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RA Digital - 07/2020

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356 Referendarteil:

356 Referendarteil: Zivilrecht RA 07/2020 Das Eintragungsverfahren nach der GBO ist streng formalisiert. Materiellrechtliche Prüfungen erfolgen bis auf Ausnahmen, bspw. §§ 20, 22 GBO, nicht. Dies ergibt sich zum einen aus dem Bewilligungsgrundsatz gemäß § 19 GBO, zum anderen aus dem aus § 29 GBO ergebenden Umfang der Nachweispflichten. Letzter Prüfungspunkt dahingehend, ob der erklärte Widerruf rechtliche Wirkung entfaltet Zeitpunkt der Wirksamkeit der verfahrensrechtlichen Erklärung: Gemäß § 878 BGB der Eingang beim Grundbuchamt Für die erste Ansicht spricht, dass die Bewilligungserklärung auch hier bereits wirksam in den Rechtsverkehr abgegeben wurde. Wann die Erklärung beim Grundbuchamt eingeht, liegt zudem nicht mehr im Herrschaftsbereich des Erklärenden. Außerdem entspricht dies den gesetzlichen Vorgaben gemäß § 130 S. 1 BGB. Der Senat ging hier auf die Ansichten nicht weiter ein. Da der Widerruf nach beiden Ansichten zu spät erfolgte, bedurfte es keiner Entscheidung des Meinungsstreites. Eingang Antrag GBA: 08.11. Eingang Widerruf GBA: 18.11. Die Nebenentscheidungen dürften von Ihnen in einer solchen Klausur wahrscheinlich nicht gefordert werden. i. S. d. §§ 1896 ff. BGB oder nur eine tatsächliche Notwendigkeit der Unterstützung der Vollmachtgeberin gemeint ist. Auch die Art der Bedürftigkeit, an den der Vorsorgefall und damit der Eintritt der Bedingung anknüpft (z.B. Notwendigkeit der Vermögensvorsorge, der Aufenthaltsbestimmung, der Gesundheitsvorsorge etc.) wird nicht näher beschrieben. Damit scheidet eine rechtliche Bewertung der internen Beschränkung mit den Mitteln des Grundbuchverfahrens und damit eine sichere Kenntnis von einem Vollmachtmissbrauch aus. Der Widerruf der Vollmacht ist ebenfalls rechtlich unerheblich. Er erfolgte arg. ex § 878 BGB zu spät, um Wirkung zu entfalten. [21] Als verfahrensrechtliche Erklärung wird die Bewilligung wirksam, wenn die Urkunde in Urschrift, Ausfertigung oder beglaubigter Abschrift mit dem Willen des Erklärenden dem Grundbuchamt zur Herbeiführung einer Eintragung im Grundbuch zugeht. (…). [22] Umstritten ist, inwieweit diese Grundsätze bei der Abgabe einer Bewilligung durch einen Vertreter Anwendung finden. Teilweise wird darauf abgestellt, dass das Erlöschen der Vollmacht zwischen notarieller Beurkundung oder Beglaubigung der Bewilligung und Eingang beim Grundbuchamt sich nicht auf die Wirksamkeit der Erklärung auswirke (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht. 15. Auflage 2012, Rn. 102a, 102e, 3581). Nach anderer Ansicht muss eine wirksame Vollmacht noch im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der verfahrensrechtlichen Erklärung - etwa durch Vorlage beim Grundbuchamt - bestehen. Einer Entscheidung bedarf es hier nicht. Der Widerruf ist nach beiden Rechtsansichten verspätet gegenüber dem Grundbuchamt erfolgt. [22] (…) Der Vollmachtswiderruf ist dem Grundbuchamt erst durch das Schreiben der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) vom 15. November 2019, eingegangen am 18. November 2019, bekannt geworden. Auch gegenüber der Beteiligten zu 2) ist die Vollmacht erst am 8. November 2019 und damit nicht vor Eingang des Eintragungsantrages beim Grundbuchamt widerrufen worden. Dieser Widerruf hat zudem keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Vertretung der Beteiligten zu 1) bei der notariellen Beurkundung, da dem Widerruf keine rückwirkende Kraft zukommt (BGH, MDR 2017, 987; OLG München, FGPrax 2019, 61). Jura Intensiv Eine Kostenentscheidung erfolgt nicht. Gerichtskosten fallen gemäß §§ 22, 25 GNotKG nicht an und die Voraussetzungen des § 81 I 1 FamFG sind nicht erfüllt. Die Rechtsbeschwerde ist aufgrund des Fehlens der Voraussetzungen des § 78 II GBO nicht zuzulassen. FAZIT Zusammenfassend ergibt sich, dass vorab der Umfang der erteilten Vertretungsmacht im Eintragungsverfahren zu prüfen ist. Dem folgt die Prüfung, ob diese im Außenverhältnis beschränkt ist. Wird dies verneint, kann die Vertretungsmacht lediglich aufgrund deren Missbrauches verneint werden. Die Prüfung der Rechtzeitigkeit eines Widerrufs erfolgt nur, wenn die Bewilligung wirksam ist. