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RA Digital - 07/2016

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376 Referendarteil:

376 Referendarteil: Öffentliches Recht RA 07/2016 Die Versammlung fand am 10. August 2013 statt, wobei auf einen Backstagebereich verzichtet wurde. Ein Verkauf von Waren und Lebensmitteln erfolgte nicht bzw. wurde durch Polizeikräfte vor Ort unterbunden. Falsche Zeitform, Klageerhebung ist im Indikativ Perfekt darzustellen („... hat der Kläger Klage erhoben.“). Klägervorbringen: Konjunktiv Präsens Klageanträge: Indikativ Präsens Da es sich um eine FFK handelt, hätte der Klageantrag richtigerweise lauten müssen: „... rechtswidrig gewesen ist“ oder „... rechtswidrig waren“. Beklagtenvorbringen: Präsens Konjunktiv 2. Teil der Prozessgeschichte: Indikativ Perfekt Am 6. März 2014 erhob der Kläger Klage. Der Kläger ist der Auffassung, bei der Hanfparade handle es sich um eine Versammlung, die als solche erlaubnisfrei sei. Es sei nicht zulässig, einzelne Nutzungen herauszutrennen und für diese das Vorliegen einer Sondernutzungserlaubnis zu fordern. Versorgungsstände seien für die Durchführung der Versammlung funktional notwendig, da angesichts der Dauer der Versammlung die Verpflegung der Teilnehmer sichergestellt sein müsse. Das Verbot des „Berliner Wassertisches“ komme einer Inhaltskontrolle gleich; es sei nicht Sache des Beklagten, zu entscheiden, welche Meinungen der Kläger vertreten dürfe. Die im Rahmen der Privatisierung der Wasserversorgung diskutierte Frage der Bürgerbeteiligung sei auch in der Hanfbewegung ein wichtiges Thema. Zudem sei Wasser zur Kultivierung der Hanfpflanze notwendig. Ein Backstagebereich sei schließlich zur Unterbringung von Bühnentechnik erforderlich. Der Kläger beantragt, festzustellen, dass der Auflagenbescheid vom 31. Juli 2013 betreffend die Versammlung „Hanfparade 2013 – Meine Wahl: Hanf legal!“ am 10.8.2013 hinsichtlich der Auflage zu 1. rechtswidrig ist. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Er verteidigt den Bescheid vom 31. Juli 2013. Versorgungsstände seien für die Durchführung der Versammlung nicht funktional notwendig. In der Nähe des Kundgebungsortes der Abschlussveranstaltung seien ausreichende Verpflegungsmöglichkeiten vorhanden. Ferner habe es jedem Teilnehmer freigestanden, eigene Verpflegung mit sich zu führen. Bei dem Stand des Berliner Wassertisches handle es sich um ein eigenständiges Promotions- bzw. Informationsvorhaben. Da kein Zusammenhang mit dem Thema der Versammlung, der Legalisierung von Cannabis, bestehe, sei dieser nicht ohne Sondernutzungserlaubnis zulässig. Auch hinsichtlich des Backstagebereichs sei ein funktionaler Bezug zur Versammlung nicht dargetan und nicht erkennbar. Es sei nicht ersichtlich, welche Bühnentechnik dort untergebracht werden müsse. Jura Intensiv Mit Beschluss vom 22. Dezember 2015 hat die Kammer den Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen. […]“ ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE Es fehlt der Prozessvorspann zur Übertragung auf den Einzelrichter. Dieser könnte wie folgt formuliert werden: „Das Gericht hat durch den Einzelrichter entschieden, weil ihm die Kammer den Rechtsstreit gem. § 6 I VwGO durch Beschluss übertragen hat“. „Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog statthaft, da sich der Auflagenbescheid vom 31. Juli 2013 mit der Durchführung der Versammlung am 10. August 2013 und damit vor Klageerhebung erledigt hat. Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit gemäß § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO. Dieses ergibt sich aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr. Der Kläger veranstaltet regelmäßig – in der Regel einmal jährlich – eine „Hanfparade“. Inhaltsverzeichnis

