358 Referendarteil: Zivilrecht RA 07/2022 Ausschluss gem. § 399 2. Var. BGB, wenn die Abtretung durch Vereinbarung mit dem Schuldner ausgeschlossen ist § 9 AGBG a. F. ist inhaltsgleich mit § 307 I 1 BGB und § 307 II BGB. BGH, Urteil vom 09.02.1990, V ZR 200/88; Urteil vom 03.13.1987, VII ZR 374/86; Urteil vom 18.06.1980, VIII ZR 119/79. BGH, Urteil vom 17.04.2012, X ZR 76/11 BGH, a.a.O. BGH, Urteil vom 09.02.1990, V ZR 200/88 Kernpunkt der Entscheidung: Erweiterung der Rechtsprechung auf Fälle, in denen Sicherungsgeber und Grundstückseigentümer personenidentisch sind. ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Dem K steht ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Freigabe des beim Amtsgericht hinterlegten Betrages gem. § 812 I 1 Alt. 2 BGB nicht zu. B hat entgegen der Auffassung des K nichts erlangt, was herauszuverlangen wäre, insbesondere keine aus dem landesrechtlichen HinterlegungsG herrührende Sperrposition. S konnte den Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld aufgrund des in der Grundschuldbestellungsurkunde enthaltenen Zustimmungsvorbehalts ohne Zustimmung der B nicht wirksam an den K abtreten. Dies ergibt sich aus § 399 Alt. 2 BGB. Die Klausel, wonach ein Zustimmungserfordernis für die Rückabtretung besteht, hält einer Inhaltskontrolle stand. Es gilt § 9 AGBG a. F., da die Grundschuldbestellung vor 2002 erfolgte. [9] Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Vereinbarung, wonach die Abtretung einer Forderung von der Zustimmung des Schuldners abhängig gemacht wird, grundsätzlich auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zulässig (vgl. (…)). Eine Abtretungsbeschränkung führt nicht notwendig zu einer unangemessenen Benachteiligung des Gläubigers, andererseits schützt sie die berechtigten Interessen des Schuldners an der Klarheit und Übersichtlichkeit der Vertragsabwicklung. Grundsätzlich darf der Schuldner deshalb mit einem Verbot oder zumindest einer Beschränkung der Abtretungsmöglichkeit die Vertragsabwicklung übersichtlicher gestalten und verhindern, dass ihm hierbei eine im Voraus nicht übersehbare Vielzahl von Gläubigern entgegentritt (vgl. BGH (…)). Wiederholt ist daher sogar ein Ausschluss der Abtretung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen anerkannt worden (vgl. BGH (…)). Erforderlich ist demnach stets ein schützenswertes Interesse des Verwenders, hier der B. Ein solches liegt im Fall auch vor. Dies wird in der Rechtsprechung zugunsten des Kreditgebers bereits dann anerkannt, wenn der Sicherungsnehmer nicht der Eigentümer des Grundstückes ist. Denn in diesem Fall hat der Sicherungsnehmer kein Interesse an dem Rückgewähranspruch. Jura Intensiv [12] (…) Denn ihm ist es, anders als dem Grundstückseigentümer, in der Regel nicht möglich, den Rückgewähranspruch als zusätzliche Sicherheit nachrangiger Grundpfandgläubiger zur Verstärkung der bestehenden Sicherheit oder zur Erhöhung des Sicherungsumfangs im Interesse der Ausweitung des von diesen eingeräumten Kreditrahmens zu nutzen (BGH (…)). Diese Rechtsprechung ist auf die Fälle zu erweitern, in denen Sicherungsgeber und Grundstückseigentümer personenidentisch sind. Die berechtigten Belange des Sicherungsgebers an der Abtretbarkeit des Rückgewähranspruchs überwiegen nicht den entgegenstehenden Interessen der Bank. [14] Der Zustimmungsvorbehalt schützt das Interesse der Bank, die Verwaltung der Sicherheiten zu vereinfachen und der bei freier Abtretbarkeit aus etwaigen Mehrfach- und Teilabtretungen folgenden Unübersichtlichkeit der Verhältnisse zu begegnen. Dieses Interesse an klarer und übersichtlicher Vertragsabwicklung hat der Bundesgerichtshof bislang bei Kaufhäusern als Verwendern anerkannt, die vielfältige Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG
