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RA Digital - 07/2017

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376 Referendarteil:

376 Referendarteil: Öffentliches Recht RA 07/2017 Diese Formulierung ist in der Praxis durchaus üblich, obwohl der Begriff „Anhörung“ einen Rechtsbegriff darstellt. Er lässt sich durch folgende Formulierung vermeiden: „Der Klägerin wurde mit Schreiben vom ... Gelegenheit gegeben, sich zur beabsichtigten Sicherstellung des Bargeldes zu äußern.“ Das Datum und die Zustellungsart sind hier wegen der Fristproblematik anzuführen (s.u.). Prozessgeschichte: Indikativ Perfekt Klägervorbringen: Konjunktiv Präsens Klageanträge: Indikativ Präsens Der Hinweis „schriftsätzlich“ ist in der Praxis üblich (allerdings nicht zwingend), wenn keine mündliche Verhandlung stattfindet oder der Kläger zur Verhandlung nicht erscheint. Übliche Formulierung in der Praxis, um Wiederholungen beim Vortrag der Beteiligten zu vermeiden, die zudem in der Klausur Zeit spart. Die Bezugnahme auf das zugehörige L-Verfahren erfolgt in der Praxis entweder im Indikativ Perfekt, obwohl es sich nicht um Prozessgeschichte des K-Verfahrens handelt, oder aber im Indikativ Imperfekt. Nach Anhörung mit Schreiben vom 12. Dezember 2013 zur beabsichtigten Sicherstellung des Bargeldbetrages stellte der Beklagte das Bargeld mit Bescheid vom 13. Januar 2014 zur Eigentumssicherung gemäß § 43 Nr. 2 des Polizeigesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen - PolG NRW - sicher. Dieser Bescheid wurde der Klägerin mittels Postzustellungsurkunde am 14. Januar 2014 zugestellt. Zur Begründung führte der Beklagte aus, es bestünden entgegen der Vermutungsregel des § 1006 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - Zweifel am Eigentum der Klägerin hinsichtlich des Bargeldes. Sie habe widersprüchliche Angaben über die Herkunft des Geldes gemacht. Sie sei seit September 2011 in 13 Fällen polizeilich als Beschuldigte in Erscheinung getreten. Ihr Ehemann sei in 20 Fällen als Beschuldigter wegen Vermögens- bzw. Eigentumsdelikten polizeilich in Erscheinung getreten. Ein Gewerbe des Ehemannes der Klägerin im Schrotthandel sei lediglich vom 2. November 2010 bis zum 3. August 2011 in E. angemeldet gewesen. Sie beziehe neben dem Kindergeld keine weiteren öffentlichen Leistungen wie Wohngeld oder andere Sozialleistungen. Auch seien weder auf die Klägerin noch auf ihren Ehemann Fahrzeuge zugelassen, mit denen sie Fahrten für einen Schrotthandel durchführen könnten. Am 10. Februar 2014 ist beim Gericht ein nicht unterschriebenes, als „Klage und Antrag“ bezeichnetes Schreiben der ehemaligen Bevollmächtigten vorab per Fax eingegangen. Am 11. Februar 2014 ist das gleiche Schreiben nebst dem Fax nicht beigefügten Anlagen als Briefpost eingegangen. Nach Hinweis auf die fehlende Unterschrift ist am 18. Februar 2014 eine unterschriebene Klage- und Eilantragsschrift eingegangen. Die Klage begründet die Klägerin mit ihrem bereits gegenüber dem Beklagten geäußerten Vorbringen, es handele sich um ihr Bargeld, das sie aus dem Kindergeld der letzten Jahre angespart habe. Darüber hinaus seien Gelder enthalten, die ihr Ehemann durch seinen Schrotthandel erworben habe. Das sichergestellte Bargeld beinhalte beides. Die Angaben der Klägerin seien nicht widersprüchlich. Sie beziehe 1.600,00 Euro Kindergeld und ihr Ehemann habe Einnahmen aus seiner Arbeitsleistung. Ein Ansparen des sichergestellten Bargeldbetrages sei daher nicht abwegig. Das Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin sei gemäß § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung - StPO - eingestellt worden. Jura Intensiv Die Klägerin beantragt schriftsätzlich, „Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheides vom 13.01.2014 verpflichtet, der Klägerin das sichergestellte Bargeld in Höhe von 6.000,00 Euro herauszugeben“. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Unter Wiederholung und Vertiefung seiner Ausführungen aus der Anhörung und dem angefochtenen Sicherstellungsbescheid verweist er erneut auf bisher fehlende Eigentumsnachweise der Klägerin hinsichtlich des sichergestellten Bargeldes. Die Kammer hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 14. März 2014 - 17 L 211/14 - abgelehnt. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen - OVG NRW - mit Beschluss vom 16. Mai 2014 - 5 B 368/14 - zurückgewiesen. