichts ersichtlich ist. [108] […] Dies führt umgekehrt auch nicht zu einer übermäßigen Beschränkung der Verwertungsmöglichkeiten an dem Tonträger. Denn die Vergabe solcher Lizenzen bleibt weiterhin möglich und ist für die Nutzung der Samples in vielen Fällen auch erforderlich - beispielsweise für Nutzungen, die nicht von der Kunstfreiheit erfasst sind oder die aufgrund ihres Umfangs oder ihres zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhangs mit dem Originaltonträger nicht hinnehmbare wirtschaftliche Risiken für dessen Hersteller mit sich bringen. […]“ Jura Intensiv Demnach bringen die zivilgerichtlichen Entscheidungen die kollidierenden Grundrechte nicht in einen angemessenen Ausgleich und verletzen die Beschwerdeführer somit in ihrer grundrechtlich geschützten Kunstfreiheit. Z.B. BaWü, Termin 2011 II, 1. Klausur; Berlin, Termin 2013 I, 2. Klausur; NRW, Termin Mai 2015, 2. Klausur, Dezember 2015, 2. Klausur; Saarland, Termin 2013 I, 2. Klausur FAZIT Das Urteil des BVerfG ist nicht nur wegen der Bekanntheit der Beteiligten von Bedeutung. Es bricht darüber hinaus zum einen mit der bisherigen Rechtsprechung, wonach der Schutzbereich der Kunstfreiheit beim Eingriff in Rechte Dritter nicht eröffnet ist. Zum anderen ist die Prüfung der Verhältnismäßigkeit des Einzelakts geradezu mustergültig. Diese Eigenschaften lassen die Entscheidung in den Fokus der JPA rücken, wie die Auswertung der vergangenen Examenstermine zeigt. Inhaltsverzeichnis

RA 07/2016 Öffentliches Recht 371 Problem: Aufenthaltsverbot für Fußballfans im Innenstadtbereich Einordnung: Polizeirecht VG Darmstadt, Beschluss vom 28.04.2016 3 L 642/16.DA EINLEITUNG Die nachfolgend dargestellte Gerichtsentscheidung, obwohl „nur“ von einem Verwaltungsgericht getroffen, hat bundesweit die Gemüter erhitzt. Darf eine Stadt unterschiedslos gegen alle Gästefans einer Fußballmannschaft für weite Teile des Stadtgebiets ein Aufenthaltsverbot verhängen, um Ausschreitungen zu verhindern? SACHVERHALT Im Dezember 2015 war es im Zuge des Fußballbundesligaspiels Eintracht Frankfurt gegen SV Darmstadt 98 zu Ausschreitungen Frankfurter Fans in der Frankfurter Commerzbank-Arena gekommen. Zur Strafe wurde den Frankfurter Fans der Besuch des Rückspiels in Darmstadt am 30.04.2016 verboten. Da die Stadt Darmstadt gleichwohl mit Ausschreitungen in ihrem Stadtgebiet rechnete, erließ ihr Magistrat als zuständige Behörde eine auf die polizeiliche Generalklausel gestützte, ordnungsgemäß bekannt gemachte Allgemeinverfügung, mit der für Anhänger / Fans von Eintracht Frankfurt (erkennbar durch Fanbekleidung, Skandierung von Parolen und sonstigem Auftreten) in der Zeit vom 29.04.2016, 19.00 Uhr, bis 01.05.2016, 7.00 Uhr, der Aufenthalt in einem genau umschriebenen erweiterten Innenstadtbereich untersagt wurde. Eine Ausnahme gilt jedoch für die Personen, die ein berechtigtes Interesse am Betreten des Verbotsbereichs nachweisen können. In einem umfassenden Rechtsgutachten ist zu prüfen, ob das Aufenthaltsverbot rechtmäßig ist? Jura Intensiv LÖSUNG Das Aufenthaltsverbot ist rechtmäßig, wenn es auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage beruht, deren formelle und materielle Voraussetzungen vorliegen. I. Ermächtigungsgrundlage für das Aufenthaltsverbot Als Ermächtigungsgrundlage für das Aufenthaltsverbot kommt die von der Stadt herangezogene polizeiliche Generalklausel des § 11 HSOG in Betracht. Fraglich ist jedoch, ob diese in Anbetracht der speziellen Normierung des Aufenthaltsverbots in § 31 III HSOG überhaupt zur Anwendung gelangen kann. „[9] […] In § 31 Abs. 3 HSOG ist das Aufenthaltsverbot als Maßnahme der Gefahrenabwehr abschließend geregelt. Danach können die Gefahrenabwehr- und die Polizeibehörden einer bestimmten Person für eine bestimmte Zeit verbieten, einen bestimmten örtlichen Bereich innerhalb der Gemeinde zu betreten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person in diesem Bereich Straftaten begehen wird. Da hier ein Aufenthaltsverbot erlassen wurde, tritt die LEITSÄTZE (GEKÜRZT) 1. […] 2. […] Die spezielle Regelung in § 31 Abs. 3 HSOG (Aufenthaltsverbot, d. Red.) darf nicht über die Generalklausel des § 11 HSOG ausgeweitet werden. 3. Es erscheint zweifelhaft, ob die Ermächtigung in § 31 III HSOG grundsätzlich einer Allgemeinverfügung zugänglich ist. Zweifel bestehen deshalb, weil die Regelung Aufenthaltsverbote nur für den Einzelfall vorsieht und sie als Maßnahme gegenüber einer größeren Personengruppe kaum geeignet sein dürfte. 4. […] Für die Mitglieder der Gruppe „Anhänger / Fans von Eintracht Frankfurt“ lässt sich das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 3 HSOG im Einzelfall nicht eindeutig feststellen. […] 5. Gewaltbereite Fans können das Aufenthaltsverbot umgehen, indem sie ihre Anhängerschaft verbergen und die Fanbekleidung abnehmen. […] Außerdem ist eine Verdrängung der befürchteten Ausschreitungen in Stadtgebiete außerhalb des Verbotsbereichs zu befürchten. 6. Es ist nicht angemessen, aufgrund der Gewaltbereitschaft einiger Fans allen Anhängern den Aufenthalt in weiten Bereichen des Stadtgebiets zu untersagen. Normtext des § 31 III HSOG Inhaltsverzeichnis

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