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RA Digital - 07/2017

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344 Zivilrecht

344 Zivilrecht RA 07/2017 Die Berücksichtung des „Verbrauchs“ einer Sache würde zu einer nicht gewollten Rechtsunsicherheit und Abgrenzungsschwierigkeiten führen Lebensdauer kann nicht exakt bestimmt werden: Rechtsunsicherheit wäre die Folge Die Auffassung des BGH vermeidet die rechtsunsicheren Abgrenzungen nach der Lebensdauer. Die Windkraftanlage hätte vorliegend daher nach §§ 929 ff. BGB übertragen werden müssen. II.3.b) bb) (2) (b) Sinn und Zweck von § 95 BGB erfordern eine solche Verknüpfung nicht. II.3.b)bb)(2) (b) (aa) Würde der „Verbrauch“ der Sache während der Grundstücksnutzung das Vorliegen eines Scheinbestandteils ausschließen, hätte dies zudem der Rechtssicherheit abträgliche Abgrenzungsschwierigkeiten zur Folge. II.3.b) bb) (3) (a) Unter welchen Voraussetzungen von einem Verbrauch der Sache auszugehen ist, lässt sich nicht einfach bestimmen und wird auch von den Vertretern der Gegenauffassung - jedenfalls für Windkraftanlagen - unterschiedlich beantwortet. Dies liegt zunächst daran, dass die Lebensdauer solcher Anlagen nicht exakt bestimmt werden kann. Unabhängig davon wird es zum Teil für einen Verbrauch als ausreichend angesehen, dass die Mietdauer 10% hinter der prognostizierten Lebensdauer der Anlage zurückbleibe. Andere verlangen, dass die verbleibende Lebensdauer so bemessen sein müsse, dass eine Weiterbenutzung der Sache nach der Trennung vom Grundstück wirtschaftlich sinnvoll sei. Wieder andere halten eine „gänzliche Wertlosigkeit“ für erforderlich, die allerdings nur selten vorliege. II.3.b) bb) (3) (b) Solche Abgrenzungsschwierigkeiten bestehen unter Zugrundelegung der Auffassung des Senats nicht. Da bei einer Verbindung der Sache mit einem Grundstück im Rahmen eines schuldrechtlichen Nutzungsverhältnisses vermutet wird, dass es sich um einen Scheinbestandteil handelt, kann der Rechtsverkehr trotz der Verbindung von der Sonderrechtsfähigkeit der Sache ausgehen. Dies ist nicht nur im Falle einer Veräußerung der Sache von Bedeutung, sondern auch im Zusammenhang mit der Bestellung von Sicherheiten (insbesondere: Sicherungsübereignung der Sache).“ Damit handelt es sich bei der Windkraftanlage um einen sog. Scheinbestandteil gem. § 95 BGB. K ist damit nicht gem. § 946 BGB Eigentümer geworden, als er das Grundstück von E erwarb. Jura Intensiv 2. Eigentumserwerb gem. §§ 929 ff. BGB Ein Eigentumserwerb gem. §§ 929 ff. BGB liegt mangels dinglicher Einigung zwischen K und E ebenfalls nicht vor. II. Zwischenergebnis Damit ist K nicht Eigentümer der Windkraftanlage. B. Ergebnis Mithin hat K gegen B keinen Anspruch auf Herausgabe der Windkraftanlage gem. § 985 BGB. Auf die Absicht der dauerhaften Verbindung kommt es an! FAZIT Bei der Frage, ob die Sache nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden werden soll, ist nach Auffassung des BGH die Absicht einer dauerhaften Verbindung mit dem Grundstück entscheidend und nicht die wirtschaftliche Lebensdauer einer Sache. