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RA Digital - 07/2022

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Die Ausbildungszeitschrift von Jura Intensiv.

Editorial

Editorial RA 07/2022 Fabrik, deren Herstellung teuer, deren Montage dafür etwas einfacher ist als in früheren Zeiten. Gerade bei gebrauchten Autos ist wegen der hohen Preise für Ersatzteile die Schwelle zum wirtschaftlichen Totalschaden schnell überschritten. In jedem Fall zu beachten ist das schadensrechtliche Bereicherungsverbot. In seinem Urteil auf Seite 350 erlaubt der VI. Zivilsenat des BGH weiterhin die „fiktive“ A brechnungsmethode u nd s tellt k lar, d ass e in s päterer Wechsel z ur k onkreten Abrechnungsmethode erlaubt ist, um sich zusätzlich zu den Reparaturkosten die angefallene Umsatzsteuer erstatten zu lassen. Eine Grenze ins rechtlich Unzulässige überschreitet aber, wer sich im Stile des „Rosinenpickens“ die Vorteile beider Methoden zu sichern sucht. Die Entscheidung ist auch für das Referendariat ein klarer Tipp. Es ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass Sie Verwandte oder Freunde haben, die im Gesundheitswesen beschäftigt sind. Vielleicht üben Sie ja auch ein Ehrenamt in einer Einrichtung des Gesundheitswesens aus, lesen Kindern Geschichten vor oder kümmern sich um ältere Damen. Mit Corona kam eine neue Generation der Impfstoffe und mit Ihnen eine neue Generation an Impfskeptikern. Lesen Sie, was das Bundesverfassungsgericht zur Verfassungsmäßigkeit der einrichtungsbezogenen Corona-Impfpflicht beschlossen hat, auf Seite 365. Rechtsanwalt Oliver Soltner Franchisenehmer von Jura Intensiv Frankfurt, Gießen, Heidelberg, Mainz, Mannheim und Marburg IMPRESSUM Herausgeberin: Chefredaktion: Redakteure: Bezugspreis: Werbung: Jura Intensiv Jura Intensiv Verlags UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG, Duisburger Straße 95, 46535 Dinslaken, Tel.: 02064/8275757 Internet: verlag.jura-intensiv.de - E-Mail: info@verlag.jura-intensiv.de Rechtsanwalt Oliver Soltner (V.i.S.d.P.) Rechtsanwalt Oliver Soltner & Rechtsanwalt Dr. Dominik Jan Sauer, LL.M. (Zivilrecht) Assessor Dr. Dirk Schweinberger (Nebengebiete) Rechtsanwalt Dr. Dirk Kues (Öffentliches Recht) Rechtsanwalt Uwe Schumacher (Strafrecht) Printausgabe: 6,50 Euro/Heft. 12 Hefte pro Jahr. Ermäßigungen für Abonnenten. Digitalausgabe: 5,99 Euro/Heft. Die RA steht externer Werbung offen. Mediadaten sind unter info@verlag.jura-intensiv.de erhältlich. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 07/2022 ZIVILRECHT Zivilrecht 337 Problem: Vorrang der „Gutscheinlösung“ vor § 313 BGB Einordnung: Schuldrecht, Mietrecht BGH, Urteil vom 04.05.2022 XII ZR 64/21 EINLEITUNG Millionen Menschen, die Fitnessstudioverträge abgeschlossen haben, waren vom coronabedingten Shutdown des Jahres 2020 betroffen. Diese richtungsweisende und sehr examensrelevante Entscheidung des BGH enthält wichtige Leitlinien für die Instanzgerichte zur Anwendung der Regeln der Unmöglichkeit, zur Bedeutung des Art. 240 § 5 EGBGB und zur Vertragsanpassung gem. § 313 BGB. SACHVERHALT B und K schlossen am 13.05.2019 einen Vertrag über die Mitgliedschaft im Fitnessstudio der B mit einer Laufzeit von 24 Monaten, beginnend ab dem 08.12.2019. Der monatliche Mitgliedsbeitrag betrug 29,90 € nebst einer halbjährlichen Servicepauschale. Im Gegenzug verpflichtete sich B in Ziffer 2.1. der AGB, ohne konkrete Angaben zu machen, den Kunden während der Öffnungszeiten die Nutzung des Fitnessstudios zu