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RA Digital - 07/2022

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346 Zivilrecht

346 Zivilrecht RA 07/2022 Wichtig: Der VIII. Zivilsenat knüpft zunächst an seine eigene ständige Rechtsprechung an, nach der ein Mieter aus seinem Mietverhältnis unter Umständen entlassen werden kann, wenn er einen zumutbaren Ersatzmieter stellt. Der Unterschied ist aber augenfällig: Es entsteht kein Anspruch auf Abschluss eines Mietvertrages mit dem Ersatzmieter! Es muss also nicht zu einem Mieterwechsel kommen. Dies ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Wichtiges Argument: Wenn den Mietern der Wohngemeinschaft der Mieterwechsel so wichtig ist, sollten sie einen Anspruch auf Zustimmung von vornherein vereinbaren. [63] Zwar entspricht es ständiger Rechtsprechung des Senats, dass ein Mieter, der sich vorzeitig aus seinem Mietverhältnis lösen will, seine Entlassung aus dem Mietverhältnis im Einzelfall dann verlangen kann, wenn er dem Vermieter einen geeigneten und zumutbaren Ersatzmieter stellt und ein berechtigtes Interesse an der vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses hat (...). Nach dieser Rechtsprechung besteht indes allenfalls ein Anspruch auf Entlassung aus dem Mietverhältnis, so dass die Verpflichtung auf Entrichtung der Miete entfällt; ein Anspruch auf Abschluss eines Mietvertrags mit dem Ersatzmieter wird jedoch nicht begründet. Der Vermieter handelt hiernach mithin - entgegen der Auffassung der Revision - grundsätzlich auch nicht treuwidrig, wenn er mit dem genannten Ersatzmieter keinen Mietvertrag abschließt oder dies von zusätzlichen Bedingungen wie einer erhöhten Miete abhängig macht. Er kann lediglich die Entlassung des bisherigen Mieters aus dem Mietvertrag nicht von zusätzlichen Bedingungen wie einer Erhöhung der Miete abhängig machen, wenn die oben genannten Voraussetzungen für die Entlassung aus dem Mietverhältnis vorliegen. [66] Zwar ist - anders als bei einem Mietverhältnis mit nur einem Mieter - die Kündigung des Mietvertrags durch eine Mietergemeinschaft regelmäßig keine Option, sofern nicht alle Mieter ausziehen wollen. Indes stellt der Wunsch einer Mietergemeinschaft, bei Auszug eines Mitmieters einen neuen Mieter in die Wohngemeinschaft aufnehmen zu können, für sich genommen kein berechtigtes Interesse dar, das eine Ausnahme von dem Grundsatz der Vertragstreue gebietet. Zum einen ist ein derartiges Ereignis für die Mietergemeinschaft bereits bei Vertragsschluss als Möglichkeit absehbar und obliegt es den Mietern, ein allein oder zumindest maßgeblich in ihrem Interesse liegendes Recht zu einem Mieterwechsel mit dem Vermieter zu vereinbaren. Zum anderen führt die Annahme eines Rechts zum Mieterwechsel - wie ausgeführt - zu erheblichen Nachteilen für den Vermieter, die diesem nicht ohne Weiteres zumutbar sind. Die Gebote der Rücksichtnahme und von Treu und Glauben verlangen dem Vermieter nicht ab, diese Nachteile hinzunehmen und dem Interesse der Mieter den Vorzug zu geben. Jura Intensiv Die K haben gegen B keinen Anspruch auf Zustimmung zum Mieterwechsel gem. §§ 241 II, 241 II BGB. D. Ergebnis Die K haben gegen B keinen Anspruch auf Zustimmung zum Mieterwechsel. FAZIT Ob ein Mietvertrag zwischen einem Vermieter und einer Wohngemeinschaft, die aus mehreren unterschiedlichen Mietern besteht, dahingehend ausgelegt werden kann, dass einzelne Mieter einen Anspruch auf Zustimmung zum Mieterwechsel haben, hängt von den Umständen des Einzelfalles unter Einbeziehung der Gebote von Treu und Glauben ab. Es verbieten sich schematische Betrachtungen und pauschale Aussagen über den Parteiwillen. