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RA Digital - 07/2021

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RA 07/2021 Editorial EDITORIAL Die Spolien des Kaufrechts Liebe Leserinnen und Leser, der Begriff „Spolie“ hat mehrere Bedeutungen. Architekten verwenden ihn, wenn Bauteile eines untergegangenen Bauwerks wie Reliefs, Fresken, Balkenköpfe, Mauerbögen etc. in neue Bauwerke eingebaut werden. Geschah dies in der Antike und im Mittelalter aus rein pragmatischen Gründen – die armen Leute hatten kein Geld für Baumaterial und bedienten sich z.B. in der verfallenen Akropolis oder im Circus Maximus – geschieht es heute als Stilmittel zur Erinnerung daran, welches Alte dem Neuen weichen musste und sogar im Neuen fortlebt. Wer in der neuen Frankfurter Altstadt durch das Erdgeschoss des Hauses Markt 8 („Großer Rebstock“) in die U-Bahn hinabsteigt, übersieht in der Hektik leicht, dass die Architekten im Mauerwerk des romanischen Hauses alte Betonfragmente aus dem abgerissenen Technischen Rathaus der Stadt Frankfurt am Main in die Fassade eingefügt haben. Dieses Betonmonster im Stil des Brutalismus stand immerhin mehrere Jahrzehnte an dieser Stelle und dominierte die historisch bedeutsame Stätte der Königswahlen und Kaiserkrönungen. Torbögen aus dem 1906 abgerissenen Haus Schillerstraße 13 überdauerten im Garten des Liebieghauses und zieren heute nach Restauration das barocke Erdgeschoss des sehr modern gestalteten Hauses Markt 30. Was Architekten recht ist, ist Juristen billig. Befindet sich der Mandant in aussichtsloser Lage, ist die Verführung groß, eine Spolie aus vergangener Zeit in den Berufungsschriftsatz einzubauen, um das Gericht mit der herausfordernden Frage zu konfrontieren, ob das Alte vom Neuen gänzlich verdrängt wurde oder ob es in stillen Nischen überlebt hat und dort neuer Aufgaben harrt. Gemeint ist der „Dachziegelfall“ des BGH aus dem Urteil vom 09.03.1983, VIII ZR 11/82. Damals konnten Käufer, denen mangelhafte Sachen geliefert wurden, wandeln oder mindern und nur unter hohen Voraussetzungen Schadensersatz begehren. Die heutigen zahlreichen Käuferrechte aus den §§ 437, 439 BGB existierten noch nicht. Was heute aufgrund des seit dem 01.01.2018 gültigen Anspruchs aus § 439 III BGB jedem Käufer möglich ist, nämlich eingebaute mangelhafte Sachen selbst auszubauen und zu entsorgen, um dann die aufgewendeten Kosten dieser Maßnahmen vom Verkäufer ersetzt zu verlangen, erforderte damals eine Wandelung. Aus dem daraus folgenden Rückgewährschuldverhältnis sollte unter ganz besonderen Umständen ein gegen den Verkäufer gerichteter, klagbarer Rücknahmeanspruch analog § 433 II 2. Fall herzuleiten sein, mit dem sich der Verkäufer in Verzug setzen ließ, was schließlich zu einem Anspruch auf Ersatz der Selbstvornahmekosten führen sollte. Jura Intensiv Jeder, der sich mit Kaufrecht beschäftigt, hat sich mindestens einmal die Frage gestellt, ob der im „Dachziegelfall“ geprägte Ausnahmefall auch nach heutiger Rechtslage einen Anwendungsfall finden kann, ob der Käufer, der aus dem Recht der Nacherfüllung keine Ersatzansprüche herleiten kann, erfolgreich einen Umweg über den Rücktritt gehen darf, um doch noch ans Ziel des Kostenersatzes zu gelangen. Das OLG Zweibrücken lehnt dies in seinem auf Seite 342 in dieser Ausgabe der RA besprochenen Urteil nicht nur mit überzeugender Begründung ab, sondern hat auch die Revision zum BGH in der klaren Hoffnung zugelassen, dass die Frage endlich höchstrichterlich geklärt werden möge. Eine gewisse Verwandtschaft zum Urteil des OLG Zweibrücken weist das Urteil des BGH vom 07.04.2021 auf, das Sie auf Seite 337 finden. Weil der Fall im Jahr 2012 spielt, eine Zeit, in welcher der 2018 in Kraft getretene § 439 III BGB noch nicht existierte, die Rechtslage bei Ausbau, © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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