ermöglichen. Aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie musste B das Fitnessstudio in der Zeit vom 16.03.2020 bis 04.06.2020 schließen. Die Monatsbeiträge für diesen Zeitraum zog B weiterhin vom Konto des K ein. Eine vom K mit Schreiben vom 07.05.2020 erklärte Kündigung seiner Mitgliedschaft zum 08.12.2021 wurde von der Beklagten akzeptiert. Mit Schreiben vom 15.06.2020 verlangte K von B die Rückzahlung der per Lastschrift eingezogenen Mitgliedsbeiträge für den Zeitraum vom 16.03.2020 bis 04.06.2020 in Höhe von insgesamt 86,75 €. Nachdem eine Rückzahlung nicht erfolgte, forderte K die B vergeblich auf, ihm für den Schließungszeitraum einen Wertgutschein über den eingezogenen Betrag auszustellen. B bot ihm stattdessen eine „Gutschrift über Trainingszeit“ für den Zeitraum der Schließung an, die K nicht annahm. Zu Recht? Jura Intensiv A. Anspruch des K gegen B auf Rückzahlung der 86,75 € aus §§ 326 I 1, IV, 346 I BGB K könnte gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung der 86,75 € aus §§ 326 I 1, IV, 346 I BGB haben. Indem § 326 IV BGB auf die Rechtsfolge des § 346 I BGB verweist, ist anders als im Fall des § 326 V BGB eine Rücktrittserklärung nicht erforderlich. Erforderlich ist ein gegenseitiger Vertrag, das Freiwerden des Schuldners von seiner synallagmatischen Leistungspflicht gem. § 275 BGB, sowie das Fehlen von anspruchserhaltenden Ausnahmen. In diesem Fall entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung gem. § 326 I BGB. Hat der Gläubiger die Gegenleistung bereits erbracht, kann er sie gem. §§ 326 IV, 346 I BGB zurückfordern. I. Gegenseitiger Vertrag Der Fitnessstudiovertrag muss ein gegenseitiger Vertrag sein. Ein gegenseitiger Vertrag ist ein Vertrag, bei dem die Hauptleistungspflichten im Synallagma stehen. Hier erbrachte K die Zahlungen, um den Zutritt zum Trainingsbereich zu erhalten und dort das Maschinentraining auszuüben. B stellte den LEITSATZ 1. Während der Zeit der Schließung eines Fitnessstudios aufgrund der hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, war es dem Betreiber rechtlich unmöglich, dem Nutzungsberechtigten die Möglichkeit zur vertragsgemäßen Nutzung des Fitnessstudios zu gewähren und damit seine vertraglich geschuldete Hauptleistungspflicht zu erfüllen. Für den Zeitraum der Schließung hat der Nutzungsberechtigte einen Anspruch auf Rückzahlung der entrichteten Monatsbeiträge, sofern der Betreiber von der „Gutscheinlösung“ nach Art. 240 § 5 Abs. 2 EGBGB keinen Gebrauch gemacht hat. 2. Eine Anpassung vertraglicher Verpflichtungen an die tatsächlichen Umstände kommt grundsätzlich dann nicht in Betracht, wenn das Gesetz in den Vorschriften über die Unmöglichkeit der Leistung die Folge der Vertragsstörung bestimmt. Daher scheidet eine Anwendung des § 313 BGB aus, soweit der Tatbestand des § 275 Abs. 1 BGB erfüllt ist. 3. Bei Art. 240 § 5 EGBGB handelt es sich um eine spezialgesetzliche Regelung, die die gesetzlichen Rechtsfolgen der Unmöglichkeit modifiziert und in ihrem Geltungsbereich die Anwendung des § 313 BGB ausschließt. 4. Der Betreiber eines Fitnessstudios hat deshalb gegen seinen Vertragspartner keinen Anspruch auf eine Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage dahingehend, dass die vereinbarte Vertragslaufzeit um den Zeitraum einer pandemiebedingten Schließung des Fitnessstudios verlängert wird. Definition des gegenseitigen Vertrages © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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