RA 07/2016 Referendarteil: Öffentliches Recht 377 Die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen im Rahmen dieser Versammlung Imbiss-, Verkaufs- und Informationsstände sowie ein Backstagebereich zulässig sind, hat sich dabei in den vergangenen Jahren regelmäßig gestellt und war bereits Gegenstand mehrerer Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes vor dem Verwaltungsgericht Berlin […]. In der mündlichen Verhandlung am 11. März 2016 hat der Kläger zum Ausdruck gebracht, auch bei künftigen Versammlungen Versorgungsstände und einen geschützten Technik- bzw. Künstlerumkleidebereich hinter der Bühne einsetzen zu wollen. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der Beklagte in Zukunft vergleichbare Auflagenbescheide erlassen wird. Ein Feststellungsinteresse ergibt sich vorliegend auch daraus, dass ein Eingriff in den Schutzbereich der von Art. 8 Abs. 1 GG gewährten, besonders bedeutsamen Versammlungsfreiheit in Rede steht. Aus der damit gegebenen Möglichkeit eines tiefgreifenden Grundrechtseingriffs ergibt sich ebenfalls ein schützenswertes ideelles Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts. Der erfolglosen Durchführung eines Vorverfahrens gemäß § 68 Abs. 1 S. 1 VwGO bedurfte es nicht, da der Widerspruchsbehörde im Fall der Erledigung des Verwaltungsakts während des Vorverfahrens keine Sachentscheidungskompetenz mehr zukommt. Da sich die Auflagen bereits mit dem Ende der Versammlung und mithin vor Eintritt der Bestandskraft erledigt haben, war die Klage nicht an die Einhaltung einer Klagefrist gebunden. Die Klage ist unbegründet, da Ziff. 1. des Auflagenbescheids vom 31. Juli 2013 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Rechtsgrundlage für den Erlass der Auflagen ist § 15 Abs. 1 VersammlG. Danach kann die zuständige Behörde eine Versammlung oder einen Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist. Jura Intensiv Der Schutz der öffentlichen Sicherheit i.S.d § 15 Abs. 1 VersammlG umfasst die gesamte Rechtsordnung und damit auch die straßen- und straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften. Die Anforderungen des Straßenrechts und des Straßenverkehrsrechts bilden einen geradezu typischen Konfliktbereich im Spannungsfeld Versammlungsfreiheit – öffentliche Sicherheit. Der Ausgleich zwischen der verfassungsrechtlich gewährleisteten Versammlungsfreiheit und der öffentlichen Sicherheit und Ordnung soll nach den Vorstellungen des Gesetzgebers allein nach Maßgabe des § 15 VersammlG erfolgen. Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit i.S.d. § 15 Abs. 1 VersammlG besteht, wenn […] eine über den Gemeingebrauch hinausgehende Sondernutzung öffentlichen Straßengrundes ohne die erforderliche Erlaubnis erfolgt. Zwar zählt die Benutzung öffentlicher Wege und Straßen für Versammlungen zum erlaubnisfreien Gemeingebrauch. Dies gilt jedoch nur, soweit die Nutzung der Straße Bei einer FFK sollten in der Klausur im Rahmen der Zulässigkeit stets (kurze) Ausführungen zur Erledigung und ggf. analogen Anwendung des § 113 I 4 VwGO, zum Feststellungsinteresse, zur Erforderlichkeit eines Widerspruchsverfahrens (wenn landesrechtlich überhaupt noch erforderlich) erfolgen. Ausführungen zur Klagefrist in einer Klausur nur, wenn sie problematisch ist. Begründetheit: Obersatz nicht vergessen! In der Klausur auch Art. 125a I GG nennen Wiedergabe des maßgeblichen Inhalts der Vorschrift wird in öff.- rechtlichen Klausuren erwartet. Öffentliche Sicherheit umfasst auch das Straßen- und Straßenverkehrsrecht als Teil der Rechtsordnung. VersammlG lex specialis zum Straßenund Straßenverkekehrsrecht Sondernutzung ohne Erlaubnis stellt Gefahr i.S.d. § 15 I VersammlG dar Inhaltsverzeichnis

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