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 07/2017 Zivilrecht 345 Problem: Schuldnerschutz für den Versicherer Einordnung: Schuldrecht OLG Karlsruhe, Urteil vom 02.06.2017 12 U 161/16 EINLEITUNG Zeigt der Gläubiger seinem Schuldner an, dass er die Forderung abgetreten hat, so muss er dies gem. § 409 BGB gegen sich gelten lassen, auch wenn die Abtretung nicht erfolgt oder unwirksam ist. Ob dies hingegen auch gilt, wenn die Abtretung gem. § 134 BGB nichtig ist, musste in der vorliegenden Entscheidung vom OLG Karlsruhe entschieden werden. SACHVERHALT Zum 01.08.1989 schließt der Kläger (K) bei der Beklagten (B) eine Lebensversicherung ab. Als Vertragslaufzeit werden 28 Jahre vereinbart. Mit Kaufvertrag vom 04.10.2010 verkauft K die Versicherung an die S-GmbH und tritt ihr sämtliche Rechte und Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag ab. Als Kaufpreis werden 15.457 € vereinbart. Die S-GmbH besitzt nicht die für die Erbringung von Bankgeschäften erforderliche Erlaubnis. Mit Datum vom 30.11.2010 erklärt die S-GmbH unter Vorlage der von K unterzeichneten Abtretungsanzeige und des Originalversicherungsscheins die Kündigung des Versicherungsvertrags gegenüber B und fordert diese zur Auszahlung des Guthabens aus. Der Rückkaufswert der Versicherung beträgt am 01.08.2011 insgesamt 13.171 € und wird an die S-GmbH ausgezahlt. In der Folgezeit wird über das Vermögen der S-GmbH ein Insolvenzverfahren eröffnet. Mit Schreiben vom 02.02.2016 fordert K die B daher auf, ihm den Fortbestand des Versicherungsvertrags zu bestätigen. B verweigert dies und beruft sich auf § 409 BGB. Besteht das Versicherungsverhältnis zwischen K und B fort? Anmerkung: Es ist davon auszugehen, dass die Abtretung gem. §32 KWG i.V.m. § 134 BGB nichtig ist. LÖSUNG Jura Intensiv A. Versicherungsverhältnis zwischen K und B Am 01.08.1989 schlossen K und B wirksam eine Lebensversicherung ab. Da die Abtretung aller Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag von K auf die S-GmbH gem. § 32 KWG i.V.m. § 134 BGB unwirksam ist, stand der S-GmbH keine Befugnis zur Kündigung zu. Das Versicherungsverhältnis zwischen K und B besteht fort. LEITSÄTZE 1. Der Versicherungsnehmer einer privaten Lebensversicherung (Rentenversicherung) hatte seine Rechte aus dem Vertrag an ein gewerbliches Unternehmen verkauft und abgetreten. Die Zessionarin erklärte unter Vorlage einer vom Versicherungsnehmer unterzeichneten Abtretungsanzeige – und nach Überzeugung des Senats unter Vorlage des Originalversicherungsscheins – die Kündigung des Versicherungsvertrags und ließ sich den Rückkaufswert auszahlen. Der Versicherungsnehmer beruft sich darauf, dass die Abtretung wegen Verstoßes gegen das Kreditwesengesetz gem. § 134 BGB nichtig sei, und dass deshalb der Versicherungsvertrag ungekündigt fortbestehe. 2. Die Kündigung und die Auszahlung des Rückkaufswertes muss der Versicherungsnehmer auch dann, wenn die Abtretung nichtig sein sollte, gem. § 409 BGB gegen sich gelten lassen. 3. § 409 BGB ist auch dann anwendbar, wenn die Abtretung gegen ein gesetzliches Verbot verstößt; anders nur bei Verstoß gegen ein dingliches Abtretungsverbot oder dann, wenn nach einer gesetzlichen Wertung dem Schutz des (Schein-) Zessionars Vorrang gebührt. B. Schuldnerschutz Möglicherweise kann sich B jedoch gegenüber K auf die Schuldnerschutzvorschrift des § 409 BGB berufen. „II.1.1. Nach § 409 BGB darf der Schuldner, wenn der Gläubiger ihm die Abtretung der Forderung anzeigt, auch dann an den Zessionar leisten, wenn die Abtretung unwirksam ist. Zeigt der Versicherungsnehmer einer Lebensversicherung dieser die Abtretung seiner Rechte an, so Möglicherweise kann sich B auf die Schuldnerschutzvorschrift gem. § 409 BGB berufen © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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