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 07/2022 ZIVILRECHT Problem: Erwerb eines Miteigentumsanteils an einer vermieteten Wohnung Einordnung: BGB AT, Mietrecht Zivilrecht 347 BGH, Beschluss vom 28.04.2022 V ZB 4/2121 EINLEITUNG Die elterliche Sorge findet bei Insichgeschäften ihre Grenze gem. §§ 1629 II, 1795 II, 181 BGB, wenn dem vertretenen minderjährigen Kind ein unmittelbarer rechtlicher Nachteil droht. SACHVERHALT B1 ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter B2 und B3 sind. Sie ist Eigentümerin eines Grundstücks, das mit einem vermieteten Mehrfamilienhaus bebaut ist. Im März 2016 wurde in das Grundbuch ein Nießbrauch für zwei nicht am Verfahren beteiligte Personen als Gesamtberechtigte nach § 428 BGB eingetragen. Am 09.03.2020 ließ B2 eine Vereinbarung notariell beurkunden, wobei er im eigenen Namen sowie als Bevollmächtigter seiner Ehefrau und im Namen ihrer gemeinsamen minderjährigen Kinder, der B4 und B5, handelte sowie aufgrund Vollmacht im Namen des B3. Die Vereinbarung sieht die Übertragung von 93,8/100 Miteigentumsanteilen an dem Grundstück von der B1 auf B2 vor sowie die anschließende schenkungsweise Übertragung von jeweils 46,9/100 Miteigentumsanteilen von B2 auf die minderjährigen B4 und B5. Die Notarin reichte diese Urkunde beim Grundbuchamt mit der Bitte um entsprechende Eintragungen ein. Das Grundbuchamt, das die Auflassung als schwebend unwirksam ansieht, hat die Notarin mit Schreiben vom 25.03.2020 aufgefordert, die Genehmigung der Übertragung der Miteigentumsanteile auf die B4 und B5 durch einen noch zu bestellenden Ergänzungspfleger gem. § 1909 BGB einzureichen. Zu Recht? LÖSUNG Jura Intensiv A. Abhängigkeit der Auflassung von der Zustimmung eines Ergänzungspflegers Fraglich ist, ob die vom sorgeberechtigten Vater (B2) der B4 und B5, zugleich in Vollmacht der sorgeberechtigten Mutter handelnd, für sich als Partei und zugleich in Stellvertretung gem. § 164 BGB gem. §§ 873, 925 BGB erklärte Auflassung von der Genehmigung eines Ergänzungspflegers abhängt. Dies wäre der Fall, wenn er und seine Ehefrau als sorgeberechtigte Eltern von der Vertretung ihrer minderjährigen Kinder bei der Auflassung nach §§ 1629 II 1, 1795 I Nr. 1, II 2 i. V. m. § 181 BGB ausgeschlossen sind. [5] Nach § 1629 Abs. 1 Satz 1 BGB umfasst die elterliche Sorge die Vertretung des Kindes. Nach Satz 2 Halbsatz 1 der Vorschrift vertreten die Eltern das Kind gemeinschaftlich. Der Beteiligte zu 2 und seine Ehefrau sind daher als Sorgeberechtigte der Beteiligten zu 4 und 5 grundsätzlich berechtigt, Willenserklärungen in deren Namen als ihre gesetzlichen Vertreter abzugeben. In Bezug auf die im Namen der Beteiligten zu 4 und 5 erklärte Auflassung des Miteigentums an dem Grundstück an diese waren der Beteiligte zu 2 und seine Ehefrau indes von der Vertretung ausgeschlossen. LEITSATZ 1. Der Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem vermieteten Grundstück durch einen Minderjährigen, führt gemäß § 566 BGB zu dessen Eintritt in den Mietvertrag auf Vermieterseite und ist deshalb für den Minderjährigen nicht lediglich rechtlich vorteilhaft i.S.v. § 107 BGB (Fortführung von Senat, Beschluss vom 03.02.2005, V ZB 44/04, BGHZ 162, 137). 2. Dies gilt auch, wenn der Veräußerer den Miteigentumsanteil zuvor von dem Alleineigentümer des Grundstücks erworben hat, denn bei der Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem vermieteten Grundstück durch den bisherigen Alleineigentümer tritt der Erwerber gemäß § 566 BGB ebenfalls neben diesem in den Vertrag auf Vermieterseite ein. Der Beschluss entscheidet über einen eingelegten Rechtsbehelf. Wir konzentrieren uns auf den examensrelevanten Teil des materiellen Rechts. Die elterliche Sorge umfasst grundsätzlich die Vertretung in Vermögensangelegenheiten. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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