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RA Digital - 07/2016

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382 Strafrecht

382 Strafrecht RA 07/2016 LÖSUNG Durch die Schläge und das Mitnehmen der Kette und des Smartphones könnte A sich wegen Raubes gem. § 249 I StGB strafbar gemacht haben. A. Tatbestand BGH, Beschluss vom 25.02.2014, 4 STR 544/13, NStZ 2014, 269, 271 Exklusivitätstheorie: Schönke/Schröder- Eser/Bosch, StGB, § 255 Rn 3 Spezialitätstheorie: BGH, Urteil vom 05.03.2003, 2 StR 494/02, NStZ 2003, 604, 605 I. Qualifiziertes Nötigungsmittel A müsste ein qualifiziertes Nötigungsmittel, also Gewalt gegen eine Person oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, angewendet haben. Die Schläge mit dem Hammer, der Sektflasche und dem Barhocker stellen Gewalt gegen einer Person dar. Ausdrückliche Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben sind nicht gegeben. Zwar ist es denkbar, dass eine Gewaltanwendung als konkludente Drohung fortwirkt. Hierfür ist jedoch das bloße Ausnützen der Einschüchterung des Opfers durch eine frühere Nötigung nicht ausreichend, sondern eine schlüssige Erklärung des Täters erforderlich, er werde zukünftigen Widerstand mit Gewalt brechen. Dies kann im vorliegenden Fall nicht angenommen werden, insb. da A von K abgelassen hatte nachdem dieser ihn nur weggeschubst, also nicht einmal erheblichen Widerstand geleistet, hatte. II. Fremde bewegliche Sache Die Kette und das Smartphone standen im Eigentum des K und waren somit für A fremde bewegliche Sachen. III. Wegnahme A müsste die Sachen weggenommen, also fremden Gewahrsam daran gebrochen und neuen, nicht unbedingt eigenen, Gewahrsam begründet haben. Als die Sachen in der Wohnung des K lagen, hatte dieser Gewahrsam daran, es bestand also für A fremder Gewahrsam. Neuen Gewahrsam hat A spätestens mit Verlassen der Wohnung begründet. Im Rahmen von § 249 I StGB ist streitig, ob das Vorliegen eines Gewahrsamsbruchs nach der inneren Willensrichtung des Opfers zu beurteilen ist (sog. Exklusivitätstheorie) oder nach dem äußeren Erscheinungsbild (sog. Spezialitätstheorie). K wusste nichts davon, dass A die Wertgegenstände gefunden hatte, ging also nicht davon aus, bei deren Erlangung mitwirken zu müssen, sodass sowohl nach seiner inneren Willensrichtung als auch nach dem äußeren Erscheinungsbild eine Wegnahme gegeben ist. Jura Intensiv IV. Vorsatz bzgl. I. – III. A handelte vorsätzlich bzgl. der objektiven Tatumstände. V. Finalzusammenhang Der Tatbestand des § 249 I setzt einen Finalzusammenhang zwischen qualifiziertem Nötigungsmittel und Wegnahme voraus. BGH, Beschluss vom 18.02.2014, 5 StR 41/14, NStZ 2015, 156 „[15] a) Nach ständiger Rechtsprechung muss zwischen der Drohung mit oder dem Einsatz von Gewalt und der Wegnahme beim Raub eine finale Verknüpfung bestehen; Gewalt oder Drohung müssen das Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme sein. An einer solchen Verknüpfung fehlt es, wenn eine Nötigungshandlung nicht zum Zwecke der Wegnahme vorgenommen wird, sondern der Täter den Entschluss zur Wegnahme erst nach Abschluss dieser Handlung fasst. Inhaltsverzeichnis