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 07/2020 Referendarteil: Zivilrecht 357 Problem: Verwirkung eines Widerrufsrechts bei Verbraucherdarlehensverträgen Einordnung: Schuldrecht AT, BGB AT OLG Brandenburg, Urteil vom 13.05.2020 4 U 67/17 EINLEITUNG Entschließen sich Käufer für den „Erwerb“ ihres Eigenheims, sind sie in der Regel auf entgeltliche Finanzierungshilfen seitens Kreditinstitute angewiesen. Probleme entstehen, wenn zeitlich vor der vollständigen Tilgung des Darlehens die Immobilie weiterveräußert werden soll, da der neue Käufer die Immobilie im Regelfall lastenfrei erwerben will. Die Bank soll die jetzigen Verkäufer aus den Darlehensverträgen vorzeitig entlassen. Dies ist mit Zinsausfällen des andernfalls weiterlaufenden Darlehens verbunden. Daher sollen die zukünftigen Zinsen im Fall der vorzeitigen Beendigung des Darlehens dennoch bezahlt werden, damit die Bank schadlos aus dem Vertrag vorzeitig ausscheidet, sog. Vorfälligkeitsentschädigung. Jetzt stellt sich für die Käufer die Frage, ob sie die Zahlung dieser Vorfälligkeitsentschädigung vermeiden können. Hierzu der vorliegende Fall als – klassisches – erstinstanzliches Urteil. TATBESTAND Die Klägerin (K) gewährte dem Beklagten (B) zur Finanzierung einer Immobilie mit Verträgen vom 30.01./04.02.2008 unter der Kontonummer (…) ein Darlehen über einen Nominalbetrag von insgesamt 170.000 €. In der hierzu gehörigen Widerrufsbelehrung der K heißt es unter anderem: „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.“. Wegen des Verkaufs des finanzierten Objekts schlossen die Parteien am 15./20.05.2015 einen Vertrag, wonach zur Ablösung der Darlehensverträge auch Vorfälligkeitsentschädigungen in Höhe von insgesamt 16.306,05 € zu zahlen waren. B leistete diese Aufhebungsentgelte. K gab die Sicherungsgrundschuld über (…€) frei. Mit Schreiben vom 29.02.2016 erklärte B den Widerruf der Darlehensverträge. K vertritt die Rechtsansicht, der Widerruf sei verfristet. In jedem Fall sei dieser verwirkt. Für das erforderliche Umstandsmoment sei neben dem Wunsch nach vorzeitiger Darlehensablösung wegen eines gewünschten Objektverkaufs insbesondere die unstreitige, unverzüglich erfolgte Freigabe der zugunsten der K bestellten Sicherheiten zu berücksichtigen. Zudem vertritt K die Rechtsansicht, für die Annahme der Verwirkung spreche zudem, dass die vereinnahmten Mittel bereits weiterverwendet wurden. K beantragt, festzustellen, dass die zwischen den Parteien am 30.01./04.02.2008 zu den Kto.-Nrn. ... geschlossenen Darlehensverträge durch den von dem Beklagten am 29.02.2016 erklärten Widerruf nicht in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt wurde. B beantragt, die Klage abzuweisen. Jura Intensiv LEITSATZ 1. Eine Verwirkung kommt in Betracht, wenn der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend gemacht hat, obwohl er hierzu in der Lage war und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. 2. Wird ein Darlehen durch einen Verbraucher über einen Zeitraum von 7 Jahren und 3 Monaten beanstandungsfrei bedient und wird weder im Zusammenhang mit einem Aufhebungsvertrag noch anschließend in irgendeiner Weise zu erkennen gegeben, sich Rechte aus dem Vertrag vorbehalten zu wollen, muss eine Bank nicht mehr damit rechnen, dass der Verbraucher sein Widerrufsrecht noch ausübt. In der Originalentscheidung werden die Verträge als Verbraucherverträge und Aufhebungsverträge bezeichnet. Vermeiden Sie diese rechtliche Wertung. Alternativ können Sie auch „als Aufhebungsvertrag bezeichneter Vertrag“ verwenden. Das Unstreitige wird im Indikativ Imperfekt dargestellt. Der streitige Klägervortrag wird im Präsens und indirekter Rede dargestellt. Trennen Sie zwischen Tatsachenvortrag und Rechtsansichten. Streitiger Tatsachenvortrag liegt hier nicht vor. Aktuelle Anträge sind hervorzuheben. Dies erfolgt stets durch Einrücken, Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, § 313 Rn 19. Die Bank hat hier die Initiative ergriffen. Prozessual möglich gewesen wäre ebenfalls eine Leistungsklage des B auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung. Bzgl. der gezahlten Zinsen müsste § 357a III 1 BGB beachtet werden. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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