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RA Digital - 07/2018

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Editorial

Editorial RA 07/2018 Vielleicht, weil es plötzlich alle auf die Rosinen der Beamten abgesehen haben, den trockenen Kuchen aber nicht hinunterwürgen wollen, versuchten mehrere beamtete Lehrerkräfte ihrerseits Rosinen zu picken. Sie verlangten für sich ein Recht, dass ihnen bislang nicht zugestanden wurde. Sie streikten, wurden erwartungsgemäß kujoniert und wehrten sich gegen die Disziplinarmaßnahmen erfolglos. Am Ende entschied das Bundesverfassungsgericht. Warum das Streiken mit den „hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums“ nicht vereinbar ist und wie sich dies auf die Grundrechte der Beamten auswirkt, erfahren Sie auf Seite 374 in dieser Ausgabe der RA. Die Entscheidung ist schon alleine deshalb so examensrelevant, weil Ihre Prüfer mehrheitlich im Staatsdienst stehen und solche Entscheidungen auch emotional bewerten. Nicht jeder ist so vernünftig, die eigene Diskriminierung als Teil des Deals zu akzeptieren. Apropos Diskriminierung. Wer wie der Autor dieser Zeilen die Freiheit der Gleichheit vorzieht und dafür auf Sicherheit verzichtet, freut sich über eine weitere aufregende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Im Beschluss auf Seite 369 geht es um ein bundesweites Stadionverbot gegen einen Fan des FC Bayern, der sich beim Auswärtsspiel in Duisburg nicht benehmen konnte. Im Kern äußert sich der Senat zur mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte im Privatrecht, speziell zur Wirkung des Gleichbehandlungsgebotes aus Art. 3 I GG. Nach Auffassung des Senates bleibt es dabei, dass man im Privatrecht grundsätzlich Verträge abschließen darf, mit wem man will. Dies umschließt das Recht, den Vertragsschluss mit solchen zu verweigern, die man nicht mag. Diese Entscheidung hat über die Einlasstore der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte in das Privatrecht, die Generalklauseln aus §§ 138 I, 242, 307 I BGB, selbstverständlich Auswirkungen auf den Prüfungsstoff im Zivilrecht. Rechtsanwalt Oliver Soltner Franchisenehmer von Jura Intensiv Frankfurt, Gießen, Heidelberg, Mainz, Mannheim, Marburg und Saarbrücken IMPRESSUM Jura Intensiv Herausgeberin: Chefredaktion: Redakteure: Chef vom Dienst: Bezugspreis: Werbung: Jura Intensiv Verlags UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG, Rathausplatz 22, 46562 Voerde, Tel.: 02855/96171-80; Fax: 02855/96171-82 Internet: http://www.verlag.jura-intensiv.de - E-Mail: info@verlag.jura-intensiv.de Rechtsanwalt Oliver Soltner (V.i.S.d.P.) Theresa Bauerdick & Richterin am Amtsgericht Dr. Katharina Henzler (Zivilrecht) Assessor Dr. Dirk Schweinberger (Nebengebiete) Rechtsanwalt Dr. Dirk Kues (Öffentliches Recht) Rechtsanwalt Uwe Schumacher (Strafrecht) Ines Hickl Printausgabe: 6,50 Euro/Heft. 12 Hefte pro Jahr. Ermäßigungen für Abonnenten. Digitalausgabe: 5,99 Euro/Heft. Die RA steht externer Werbung offen. Mediadaten sind unter info@verlag.jura-intensiv.de erhältlich. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 07/2018 ZIVILRECHT Zivilrecht 341 Problem: Mängelansprüche bei fehlerhafter Herkunftszuordnung eines Kunstwerks Einordnung: Kaufrecht OLG Frankfurt, Urteil vom 03.05.2018 19 U 188/15 EINLEITUNG Bei Kunstwerken ist die Urheberschaft der entscheidende wertbildene Faktor. Das OLG Frankfurt beantwortet im vorliegenden Urteil die Frage, welche Gewährleistungsrechte einem Käufer zustehen, wenn das erworbene Objekt im Prospekt mit einer fehlerhaften Herkunftszuordnung beworben wurde. SACHVERHALT Der Kläger (K) ist Kunstliebhaber und -sammler. Im Sommer 2008 erwirbt er bei der beklagten Kunsthändlerin (B) eine Tuschfederzeichnung. Das Werk wird im Katalog der B mit der Angabe: „Carl Philipp Fohr ‚Die Schwalbe zu Neckarsteinach‘ Tuschfederzeichnung in Grauschwarz und Grau über Bleistift 1812“ angeboten. Aufgrund mündlicher Angaben verschiedener Experten lautet die Bildunterschrift „vgl. Carl Rottmann, Ausst. Kat. (...) Abb.3 (dort fälschlich Carl Rottmann zugeschrieben).“ Den Hinweis des Fohr-Experten V, die Zeichnung sei in Wahrheit Carl Rottmann zuzuordnen, ließ B ohne weitere Überprüfung unberücksichtigt. Am 19.10.2008 übergibt B dem K die Zeichnung gegen Zahlung des Kaufpreises. Einige Zeit nach dem Ankauf äußern Dritte erneut Zweifel an der angegebenen Urheberschaft. Im Dezember 2011 kommt der Sachverständige (S) zu dem Ergebnis, dass die Zeichnung als stilistische Spätform eher in die 1790er Jahre zu datieren ist. Als ein von einem empfindsamen ausklingenden Hollandismus i.S.d. endenden deutschen Louis-Seize-Stils bestimmtes Blatt, stamme es tatsächlich von der Schülerschaft Rottmanns. K erklärt am 02.01.2012 gegenüber B den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangt Rückzahlung des Kaufpreises. Zu Recht? Jura Intensiv LEITSATZ 1. Eine Zeichnung, die entgegen der vom Verkäufer erstellten Katalogbeschreibung nicht der Hand des konkret benannten Künstlers zuzuordnen ist, ist mangelhaft. 2. Ein Verkäufer, der sich hinsichtlich der Herkunftszuordnung entgegen einer schriftlich publizierten Einschätzung eines Experten auf mündliche Angaben anderer Sachverständiger verlässt, handelt arglistig im Rechtssinne, wenn er die Herkunftszuordnung des Experten in seiner Katalogbeschreibung ohne Einschränkung als „fälschlich zugeschrieben“ bezeichnet, ohne die ihm zugetragenen gegenteiligen mündlichen Angaben hinlänglich kritisch überprüft zu haben. PRÜFUNGSSCHEMA A. K gegen B gem. §§ 437 Nr. 2, 326 V, 346 I BGB I. Wirksamer Kaufvertrag II. Mangel bei Gefahrübergang III. Kein Ausschluss gem. § 442 I BGB IV. Rücktrittsrecht gem. §§ 326 V, 323 BGB V. Rücktrittserklärung gem. § 349 BGB VI. Kein Ausschluss gem. §§ 438 IV 1, 218 I BGB B. Ergebnis LÖSUNG A. K gegen B gem. §§ 437 Nr. 2, 326 V, 346 I BGB K könnte gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises gem. §§ 437 Nr. 2, 326 V, 346 I BGB haben. Kunstwerke sind in der Regel Unikate. Deshalb kann man an ihnen gut das Wesen des unbehebbaren Mangels erklären. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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