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RA Digital - 07/2018

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360 Referendarteil:

360 Referendarteil: Zivilrecht RA 07/2018 Voraussetzungen für Sperrung des Stromanschlusses lagen vor Das Gericht sieht entgegen der Rechtsansicht des Beklagten die Höhe der Abschläge als irrelevant an. Dauerhafte Überzahlungen des Kunden sind aufgrund der turnusmäßigen Abrechnung ausgeschlossen. Sicherungsinteresse des Energieversorgers durch regelmäßige Abschläge: Dieser würde bei zu niedrigen Abschlägen in zu hohem Maße das Insolvenzrisiko des Abnehmers tragen. Berechnung der Abschläge anhand der vorherigen Abrechnungsperiode nicht zu beanstanden Unterjährige Anpassung der Abschläge steht im Ermessen des Energieversorgers Zu berücksichtigen ist hier auch, dass der Beklagte sich im Zahlungsrückstand befand. Lediglich aufgrund der in der Folge erfolgten Zahlungen des Beklagten auf die laufenden Abschläge sowie die Rückstände trat vorliegend eine Erledigung der Hauptsache ein. Ohne diese wären die Voraussetzungen zur Sperrung des Stromanschlusses gegeben und die Klage erfolgreich gewesen. Soweit der Beklagte vorbringt, dass die Abschläge von der Klägerin zu hoch angesetzt worden seien, ist dies für die vorliegende Entscheidung unerheblich. Dies folgt aus dem Umstand, dass aufgrund der turnusmäßig zu erfolgenden Abrechnungen Rückstände oder Überzahlungen regelmäßig ausgeglichen werden und es somit nicht zu einer dauerhaften Überzahlung von Seiten des Abnehmers kommen kann. Demgegenüber hat ein Energieversorgungsunternehmen ein berechtigtes Interesse daran, die Abschlagszahlungen so zu bemessen, dass die voraussichtlich anfallenden Kosten des Energiebezugs durch die laufenden Abschlagszahlungen gedeckt sind und - nach Abrechnung - allenfalls eine kleine Über- oder Unterdeckung eintritt. So kann es von einem Energieversorgungsunternehmen nicht verlangt werden mit maßgeblichen Anteilen der Energiekosten in Vorleistung zu gehen und so übermäßig ein Insolvenzrisiko des Abnehmers zu tragen. Eine gewisse Übersicherung ist dem Energieversorgungsunternehmen, insbesondere bei bereits rückständigen Kunden, hierbei zuzubilligen. Weiter stößt es nicht auf Bedenken, dass das Energieversorgungsunternehmen die laufenden Abschlagszahlungen aufgrund des (unstreitigen) Verbrauchs der vergangenen Abrechnungsperioden berechnet, da nur dies eine solide Grundlage darstellt. Sofern es wie vorliegend unterjährig zu Änderungen kommt, beispielsweise durch den Entfall von Heizstrom, ändert dies hieran nichts. So steht es zwar im Ermessen des Energieversorgungsunternehmens auch unterjährig die Abschlagszahlungen nach oben oder unten zu verändern, dies kann von Seiten des Abnehmers aber nicht ohne Weiteres verlangt werden. Insbesondere bei Vorliegen eines erheblichen Zahlungsrückstandes kann das Energieversorgungsunternehmen eine Absenkung der Abschlagszahlungen, trotz glaubhaften Vortrags eines künftig geringeren Verbrauchs, solange zurückstellen, solange die in der Vergangenheit aufgelaufenen Rückstände noch nicht ausgeglichen sind. Da der Abnehmer durch seine Zahlungen sowohl Abschläge leistet als auch seine Rückstände tilgt und bei der nächsten Jahresabrechnung ein neuer Saldo erstellt wird, erleidet auch der Abnehmer hierdurch keinen Nachteil, dies insbesondere unter Berücksichtigung des Umstands, dass er die Zahlungsrückstände in der Regel selbst zu vertreten hat. Jura Intensiv FAZIT Stromversorger dürfen die Abschläge nach der letzten Jahresabrechnung bemessen. Überzahlungen sind in Kauf zu nehmen, Anpassungen liegen im Ermessen des Versorgers. Die Zahlung des Beklagten nach Rechtshängigkeit ist ein Kriterium für die Kostenentscheidung nach § 91a ZPO. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 07/2018 Referendarteil: Zivilrecht 361 Problem: Tenorierung des Beseitigungsanspruchs Einordnung: ZPO I, Deliktsrecht/Nachbarrecht LG Rottweil, Urteil vom 23.05.2018, 1 S 11/18 EINLEITUNG Bei erfolgreichen Klagen über Beseitigungsansprüche fällt die Abfassung des Urteilstenors oft schwer. Der Teufel steckt im Detail: Was genau kann der Gläubiger vom Schuldner begehren? Oft muss vom Ergebnis her gedacht werden, denn geschuldet ist keine Handlung, sondern ein Erfolg, nämlich ein Zustand ohne die Beeinträchtigung. Dementsprechend soll der Tenor nicht eine bestimmte Handlung verbieten, sondern die Pflicht zum Unterlassen der Beeinträchtigung aussprechen. Was das im Einzelfall bedeuten kann, zeigt das untenstehende Urteil des LG Rottweil. TATBESTAND Die Kläger begehren von der Beklagten die Beseitigung von auch das klägerische Grundstück erfassenden Videokameras. Die Parteien bewohnen zwei benachbarte Grundstücke in …. Im Jahr 2017 brachte die Beklagte auch an der dem klägerischen Grundstück zugewandten Grundstücksseite zur Abwehr von Einbrechern zwei Videokameras an. Die Kläger forderten die Beklagte infolgedessen mehrfach mündlich sowie zuletzt mit anwaltlichem Schreiben vom … auf, die Kameras zu entfernen. Sie behaupten, Möglichkeiten, die fehlende Erfassung des klägerischen Grundstücks äußerlich erkennbar zu machen, gebe es demgegenüber nicht. Jura Intensiv Die Kläger beantragen, 1. die Beklagte zu verurteilen, die auf ihrem Grundstück in …, Flur …, Flur-Nr., … angebrachten und auf das Grundstück der Kläger in …, Flur …, Flur-Nr. … gerichteten drei Überwachungskameras zu entfernen, 2. hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die auf ihrem Grundstück …, Flur …, Flur-Nr., … angebrachten drei Überwachungskameras objektiv nachprüfbar nicht das klägerische Grundstück in …, Flur …, Flur-Nr. … erfassen und eine Erfassung des klägerischen Grundstücks nur durch eine äußerlich wahrnehmbare technische Veränderung der Anlage möglich ist. LEITSATZ Zur Beseitigung der Störung durch auf das Nachbargrundstück gerichtete Videokameras (Überwachungsdruck) ist zur Ergreifung geeigneter Maßnahmen, die sicherstellen, dass das klägerische Grundstück nicht erfasst wird und gewährleisten, dass Veränderungen von außen sichtbar sind, zu verurteilen, nicht zur Beseitigung der Kameras, solange die Beseitigung der Kameras nicht die einzige geeignete Maßnahme ist. Streitiger Parteivortrag in Präsens und indirekter Rede Die Darlegungs- und Beweislast liegt hier bei den Klägern. Wegen des Unterlassungsanspruchs ist die Fassung der Parteianträge schwierig. Die Kläger stellen deshalb Haupt- und Hilfsantrag. Insbesondere ist letzterer hier schwierig zu formulieren („geeignete Maßnahmen“ usw.) Daher eignet sich der Fall auch gut als Anwaltsklausur. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie behauptet, die Kameras verfügten über eine Privatzonen-Maskierung (Schwärzung), welche die von der Kamera erfassten Grundstücksteile der Kläger unsichtbar mache. Daher ist sie der Rechtsansicht, dass eine Entfernung der Kameras nicht geboten sei. Diese sei ihr auch nicht zumutbar, da es ihr dann nicht möglich sei, sich gegen Einbrecher zu schützen. Streitiger Beklagtenvortrag © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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