RA 07/2016 Strafrecht 383 [16] Deshalb genügt der Umstand, dass die Wirkungen eines ohne Wegnahmevorsatz eingesetzten Nötigungsmittels noch andauern und der Täter dies ausnutzt, für die Annahme eines Raubes nicht. Auch das bloße Ausnutzen der Angst eines der Einwirkung des Täters schutzlos ausgelieferten Opfers vor Fortführung bislang nicht auf die Ermöglichung der Wegnahme von Sachen gerichteter Gewalthandlungen reicht – ohne aktuelle Drohung erneuter Gewaltanwendung – nicht aus. BGH, Beschluss vom 25.09.2012, 2 StR 340/12, NStZ-RR 2013, 45 BGH, Beschluss vom 25.02.2014, 4 StR 544/13, NStZ 2014, 269 [17] Demnach ist der Straftatbestand des Raubes regelmäßig dann gegeben, wenn mit dem Nötigungsmittel körperlicher Widerstand überwunden oder aufgrund der Zwangswirkung unterlassen und es hierdurch dem Täter ermöglicht wird, den Gewahrsam zu brechen. Der Tatbestand verlangt allerdings nicht, dass der Einsatz des Nötigungsmittels objektiv erforderlich ist oder die Wegnahme zumindest kausal fördert. Es genügt, dass aus Sicht des Täters der Einsatz des Nötigungsmittels notwendig ist (Finalzusammenhang). Allein seine Vorstellung und sein Wille sind für den Finalzusammenhang maßgebend. […] [19] b) Nach den Feststellungen war der ‚subjektiv-finale Konnex‘ gegeben. Der Angeklagte handelte während der Gewaltanwendung mit Zueignungsabsicht; er wollte gegen das Opfer Gewalt ausüben, um nach der Gewaltanwendung ungehindert Wertgegenstände aus der Wohnung entwenden zu können und er hat die Gewalt gegen das Opfer zu diesem Zweck verübt. Aus seiner Sicht war die Anwendung von Gewalt erforderlich, um den Gewahrsam des Opfers zu brechen. [20] Der einzige Mangel des inneren Tatbestands betraf die Wirkungsweise der Gewalt. Während der Angeklagte bei der Gewaltanwendung annahm, der Geschädigte werde keinen Widerstand leisten, weil er ihn betäubt oder erschlagen hat, blieb er bei der Suche nach Wertgegenständen deshalb unbehelligt, weil sein Gewalteinsatz dazu geführt hatte, dass das Opfer schwer verletzt war, kaum noch etwas sah, sich vom Blut reinigte [und] anzog […]. [21] Diese Abweichung [von] der Vorstellung des Angeklagten […] hebt den Finalzusammenhang aber nicht auf; denn es handelte sich nur um eine unerhebliche Abweichung. […] Jura Intensiv [22] In der Rechtsprechung ist als Rechtsfigur der unerheblichen Abweichung des tatsächlichen vom vorgestellten Kausalverlauf anerkannt, dass eine Divergenz zwischen dem eingetretenen und dem vom Täter gedachten Geschehensablauf im Rahmen der Prüfung des Vorsatzes regelmäßig dann unbeachtlich ist, wenn sie unwesentlich ist, namentlich weil beide Kausalverläufe gleichwertig sind. [23] Dieser Gedanke gilt auch für Abweichungen des vorgestellten Finalzusammenhangs von der tatsächlichen Verknüpfung von Nötigungshandlung und Wegnahme. Abweichungen des tatsächlichen vom vorgestellten Finalverlauf sind für die rechtliche Bewertung bedeutungslos, wenn sie sich innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren halten und keine andere Bewertung der Tat rechtfertigen. [24] Demnach ist es unerheblich, ob sich das Opfer nach Abschluss der vom Täter zum Zweck der Duldung der Wegnahme verübten Tathandlung entschließt, die Wegnahme wegen des zuvor angewendeten Nötigungsmittels zu dulden oder infolge des Einsatzes des Nötigungsmittels nicht mehr in der Lage ist, einen entsprechenden Willen zu bilden und umzusetzen wie dies BGH, Urteil vom 19.04.1963, 4 StR 92/63, NJW 1963, 1210 BGH, Urteil vom 06.10.1992, 1 StR 554/92, NStZ 1993, 79 Irrtümer im Rahmen des Finalzusammenhangs sind unbeachtlich, wenn das tatsächliche Geschehen von der Tätervorstellung nur unwesentlich abweicht. BGH, Urteil vom 10.04.2002, 5 StR 613/01, NStZ 2002, 475; Fischer, StGB, § 16 Rn 7 Fischer, StGB, § 249 Rn 12b Inhaltsverzeichnis

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