338 Zivilrecht RA 07/2016 Charaktermangel Unter „Sonstiges“ wird fixiert, dass das Pferd auf dem Platz und im Gelände Probe geritten wurde, mit ihm aber noch weiter gearbeitet werden müsse. Die Übergabe des Pferdes erfolgt am 13.04.2014. Da in der Folgezeit immer mehr Probleme auftreten, fordert K die B am 21.08.2014 zur Nacherfüllung mit Frist zum 05.09.2014 auf. Da B dem nicht nachkommt, erklärt K mit Schreiben vom 16.09.2014 den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangt den gezahlten Kaufpreis zurück. Zur Begründung führt K an, dass der Wallach seit Anfang Mai 2014 plötzlich sein Verhalten von anfänglich eher schläfrig zu zunehmend schreckhaft verändert habe. Seitdem habe das Pferd beim geringsten Anlass zu Panik und zur Flucht geneigt. Es habe ihn beim Reiten im Gelände im Schritt zweimal abgeworfen, sei durchgegangen und nicht zu bremsen gewesen. Bereits beim Führen vom Hof auf dem Weg zur Koppel steige das Pferd, reiße sich los und gehe durch. Das Pferd entspreche daher nicht der vereinbarten Beschaffenheit. Es handele sich um einen Charaktermangel. B entgegnet ihm, dass das Pferd vor, bei und auch nach Übergabe ausgeglichen, brav, unkompliziert und unter dem Reiter gut beherrschbar gewesen sei. Die von ihm geschilderten Verhaltensauffälligkeiten stellen keinen Charaktermangel dar. Sie lägen vielmehr in der Natur eines Pferdes, und seien im Übrigen auch von den Haltungsbedingungen und dem Reiter selbst beeinflusst. Schließlich sei K noch relativ unerfahren im Umgang mit Pferden. Der Wallach komme mit seinem „Fehlverhalten“ immer wieder durch und nehme ihn daher nicht als Respektperson wahr. Eventuell auftretende Probleme beim Reiten seien daher auch auf unsachgemäße Haltung und/oder falsche reiterliche Einwirkung zurückzuführen. Abhilfe könne durch konsequente Erziehung und vertrauensbildende Maßnahmen geschaffen werden. Hat K gegen B einen Rückzahlungsanspruch? PRÜFUNGSSCHEMA A. Anspruch K gegen B auf Rückzahlung des Kaufpreises i.H.v. 4.200 € gem. §§ 437 Nr. 2, 323, 346 I BGB I. Rücktrittserklärung, § 349 BGB II. Rücktrittsrecht 1. Kaufvertrag 2. Mangel bei Gefahrübergang B. Ergebnis Jura Intensiv LÖSUNG A. Anspruch K gegen B auf Rückzahlung des Kaufpreises i.H.v. 4.200 € gem. §§ 437 Nr. 2, 323, 346 I BGB K könnte gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises i.H.v. 4.200 € aus §§ 437 Nr. 2, 323, 346 I BGB haben. I. Rücktrittserklärung, § 349 BGB Mit Schreiben vom 16.09.2014 hat K gegenüber B den Rücktritt erklärt. Eine Rücktrittserklärung gem. § 349 BGB liegt damit vor. Tiere werden gem. § 90a BGB wie Sachen behandelt. II. Rücktrittsrecht Weiterhin müsste K ein Rücktrittsrecht zustehen. Als solches kommt hier §§ 437 Nr. 2, 323 BGB in Betracht. Auch wenn Tiere keine Sachen im Sinne des BGB sind, finden auf sie die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend Anwendung, § 90a BGB. Inhaltsverzeichnis