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 07/2017 Referendarteil: Öffentliches Recht 377 Mit Schreiben vom 3. Juli 2015 meldeten sich die im Rubrum aufgeführten Bevollmächtigten der Klägerin unter Vollmachtsvorlage und teilten die Kündigung des Mandates der früheren Bevollmächtigten mit. Das Gericht übermittelte dies den früheren Bevollmächtigten der Klägerin. Nach der Ladung und Umladung zur mündlichen Verhandlung teilten die im Rubrum aufgeführten Bevollmächtigten der Klägerin dem Gericht mit, sie würden ihr Mandat niederlegen und die Klägerin halte sich in Irland auf. Zudem legten sie ein weiteres an die Klägerin adressiertes Schreiben vor, mit dem sie der Klägerin die Mandatsniederlegung mitteilten und die Ladung zum Termin übermittelten. Mit Beschluss der Kammer vom 8. Februar 2017 ist der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden. [...]“ ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE „Der Einzelrichter entscheidet trotz Ausbleibens der Klägerin in der mündlichen Verhandlung. Diese ist in der Ladung auf eine solche Möglichkeit hingewiesen worden (§ 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). Die Klägerin ist über ihre Bevollmächtigten ordnungsgemäß geladen worden. Deren Mitteilung über eine Mandatsniederlegung, nach erfolgter Ladung, ohne Nachweis des Zugangs der gegenüber der Klägerin zu erklärenden Mandatskündigung, stand und steht einer Zustellung an die im Rubrum bezeichneten Bevollmächtigten nicht entgegen. Die Klage ist bereits unzulässig. Die Klägerin hat die aus § 74 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO folgende Klagefrist von einem Monat ab Zustellung des Bescheides vom 13. Januar 2014 versäumt. Die Klägerin hat am 10. Februar 2014 keine wirksame Klage erhoben. Das an dem Tag bei Gericht per Telefax eingegangene Schreiben war entgegen § 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht unterschrieben. Die handschriftliche Unterschrift ist grundsätzlich Voraussetzung zur Wahrung der Schriftform gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO, mithin zur wirksamen und fristwahrenden Klageerhebung. Ausnahmen von diesem Grundsatz können etwa bestehen, wenn der Klage eine Vollmacht beiliegt, was vorliegend nicht der Fall war. Das gleiche gilt für das am 11. Februar 2014 auf dem Postweg eingegangene Schreiben. Jura Intensiv Die wirksame Klageerhebung am 18. Februar 2014 war verfristet. Die Klagefrist wurde am 15. Januar 2014 in Lauf gesetzt und ist am 15. Februar 2014 abgelaufen. Zwar hat die Zustellung des Bescheides an die Klägerin am 14. Januar 2014 die Klagefrist nicht in Lauf gesetzt. Durch die vom Beklagten hier angeordnete und bewirkte Zustellung konnte eine Klagefrist nicht in Lauf gesetzt werden, weil es an einer den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden wirksamen Zustellung fehlt (§ 57 Abs. 1 VwGO). Die angefochtene Sicherstellungsverfügung vom 13. Januar 2014 ist entgegen der Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 LZG NRW nicht dem Bevollmächtigten der Klägerin, der dem Beklagten am 31. Oktober 2013 eine schriftliche Vollmacht vorgelegt hatte, sondern ausweislich der Postzustellungsurkunde der Klägerin am 14. Januar 2014 durch Einlegen in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt worden. Der Verstoß gegen die zitierte Vorschrift hat die Unwirksamkeit der Zustellung zur Folge mit der weiteren Konsequenz, dass eine Rechtsbehelfsfrist durch diese fehlerhafte Zustellung nicht zu laufen begonnen hat. Falsche Zeitform! Prozessgeschichte, also Indikativ Perfekt. Weitere Prozessgeschichte Prozessvorspann Übertragung auf den Einzelrichter fehlt. Mögliche Formulierung: „Das Gericht hat durch den Einzelrichter entschieden, weil ihm die Kammer den Rechtsstreit durch Beschluss gem. § 6 Abs. 1 VwGO übertragen hat.“ BVerwG, Beschluss vom 4.7.1983, 9 B 10275/83, juris Rn 3 Solange die Mandatskündigung dem Gericht nicht nachgewiesen wurde, kann an den Bevollmächtigten wirksam zugestellt werden. Diese Ausführungen überzeugen nicht. Die Schriftform ist natürlich gewahrt, wenn die Klageschrift eigenhändig unterschrieben ist. Dann ist klar, von wem die Klage herrührt und dass sie willentlich an das Gericht gelangt ist. Lassen sich Urheberschaft und Verkehrswille aber auch anderweitig eindeutig feststellen, ist eine Originalunterschrift nicht notwendig (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 81 Rn 5 ff. m.w.N.). Wirksame Klageerhebung erfolgte zu spät Eine gegen zwingende Zustellungsvorschriften erfolgte Zustellung ist unwirksam und kann daher eine Rechtsbehelfsfrist nicht in Gang setzen. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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