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RA Digital - 08/2017

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414 Referendarteil:

414 Referendarteil: Zivilrecht RA 08/2017 Stellen Sie das Gesamtergebnis voran! Die Zulässigkeit einer Prozessstandschaft ist in der Zulässigkeit zu prüfen. Voraussetzungen einer zulässigen gewillkürten Prozessstandschaft, BGH, Urteil vom 05.07.1985, V ZR 56/84 und vom 07.12.2001, V ZR 65/01 Schutzwürdiges Interesse: Der Beklagte darf nicht unbillig benachteiligt werden, BGH, Urteil vom 02.10.1987, V ZR 182/86. Prozessstandschaft muss offengelegt werden, BGH, Urteil vom 21.03.1985, VII ZR 148/83 Schutzwürdiges Interesse ist dann zu bejahen, wenn sich die Entscheidung auf die eigene Rechtslage oder wirtschaftliche Lage auswirkt, BGH, Urteil vom 05.02.2009, III ZR 164/09 mwNw. und vom 24.08.2016, VIII ZR 182/15. Klage des Sicherungsgebers BGH, Urteil vom 30.10.1985, VIII ZR 251/84 Die Beklagten stehen sich durch die Klage des Sicherungsgebers nicht schlechter. ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE Die Klage ist zulässig und begründet. Die Klage ist zulässig, denn der Kläger ist zur Prozessführung befugt, weil er ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend machen darf. Der Kläger ist befugt, die Ansprüche der Sicherungseigentümerin in gewillkürter Prozessstandschaft geltend zu machen, denn die Voraussetzungen einer zulässigen gewillkürten Prozessstandschaft sind gegeben. Bei der Prozessführungsbefugnis handelt es sich um eine Prozessvoraussetzung, die in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen ist. Eine gewillkürte Prozessstandschaft ist zulässig, wenn im Falle eines übertragbaren Rechts der Prozessführende vom Rechtsinhaber zur Prozessführung im eigenen Namen ermächtigt worden ist und er ein eigenes schutzwürdiges Interesse an ihr hat. Schutzwürdig ist ein Interesse des Klägers nur, wenn der Beklagte durch die gewählte Art der Prozessführung nicht unbillig benachteiligt wird. Darüber hinaus muss sich der Prozessführende im Rechtsstreit grundsätzlich auf die ihm erteilte Ermächtigung berufen und zum Ausdruck bringen, wessen Recht er geltend macht. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. „II.1. a) Eine von der Sicherungseigentümerin erteilte Ermächtigung zur Prozessführung im eigenen Namen liegt in ihrer Erklärung vom 15.9.2014. Der Kläger hat sich durch den Klageantrag, die Darstellung des Sachverhalts und die Erklärung, Schadensersatzansprüche der Sicherungseigentümerin aus dem streitgegenständlichen Unfallgeschehen geltend zu machen, ausdrücklich auf diese Ermächtigung gestützt. II.1. b) Auch von einem schutzwürdigen Interesse des Klägers an der Prozessführung im eigenen Namen geht das Berufungsgericht zutreffend aus. Ein schutzwürdiges Interesse ist gegeben, wenn die Entscheidung Einfluss auf die eigene Rechtslage des Prozessführungsbefugten hat. Es kann auch durch ein wirtschaftliches Interesse begründet werden. Für die Klage des Sicherungsgebers wird ein solches in der Rechtsprechung bejaht. Jura Intensiv Es kann für die Prozessführungsbefugnis dahinstehen, ob dem in Prozessstandschaft klagenden Fahrzeughalter, wie von der Revision geltend gemacht, daneben eigene - etwa auf das Anwartschaftsrecht gestützte -, infolge der Zurechnung der Betriebsgefahr des sicherungsübereigneten Fahrzeugs geringere Ansprüche gegen die Beklagten zustehen. Dem Kläger steht es aufgrund der zivilprozessualen Dispositionsmaxime sowie der Parteiherrschaft über das Verfahren (§ 253 II Nr. 2, § 308 I 1 ZPO) frei, hinsichtlich des Fahrzeugschadens allein die Ansprüche der Sicherungseigentümerin einzuklagen. Durch das Einrücken des Fahrzeughalters in die Klägerposition entsteht den Beklagten kein Nachteil. Sie stehen wirtschaftlich und prozessual nicht schlechter. Denn machte die Sicherungseigentümerin ihre Ansprüche selbst geltend, könnten die Beklagten ihr in der Konstellation des Streitfalls die Betriebsgefahr ebenfalls nicht entgegenhalten (vgl. dazu die Ausführungen unter II 2).“ Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 08/2017 Referendarteil: Zivilrecht 415 Die Klage ist auch begründet. Der Kläger kann von den Beklagten vollen Ersatz der fahrzeugbezogenen Schäden verlangen. Den Ansprüchen der das Fahrzeug nicht haltenden Sicherungseigentümerin kann die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs nicht entgegengehalten werden. Eine Norm, aufgrund derer sich der nicht haltende Sicherungseigentümer die Betriebsgefahr des sicherungsübereigneten, vom Sicherungsgeber gehaltenen Fahrzeugs zurechnen lassen müsste, besteht nicht. „II.2. a) Eine Zurechnung der Betriebsgefahr nach § 17 StVG scheidet aus. Der erkennende Senat hat in seiner Entscheidung vom 10.7.2007 (VI ZR 199/06) seine Auffassung bekräftigt, dass § 17 StVG nur anzuwenden ist, wenn auch der Geschädigte nach den Bestimmungen des Straßenverkehrsgesetzes haftet. Eine Erstreckung des Normanwendungsbereichs auf den nicht haltenden Sicherungseigentümer ist abzulehnen, insbesondere nachdem der Gesetzgeber durch die Änderung des § 17 III 3 StVG mit dem 2. Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19.7.2002 (BGBl I, S. 2674) zum Ausdruck gebracht hat, dass er sich der Möglichkeit des Auseinanderfallens von Halter- und Eigentümerstellung bewusst war (BT-​ Drucks 14/8780, S. 22 f.), und eine über § 17 III 3 StVG hinausgehende Änderung nicht vorgenommen hat. Eine durchgehende Gleichstellung von Eigentümer und Halter im Rahmen des § 17 StVG ist vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt. Auch ist der Wortlaut der Vorschrift insoweit eindeutig. II.2. b) Als Zurechnungsnorm scheidet auch § 9 StVG in Verbindung mit § 254 BGB aus. Ohne festgestelltes Verschulden des Führers des klägerischen Fahrzeugs sind die Anwendungsvoraussetzungen des § 9 StVG nicht gegeben, denn § 9 StVG setzt ein Verschulden voraus. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Senats vom 7.12.2010 (VI ZR 288/09). Nur im Fall des - hier nicht festgestellten - (Mit-)Verschuldens des Führers des sicherungsübereigneten Fahrzeugs wäre die Betriebsgefahr im Rahmen der Haftungsabwägung gemäß § 9 StVG, § 254 BGB mit zu berücksichtigen. Ein nur vermutetes Verschulden genügt nicht.“ Jura Intensiv Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht, wenn man mit den Parteien von einem dinglichen Anwartschaftsrecht des Klägers, bezogen auf das Eigentum an dem unfallbeteiligten Kraftfahrzeug, ausgeht. Etwaige eigene Schadensersatzansprüche des Klägers wegen der Verletzung seines Anwartschaftsrechtes oder der Beschädigung des Sicherungsgutes stehen im Streitfall seiner Geltendmachung der Rechte der Sicherungseigentümerin nicht entgegen. Auf solche eigenen Rechte stützt der Kläger seine Klage nämlich nicht, sondern lediglich auf die der Sicherungseigentümerin. Besonderheit bei der Klage der Sicherungsnehmerin: Ihr kann die Betriebsgefahr des Fahrzeugs nicht entgegengehalten werden, da sie nicht Halterin ist! Denn es gibt keine Norm, die dies rechtfertigen würde. Nur wenn der Geschädigte auch nach dem StVG haftet, kommt eine Anrechnung der Betriebsgefahr nach § 17 StVG in Betracht, BGH, Urteil vom 30.03.1965, VI ZR 257/63. Weil der Gesetzgeber in Kenntnis dieser Tatsache bei der Reform keine dahingehende Regelung getroffen hat, liegt sog. „beredtes Schweigen des Gesetzgebers“ vor. Eine Zurechnung nach § 9 StVG i.V.m. § 254 I BGB scheidet mangels Verschulden des Führers des Fahrzeugs aus. Die Verursachung des Unfalls ließ sich ebensowenig klären wie das Verschulden der Kfz-Führer. Zur Anrechnung muss das Verschulden des Fahrzeugführers positiv festgestellt werden, ein bloß vermutetes Verschulden genügt nicht. Unerheblich ist, dass dem Kläger aufgrund eines Anwartschaftsrechts eventuell eigene Ansprüche zustehen könnten, denen die Betriebsgefahr entgegengehalten werden könnte, denn er klagt nicht aus eigenem Recht. Das Sicherungseigentum ist echtes Eigentum im Sinne von § 823 I BGB, also Volleigentum. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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