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RA Digital - 07/2016

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380 Referendarteil:

380 Referendarteil: Öffentliches Recht RA 07/2016 Abgezäunter Backstagebereich Ausreichender Bezug zum Versammlungszweck? Bühnentechnik bei Großversammlungen grds. erforderlich Umfasst hier Bühne und „FOH“-Zelt Nicht jedoch abgezäunter Backstagebereich Schließlich konnte der Beklagte auch die Einrichtung eines abgezäunten Backstagebereichs mit zwei Pavillons ohne entsprechende ordnungsbehördliche Erlaubnisse gemäß § 15 Abs. 1 VersammlG untersagen. Auch diese Gegenstände sind zur Verwirklichung des Versammlungszwecks für die kollektive Meinungsäußerung weder funktional noch symbolisch wesensnotwendig. Zwar ist eine Bühnentechnik bei Großveranstaltungen zur Unterstützung der Meinungskundgabe erforderlich; dies bedeutet jedoch nicht, dass jede begehrte Infrastruktur dem Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG unterfällt. Die Einrichtung einer Bühne und eines separaten sog. „FOH“ („Front of house“) - Zeltes zur Unterbringung der Verstärkeranlage sowie der Regeltechnik für die Licht- und Tonanlage wurde vom Beklagten nicht beanstandet und konnte vom Kläger ohne gesonderte straßenrechtliche Erlaubnis genutzt werden. Welche (weitere) Technik in dem Backstagebereich untergebracht werden soll, die nicht durch eine Abdeckung oder Absperrung mittels „Flatterband“, gegebenenfalls mit Unterstützung durch Ordner, geschützt werden kann, konnte vom Kläger nicht angegeben werden. Hinsichtlich des Generators konnte der Kläger dem Argument des Beklagten, dass jener aufgrund der Abgase und der Abwärme nicht in einem Zelt untergebracht werden kann, nichts entgegen setzen. Auch die vom Kläger ins Feld geführten Instrumente von Musikern können durch Abdeckungen geschützt werden. Die Tatsache, dass ein Backstagebereich der bequemeren Durchführung des Bühnenprogramms und der Annehmlichkeiten von Rednern und Künstlern dient, führt nicht dazu, dass dieser wesensnotwendiger Bestandteil der Versammlung wird. Auch insofern stand es dem Kläger frei, eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis einzuholen, sofern er auf den Einsatz eines Backstagebereichs nicht verzichten möchte. […] FAZIT Merke: Liegt eine Versammlung vor, können behördliche Maßnahmen nur aufgrund des VersammlG erlassen werden. Das jeweilige Straßengesetz ist daneben nicht anwendbar. Nutzungen der Straße, die typischerweise mit einer Versammlung verbunden sind, stellen erlaubnisfreien Gemeingebrauch dar. Alle anderen Verhaltensweisen sind erlaubnispflichtige Sondernutzung. Fehlt es an einer Sondernutzungserlaubnis, kann die Versammlungsbehörde, gestützt auf das VersammlG, dagegen einschreiten. Die umstrittene und höchstrichterlich noch nicht entschiedene Frage ist jetzt nur, welches Verhalten für eine Versammlung typisch ist, d.h. wann ein Bezug zum Versammlungszweck vorliegt. Genau damit beschäftigt sich das Urteil des VG Berlin und genau das macht auch seine Examensrelevanz aus. Die Entscheidung zeigt zudem beispielhaft, wie man sich mit dem Vorbringen der Beteiligten auseinander zu setzen hat. Dies – eine umfassende, detailgenaue Auseinandersetzung mit den Argumenten des Klägers und den Gegenargumenten des Beklagten – erwarten auch die Prüfer von einer gelungenen Klausurbearbeitung. Ihnen geht es regelmäßig nicht um die „großen Jurafragen“ wie die Verfassungsmäßigkeit einer Norm, sondern um „Banales“, nämlich eine kleinteilige Argumentation anhand des Vorbringens der Beteiligten. Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis

RA 07/2016 STRAFRECHT Strafrecht 381 Problem: Räumlich-zeitlicher Zusammenhang beim Raub Einordnung: Vermögensdelikte BGH, Urteil vom 20.01.2016 1 StR 398/15 EINLEITUNG In der vorliegenden Entscheidung befasst sich der BGH mit der erforderlichen Verknüpfung zwischen dem qualifizierten Nötigungsmittel und der Wegnahme beim Tatbestand des Raubes. Er verlangt hierbei nicht mehr wie bisher nur eine Finalität, sondern auch einen räumlich-zeitlichen Zusammenhang. SACHVERHALT Der Angeklagte A lernte über eine Website, die der Anbahnung homosexueller Kontakte dient, den späteren Geschädigten K kennen. Sie verabredeten einen Besuch des A für den Abend desselben Tages. Am Ende des Abends legten sie sich gemeinsam schlafen. Spätestens gegen 5.00 Uhr am nächsten Morgen fasste A den Entschluss, K durch Schläge auf den Kopf „kampfunfähig“ zu machen, um ungestört die Wohnung nach Wertgegenständen durchsuchen zu können. Er holte aus der Küche einen hölzernen Fleischhammer und eine ungeöffnete Flasche Sekt. Mit dem Fleischhammer und der Sektflasche in den Händen trat A an das Bett des schlafenden K heran und schlug ihm die Flasche und den Fleischhammer gegen den Kopf. K wachte auf und lief in die Küche, wo A nunmehr mit einem Barhocker auf K einschlug. Als es K gelang, A wegzudrücken, ließ dieser von weiteren Attacken ab. Aufgrund der erlittenen Kopfverletzungen blutete K stark. Er ging deshalb ins Badezimmer, um sich zu säubern, und anschließend ins Schlafzimmer, um sich anzuziehen. Währenddessen duschte A im Badezimmer. Dort nahm er aus einem Schrank eine im Eigentum des K stehende Goldkette im Wert von mindestens 930,- € an sich und kleidete sich in der Küche an. Das in der Küche liegende Smartphone des K steckte er ebenfalls ein und verließ die Wohnung. Jura Intensiv LEITSATZ Notwendige Voraussetzung für eine Strafbarkeit wegen Raubes ist eine finale Verknüpfung zwischen dem Einsatz der qualifizierten Nötigungsmittel und der Wegnahme sowie eines räumlich-zeitlichen Zusammenhangs dergestalt, dass es zu einer nötigungsbedingten Einschränkung der Dispositionsfreiheit des Gewahrsamsinhabers über das Tatobjekt gekommen ist. Hat A sich wegen vollendeten Raubes, § 249 I StGB, strafbar gemacht? PRÜFUNGSSCHEMA: RAUB, § 249 I StGB A. Tatbestand I. Qualifiziertes Nötigungsmittel II. Fremde bewegliche Sache III. Wegnahme IV. Vorsatz bzgl. I. – III. V. Finalzusammenhang VI. Absicht rechtswidriger Zueignung B. Rechtswidrigkeit und Schuld Inhaltsverzeichnis

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Rspr. des Monats