RA 07/2016 Zivilrecht 339 1. Kaufvertrag K und B haben am 10.04.2014 einen Kaufvertrag gem. § 433 BGB über einen sechs Jahre alten Wallach zu einem Kaufpreis von 4.200 € geschlossen. 2. Mangel bei Gefahrübergang Weiterhin müsste das Pferd bei Gefahrübergang mangelhaft i.S.d. § 434 BGB gewesen sein. Gem. § 434 I BGB ist eine Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (§ 434 I 2 Nr. 1 BGB), sonst wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB). Gem. § 434 I 3 BGB gehören zur Beschaffenheit nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB auch solche Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers oder seines Gehilfen, insbesondere in der Werbung oder bei der Kennzeichnung über bestimmte Eigenschaften der Sache erwarten kann. „[16] Ob es sich bei den Äußerungen der Beklagten, das Pferd sei ruhig und ausgeglichen, lasse sich problemlos im Gelände reiten und eine coole Socke, um eine Vereinbarung der Beschaffenheit handelt oder der vom Kläger geltend gemachte Sachmangel unter § 434 I 2 Nr. 1 oder Nr. 2 BGB fällt, muss nicht entschieden werden, wenn der Kläger jedenfalls nicht nachweisen kann, dass das Pferd zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs mangelhaft war. Zunächst ist festzustellen, dass das Pferd sowohl beim Probereiten als auch am Tag der Übergabe am 13.03.2014, d.h. bei Gefahrübergang gem. § 446 BGB, die von K gerügten Verhaltensauffälligkeiten noch nicht gezeigt hat. Darüber hinaus besitzt K nur wenig Erfahrung im Umgang mit Pferden und ist auch als Reiter relativ unerfahren. Da er sich im Umgang mit dem Pferd unbedarft und auch inkonsequent zeigt, nimmt ihn das Pferd nicht als Respektsperson wahr. Das Pferd ist mit seinem Verhalten gegenüber K immer wieder durchgekommen und sich so das störrische Verhalten zu Eigen gemacht. Zudem war K auch bekannt, dass das Pferd noch relativ jung und lediglich angeritten ist. Im Kaufvertrag wurde ausdrücklich vereinbart, dass mit dem Pferd noch weiter gearbeitet werden muss. Abhilfe kann daher durch konsequente Erziehung und vertrauensbildende Maßnahmen geschaffen werden. Im Ergebnis stellen die auftretenden Verhaltensmuster nur wesensimmanentes Verhalten eines Herden- und Fluchttieres dar. Es handelt es sich dabei nicht um einen Mangel, der bei Gefahrübergang vorlag, sondern um eine Fehlentwicklung nach Gefahrübergang. Jura Intensiv Damit bleibt zu prüfen, ob sich etwas anderes aus der Beweiserleichterung des § 476 BGB ergeben kann: „[24] Der Kläger stützt seinen Vortrag hinsichtlich eines Sachmangels ausdrücklich darauf, dass das Pferd unter einem Charaktermantel leide. Bei einem Charaktermangel würde es sich zwar grundsätzlich um eine dem Pferd dauerhaft anhaftende Eigenschaft handeln, die nicht gänzlich zu beseitigen ist. Insoweit würde es sich nach Auffassung des Gerichts tatsächlich um einen Sachmangel handeln, für den die Vermutung des § 476 BGB greifen würde, da dieser konkrete Sachmangel (Charaktermangel) Definition des Mangels i.S.d. § 434 BGB Wegen der Anknüpfung an § 434 I 3 BGB ist § 434 I 2 Nr.2 BGB besonders günstig für Käufer. Das Gericht verzichtet hier auf eine genaue Einordnung, ob die Äußerung der B eine Beschaffenheitsvereinbarung darstellt. Dies sei nicht nötig, wenn sicher sei, dass das Pferd bei Gefahrübergang keinen Mangel aufwies. Im Gutachten ist von dieser Vorgehensweise abzuraten. Zumindest sollte man mit nachvollziehbarer Begründung auf § 434 I 2 Nr. 2 BGB abstellen. Das auftretende Fehlverhalten stellt keinen Charaktermangel, sondern lediglich eine Fehlentwicklung des Pferdes dar. Im Anschluss ist zu prüfen, ob sich ein anderes Ergebnis aus der Beweiserleichterung des § 476 BGB ergibt. Inhaltsverzeichnis
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RA 07/2016 Referendarteil: Strafrec
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