RA 07/2022 Referendarteil: Zivilrecht 359 Geschäftsbeziehungen und zahlreiche Filialen unterhalten (vgl. BGH (…) sowie bei Werkunternehmern gegenüber ihren Nachunternehmern (BGH (…) und bei einer im Filialsystem organisierte Hypothekenbank mit Großgruppengeschäften und komplexen Kreditabwicklungen (BGH (…)). Insbesondere ein Kreditinstitut als Sicherungsnehmer hat ein legitimes Interesse daran, durch eine Beschränkung der Abtretungsmöglichkeit die Verwaltung der Grundpfandrechte übersichtlich zu halten und damit zu verhindern, dass ihm eine im Voraus nicht übersehbare Vielzahl von Gläubigern entgegentritt. Eine freie Abtretbarkeit des Rückgewähranspruchs birgt zudem die Gefahr einer mehrfachen Inanspruchnahme, wenn der Schutz der §§ 407, 408 BGB wegen interner Kenntniszurechnung nicht greift. Dem steht das Interesse des Sicherungsgebers an den Ansprüchen gegen den Sicherungsnehmer entgegen. Insbesondere der Eigentümer des Grundstücks hat ein Verwertungsinteresse an den Rückübertragungsansprüchen. Beispiel dafür ist – wie hier – die weitere Abtretung der Rückgewähransprüche an nachrangige Gläubiger zum Zwecke der Aufwertung der lediglich nachrangigen Sicherheiten. Im Ergebnis überwiegen diese Interessen aber nicht die des Sicherungsnehmers. [16] Das (…) berechtigte Interesse des mit dem Grundstückseigentümer personenidentischen Sicherungsgebers an einer uneingeschränkten Abtretbarkeit des Rückgewähranspruchs überwiegt das Interesse der Bank an einem Zustimmungsvorbehalt nicht. Angesichts der Werte, die Grundpfandrechte regelmäßig verkörpern, ist vor allem ihr Interesse, weitergehend als durch den Schuldnerschutz der §§ 406 bis 410 BGB vor mehrfacher Inanspruchnahme geschützt zu sein, von hohem Gewicht und rechtfertigt es, auch dem Sicherungsgeber, der Grundstückseigentümer ist, Beschränkungen bei der wirtschaftlichen Nutzung seines Rückgewähranspruchs aufzuerlegen. (…) Die rechtliche Einschränkung des Sicherungsgebers ist begrenzt. Jura Intensiv [16] (…) Dabei ist zu berücksichtigen, dass die aus dem Sicherungsvertrag zur Rücksichtnahme verpflichtete Bank ihre Zustimmung zur Abtretung des Rückgewähranspruchs nicht unbillig verweigern darf und dass der mit der Einholung der Zustimmung verbundene Aufwand gering ist. Unerheblich ist ferner, dass die B in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen einen Zustimmungsvorbehalt aufgenommen hat ohne – als Pendent – zu erklären, dass ein Anspruch seitens des Sicherungsgebers auf Zustimmung besteht. [19] (…). Der Sicherungsgeber ist dadurch hinreichend geschützt, dass die Bank ihre Zustimmung nicht unbillig verweigern darf; diese auf Treu und Glauben beruhende Einschränkung, die der Bundesgerichtshof für andere Geschäftsbereiche anerkannt hat (vgl. BGH (…)), gilt für einen auf Grundschuldrückgewähransprüche bezogenen Zustimmungsvorbehalt gleichermaßen (…). Daher hat der Sicherungsgeber jedenfalls dann einen Anspruch auf Zustimmung, wenn ein schützenswertes Interesse der Bank an der Verweigerung der Zustimmung nicht besteht oder seine berechtigten Belange an der Abtretbarkeit des Rückgewähranspruchs überwiegen. (…). BGH, Urteil vom 18.06.1980, VIII ZR 119/79 BGH, Urteil vom 25.11.1999, VII ZR 22/99 BGH, Urteil vom 09.02.1990, V ZR 200/88 Vergleichbare Interessenlage mit bereits entschiedenen Fällen. Gefahr der Verdoppelung des Anspruchs bei nachweisbarer Kenntnis des Schuldners von der Abtretung. Interessen des Sicherungsgebers Ergebnis und Rechtsansicht des BGH: Das Interesse des Sicherungsnehmers überwiegt. Maßgeblicher Grund ist die Gefahr der Mehrfachinanspruchnahme gem. §§ 406 ff. BGB. Weitere Gedanken: Fraglich ist, ob das Interesse der Bank schützenswert ist, denn eine Inanspruchnahme kommt grds. nur in Betracht, wenn sie Kenntnis von der Abtretung hat. Interne Organisationsfehler der Bank fallen nicht in den Risikobereich des Sicherungsgebers. Auf der anderen Seite ist die Einschränkung überschaubar. Besteht der Anspruch auf Rückgewähr, muss die Bank ihre Zustimmung erteilen. Vorletzter Prüfungspunkt: Auswirkungen, dass in den AGB kein Anspruch auf Zustimmung zu finden ist. BGH, Urteil vom 25.11.1999, VII ZR 22/99; Urteil vom 07.12.1994, VIII ZR 153/93. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis
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