376 Öffentliches Recht RA 07/2022 infolge der Billigung eingetretene tatsächliche Störung und wird bei einem Angriff auf den Wertekonsens der Rechtsgemeinschaft bejaht. Bei der Billigung eines Angriffskrieges in der hier vorliegenden Art und Weise ist dies ohne Weiteres anzunehmen. Auf die Anzahl der Teilnehmer der Versammlung, auf welche das Verwaltungsgericht abgestellt hat, kommt es hiernach nicht an.“ Demnach liegt eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit gem. § 13 I VersammlG LSA vor. 3. Verantwortlichkeit Als Veranstalter der Versammlung ist A richtiger Adressat der die Versammlungsfreiheit beschränkenden Anordnung. Verhältnismäßigkeit, Erforderlichkeit (+) insbesondere OVG Münster, Beschluss vom 06.05.2022, 15 B 584/22 4. Rechtsfolge Auf der Rechtsfolgenseite eröffnet § 13 I VersammlG LSA ein behördliches Ermessen. Diese muss fehlerfrei ausgeübt worden sein, insbesondere hat die Versammlungsbehörde den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu wahren. „Die streitgegenständlichen Auflagen erweisen sich […] auch als verhältnismäßig. Es ist weder vorgetragen noch sonst erkennbar, auf welche andere Weise als durch die Untersagung der Verwendung des „Z“-Symbols die drohende Gefahrenlage beseitigt werden könnte, die gerade aus der Symbolverwendung erwächst. In diesem Zusammenhang ist auch in Rechnung zu stellen, dass der Antragsteller auch ohne die Verwendung des Z-Symbols nicht daran gehindert ist, seine Kritik an der Einstufung der Verwendung des Buchstabens „Z“ durch die Strafverfolgungsbehörden als strafbar zu äußern. Dies ist auch ohne Weiteres über Wortbeiträge oder über die Benennung des Buchstabens „Z“ ohne Hervorhebung als Symbol möglich.“ Somit hat die Versammlungsbehörde ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt, sodass die Anordnung rechtmäßig ist. Jura Intensiv FAZIT Neben der grundsätzlichen rechtlichen Einordnung des „Z“-Symbols ist der Beschluss des OVG Magdeburg vor allem deshalb relevant, weil er zeigt, wie detailliert die Umstände des konkreten Sachverhalts zu würdigen sind. Gerade bei versammlungsrechtlichen Aufgabestellungen stellt das oftmals einen Prüfungsschwerpunkt dar, weil die Veranstalter behördlichen Verboten häufig dadurch entgehen möchten, dass sie den verwendeten Symbolen eine ganz andere Intention zuschreiben; so wurde beispielhaft versucht, die Abkürzung „ACAB“ nicht im Sinne von „all cops are bastards“, sondern „all cats are beautiful“ zu interpretieren. Wie einzelfallabhängig die rechtliche Einordnung von Kundgebungsmitteln ist zeigt im Übrigen exemplarisch ein jüngst ergangener Beschluss des OVG Münster, in dem das Tragen des sog. Sankt-Georg-Bandes nicht als Billigung des russischen Angriffskrieges qualifiziert wurde. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG
RA 07/2022 Referendarteil: Öffentliches Recht 377 Speziell für Referendare Problem: Sondernutzung des Gehwegs für Kfz-Ladekabel Einordnung: Straßenrecht VG Frankfurt a.M., Urteil vom 18.02.2022 12 K 540/21.F EINLEITUNG Das VG Frankfurt a.M. hatte zu klären, ob Klimaschutzgesichtspunkte dazu zwingen, eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis zu erteilen. [Anm.: Im 2. Examen sind die ÖR-Klausuren regelmäßig weitgehend identisch mit Originalentscheidungen. Daher werden die Entscheidungen in der RA möglichst umfassend abgedruckt, auch um auf typische Formulierungen in der Praxis hinzuweisen.] TATBESTAND „[…] Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks E-Straße im Stadtgebiet der Beklagten. Das Grundstück verfügt über keine Stellplätze. Das Wohnhaus ist zur E-Straße hin an die Grenze gebaut. Zwischen dem Haus und der Fahrbahn befindet sich ein ca. 0,80 m breiter Gehweg. Entlang des Gehweges ist das Parken gestattet. […] Zum Haushalt des Klägers gehören ein Plug-in Hybridfahrzeug und ein Fahrzeug mit Elektromotor. Hierbei handelt es sich um Fahrzeuge im Sinne des Elektromobilitätsgesetzes. Am 21.04.2020 stellte der Kläger einen Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis. Gegenstand des Antrages sind zwei von dem Kläger im Bereich seines Grundstücks geplante Kabelleitungen über dem Gehweg zum Fahrbahnrand zum Aufladen seiner Kraftfahrzeuge. […] Die beiden Elektrokabel sollen von der Hauswand sowie von der Freifläche des Grundstücks unter Verwendung zweier Kabelbrücken zu den geparkten PKW geführt werden. […] Die Kabelbrücken sollen dazu dienen, die Überquerung von am Boden liegenden Elektroleitungen gefahrlos zu ermöglichen. Die Höhe der Kabelbrücke soll am Rand 1 mm und in der Mitte 43 mm betragen. Zudem sollen sie mit gelb-schwarzen Warnmarkierungen versehen werden. Jura Intensiv Nach Anhörung des Klägers lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 11.09.2020 ab. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass die Entscheidung über die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis eine Ermessensentscheidung nach § 16 HStrG darstelle. Durch die geplante Nutzung komme es auf dem Gehweg zu Unebenheiten; es entstünden Stolperfallen. Diese stellten eine potentielle Gefährdung für Fußgänger – vor allem für Fußgänger mit Einschränkungen – dar. Unter Abwägung des beschriebenen Gefahrenpotenzials für jeden Verkehrsteilnehmer einerseits sowie dem privaten Interesse des Klägers, eine Aufladung seiner Fahrzeuge in unmittelbarer Nähe seines Wohnhauses vornehmen zu können, andererseits, sei der Anspruch von Verkehrsteilnehmern auf eine ungehinderte Nutzung des Gehweges höher zu bewerten. Gegen den Bescheid legte der Kläger am 27.09.2020 Widerspruch ein […].Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2021 zurück. […] LEITSATZ Es ist nicht ermessensfehlerhaft, wenn eine Straßenbaubehörde die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zur Verlegung eines Ladekabels für ein Elektrofahrzeug über den Bürgersteig unter Verweis auf die damit insbesondere für gehbehinderte Personen verbundenen Gefahren ablehnt. Ein Einleitungssatz ist in der Praxis zwar üblich, in einer Klausur aber nicht erforderlich, wenn im Rubrum unter „wegen“ eine Zusammenfassung des Streitgegenstandes erfolgt. Geschichtserzählung / Unstreitiges / feststehender Sachverhalt: Grds. Indikativ Imperfekt. Ausn.: Vorgänge / Zustände reichen bis in die Gegenwart (sog. IST- Zustände), dann Indikativ Präsens. Erlass des Ausgangsbescheids gehört zur Geschichtserzählung, also Indikativ Imperfekt. Begründung des Ausgangsbescheids: Konjunktiv Präsens Widerspruch und Widerspruchsbescheid gehören ebenfalls zur Geschichtserzählung, also Indikativ Imperfekt. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis
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